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Kolumne 24h Spa: Wie viel GT3-Rausch ist noch gesund?

Die 24 Stunden von Spa sind eine Droge für den ultimativen GT3-Rausch - Doch zu viel davon kann ein böses Aufwachen nach sich ziehen, warnt Heiko Stritzke

Liebe Freunde des GT3-Overkills,

vielleicht ist das das richtige Wort: "Overkill". Neudeutsch für: zu viel des Guten. Ja, das hat richtig Spaß gemacht. Was gibt es Schöneres als zuzusehen, wie zehn verschiedene Hersteller mit großem Aufwand und quasi gleich schnellen Autos sich dermaßen bekämpfen wie bei den 24 Stunden von Spa 2019?

Dieses Sportwagenfestival ist wie eine Droge: Der GT3-Exzess ist ein wahrer Motorsport-Rausch, und mit jedem Jahr wird der Kick größer. Ich habe schon 2016 gedacht, dass es doch nicht mehr krasser werden kann. Und jede Ausgabe danach war nochmal exzessiver. Jetzt bin ich wieder der Meinung, dass es nicht mehr heftiger geht. Mal schauen, ob mich 2020 wieder eines Besseren belehrt.

Trotzdem muss der Zeigefinger erhoben werden: Wenn man mit einer Droge nicht Maß hält, kommt irgendwann die ganz üble Bruchlandung. So viel Spaß das auch als Zuschauer macht: Hier drohen die 24 Stunden von Spa, an ihrem eigenen Erfolg kaputt zu gehen. 72 Fahrzeuge auf sieben Kilometern sind nicht gesund.

Und noch haben nicht alle Hersteller aus dem Vollen geschöpft. Bentley hat erst dieses Jahr verstanden, dass zwei Fahrzeuge einfach nicht genug sind. Gut, in diesem Jahr hat man mit vier noch weniger erreicht, aber dafür konnte man angesichts der BoP (die davon abgesehen ausgezeichnet war) nicht viel.

 

Was aber, wenn man bei Nissan und Honda zur Einsicht kommt, dass man mindestens vier Eisen im Feuer braucht? Okay, Honda hat es mit einem Fahrzeug diesmal auf Platz sechs geschafft, aber darauf kann man sich nicht verlassen. Ferrari verlor drei Autos durch Unfälle. Porsche hat seine Armada dieses Jahr schon auf sechs Autos hochgeschraubt und so den Sieg fast erzwungen. What's next?

Nur noch vier Pro-Autos pro Hersteller?

Die SRO wird ein Luxusproblem lösen müssen. Beneidenswert, aber halt ein Problem. Muss man die Anzahl der Pro-Entries pro Hersteller beschränken, etwa auf vier Fahrzeuge? Man sollte zumindest drüber nachdenken, denn auf Dauer ist der immer größere GT3-Rausch alles andere als gesund.

Bis auf Lexus, McLaren und ein paar US-amerikanische Exoten (Cadillac, Chevrolet) war jeder GT3-Hersteller mit mindestens einem werksunterstützen Fahrzeug vertreten. Das machte 25 bis 30 von der Papierform her siegfähige Fahrzeuge. Bringt jeder von denen irgendwann sechs Fahrzeuge ... Man will es sich nicht vorstellen.

Bei dieser Fahrzeugdichte ist ein schwerer Unfall nur eine Frage der Zeit. Und mittlerweile reagiert die FIA allergisch auf jeden davon. Man frage mal am Nürburgring nach, wo man dieses Jahr in einer Last-Minute-Aktion die Regeln geändert hat, weil Sophia Flörsch bei einem Formel-3-Rennen in Macau verunfallt war.

Das Wetter dürfte dieses Jahr in Spa sogar Schlimmeres verhindert haben. Bei Regen wird erfahrungsgemäß vorsichtiger gefahren. Dennoch hatten wir zahllose Gelbphasen, sodass wir irgendwann das Zählen aufgegeben haben. Bei Trockenheit wären es wohl noch mehr geworden (man erinnere sich an das Chaos von 2014).

