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Interview

Rene Rast schreibt DTM-Geschichte: "Ich fahre nicht, um Rekorde zu brechen"

Rene Rast war nach verpasster DTM-Titelverteidigung und sechs Siegen in Folge im Wechselbad der Gefühle: "Wusste nicht, ob ich mich freuen oder weinen soll"

Podium: Race winner René Rast, Audi Sport Team Rosberg

Alexander Trienitz

Wer hätte zu Saisonbeginn oder nach seinem spektakulären Crash am Lausitzring gedacht, dass Rene Rast mit einer in der DTM noch nie da gewesenen Erfolgsserie in die Geschichtsbücher eingehen wird? Nach einem schwachen Saisonstart von Audi fuhr der DTM-Champion von 2017 die Konkurrenz im letzten Drittel der Saison 2018 in Grund und Boden.

Sechs Siege in sechs Rennen - das hat vor ihm noch kein DTM-Fahrer geschafft! Mit dem ersten Saisonsieg der Ingolstädter sorgte der 32-Jährige für einen Befreiungsschlag und begann seine unglaubliche Aufholjagd. Rasts Erfolgsserie begann am Nürburgring: Pole-Position und Sieg am Samstag, Pole-Position und Sieg am Sonntag, 56 von 56 Punkten. Das hat es in der DTM vorher noch nicht gegeben.

Doch das war noch nicht alles, denn der Audi-Pilot stellte einen Rekord nach dem anderen auf. Vier Siege in Folge in Spielberg, und beim Saisonfinale in Hockenheim folgten Nummer fünf und sechs. Rast holte mehr als 100 Punkte Rückstand in der Fahrerwertung auf und war beim Showdown im Meisterschaftskampf schon mit einer Hand am Meisterpokal. Am Ende fehlten ihm nur vier Punkte auf DTM-Champion Gary Paffett.

Für seinen beeindruckenden Lauf erntete Rast viel Lob, Respekt und Anerkennung - auch von seinen Fahrerkollegen. Im Interview mit 'Motorsport.com' verrät der Deutsche, wie sehr ihn die verpasste Titelverteidigung wurmt, wie stolz er trotz alledem auf seinen Erfolg ist und warum er sich in Spielberg nicht als Sieger gefühlt hat.

Frage: "Der Crash am Lausitzring war Ihr Tiefpunkt der Saison, die letzten drei Rennwochenenden ein Höhepunkt nach dem anderen mit sechs Siegen in Folge - ein unglaublicher Lauf. Haben Sie mittlerweile realisiert, was Ihnen da gelungen ist - etwas, das vor Ihnen noch kein anderer Fahrer in der DTM erreicht hat?"

Rene Rast: ​"Es fühlt sich ähnlich an, wie im vergangenen Jahr, als ich die Meisterschaft gewonnen habe. Es war etwas ganz Tolles, etwas ganz Großes. Aber ich warte bis heute auf diesen Moment, in dem ich sage: 'Boah, was hast du da erreicht!?' Das ist bisher noch nicht gekommen. Vielleicht weil man es anders sieht, wenn man selbst Rennen fährt und selbst im Auto sitzt. Da will man einfach nur die bestmögliche Leistung bringen, man will die Rennen gewinnen. Alles andere ist fast sekundär. Ich fahre nicht Rennen, um Geschichte zu schreiben oder um Rekorde zu brechen, sondern um Rennen zu gewinnen."

​"Die Erinnerung an einzelne Rennen sind größer als an das, was wir geschafft haben. Ich sitze nicht hier und sage: 'Wir haben sechs Rennen in Folge gewonnen. Wie toll war das denn?' Ich erinnere mich eher an Rennen wie Zandvoort, als wir das erste Mal in diesem Jahr gewonnen haben. Oder an den Nürburgring, als wir Doppelsieg und Doppel-Pole holten und die Emotionen dabei. Es sind die Einzelergebnisse und die Emotionen, die mich vorantreiben."

Frage: ​"Haben Sie schon verdaut, dass Ihnen am Ende nur vier Punkte zur Titelverteidigung gefehlt haben? Wie sehr nagt es an Ihnen, so knapp vorbeigeschrammt zu sein? Am Saisonbeginn hat kaum jemand zu träumen gewagt, dass der Titelkampf am Ende noch so spannend wird und sie dabei mitmischen werden."

Rast: ​"Das war so ein bisschen das Problem. Nach der Saison wusste ich nicht, ob ich mich freuen sollte oder ob ich weinen sollte. Es hat mich lange beschäftigt und war mindestens zwei Wochen in meinem Kopf - jeden Tag, jeden Abend, als ich im Bett lag. Ich habe darüber nachgedacht: 'Was hätte ich anders machen können? Wo hätten wir noch vier Punkte holen können?' Es hätte ja schon gereicht, wenn ich am Samstag in Hockenheim auf die Pole gefahren wäre."

 

​"Es sind die Kleinigkeiten, über die man nachdenkt, was man hätte anders machen können. Wir haben zu jedem Zeitpunkt alles gegeben. Klar hätte man sagen können, bei dem und dem Rennen hätte ich anders reagieren können oder was auch immer. Aber es zählt im Endeffekt nichts. Wir können nur happy sein, dass wir so weit gekommen sind. Mitte des Jahres sind wir aus der Meisterschaft schon abgeschrieben worden und wir haben uns auch selbst abgeschrieben."

Meisterschaft nicht verloren, sondern knapp verfehlt

​"Deshalb haben wir meiner Meinung nach die Meisterschaft nicht verloren, sondern sie um vier Punkte verfehlt. Damit hätte niemand mehr rechnen können und dass man so einen Lauf hat am Ende des Jahres ist sehr unwahrscheinlich, gerade in der DTM. Vor allem, weil wir auch einen Rückstand von über 100 Punkten hatten teilweise. Deshalb können wir uns alle auf die Schulter klopfen, dass wir noch so einen tollen Endspurt hingelegt haben."

Frage: ​"Wenn man nur die Rennen am Sonntag betrachtet und die Punkte, die Sie da eingefahren haben, wären Sie der DTM-Champion. Das ist eine beeindruckende Statistik, wenn man bedenkt, dass Sie an einem Sonntagsrennen gar nicht teilnehmen konnten nach Ihrem Unfall am Lausitzring. Sind Sie stolz auf diese Leistung?"

Rast: ​"Man kann es drehen und wenden wie man will. Man könnte sagen, wenn es keine Punkte für das Qualifying gegeben hätte, dann wären wir auch Meister geworden. Im vergangenen Jahr wären wir ohne Qualifying-Punkte nicht Meister geworden. Man kann es drehen, wie man möchte. Aber ich sehe das nicht so. Man muss