72 Autos insgesamt waren einfach zu viel des Guten. Die Fahrer klagten im Qualifying nur noch über die Verkehrslotterie. Erst recht, wenn die Sitzung jeweils nur 15 Minuten lang ist und alle gleichzeitig raus müssen.

24h Spa, Feuerwerk

Feuerwerk und Konzert: Der Eventcharakter ist hervorragend

Foto: SRO

Ein paar weitere Dinge, die es zu verbessern gilt

- Der Technikstopp ist übles Roulette. Dieses Jahr hat ein Team gewonnen, das eine FCY richtig antizipiert hat und zehn Sekunden vorher an die Box geschlüpft ist. Bitte dringend Regeln aufstellen, wie man mit dem Technikstopp verfährt, wenn währenddessen eine FCY ausgerufen wird. Vorschläge: Entsprechende Verlängerung der Standzeit je nachdem, nach wie viel Sekunden nach Boxeneinfahrt die FCY begonnen hat. Oder festlegen, dass der Technikstopp zwei Runden dauern muss, egal, welches Tempo gefahren wird.

- Die Preisgestaltung an den Fressbuden ist ungeheuerlich. Dass man mit Wertmarken bezahlen muss, ist ein System von vorgestern. Zudem wird man gezwungen, zwei Wertmarken zu kaufen, aber eine Portion Pommes kostet nur 1,5 Marken. Mit einer halben Wertmarke lässt sich aber nichts mehr anfangen. Faktisch zahlt man so 6,50 Euro für eine Portion Pommes. Abzocke.

- Die Medienfreundlichkeit des Events ist dürftig: 30 Euro im Medienzentrum für WLAN sind ein Treppenwitz. Demnächst werden wir wohl noch die Luft im Medienzentrum bezahlen müssen. Ich habe fluchende Fotografen gesehen, die sich für den Shuttleservice genau eintragen mussten. Und TV-Kollegen, die über die Preisgestaltung vor Ort völlig genervt waren. Die Stimmung war generell gereizt. Hier sollte sich Spa mal ein Beispiel an den 24 Stunden von Le Mans nehmen. Das geht besser.

Wenn es sonst nichts zu meckern gibt ...

Ansonsten kann man nur sagen: Weitermachen! Wir erleben ein goldenes Zeitalter im GT-Sport, von dem wir unseren Nachfahren erzählen werden. Das sollte man bei alledem nie vergessen.

Nissan GT-R Nismo GT3

Verkehr wie in der Rush Hour: Vor allem im Qualifying ein Problem

Foto: SRO

Dass die Hersteller so viel Wert darauf legen, ihr Produkt bei diesem Rennen mit Werksfahrern zu bewerben, zeigt auch, wie sehr die GT3-Klasse nach wie vor prosperiert. Prognosen des Untergangs der Kategorie, weil viel zu teuer und zu viel neues Gerät auf den Markt geworfen wird, das niemand kaufen kann, hört man seit fast zehn Jahren. Auch von renommierten Kollegen. Alle lagen falsch.

Das Gegenteil ist der Fall: Porsche wird alleine in diesem Jahr 71 Fahrzeuge an Kunden ausliefern - das stellt so manches Kleinserienauto in den Schatten! Die GT3-Kategorie floriert wie eh und je. Stephane Ratel hat sich mit dieser Klasse ein Denkmal gesetzt.

Schon jetzt funktioniert sie länger als fast jedes andere international so erfolgreiche Reglement. Mir fällt persönlich nur noch die Gruppe N ein, die ähnlich lang gelebt hat. Und ich wage zu behaupten: Die GT3-Formel wird noch weit in die 2020er-Jahre die GT-Szene dominieren. Sollte irgendetwas diese Kategorie eines Tages zu Fall bringen, dann eher aus externen statt internen Gründen (etwa das Thema Klimaschutz).

Wenn der Journalist ein Rennen vor seinem eigenen Erfolg warnen muss, dann läuft es nicht allzu schlecht. Insofern: Auf in den nächsten GT3-Rausch 2020!

Euer

Heiko Stritzke

Mit Bildmaterial von SRO.

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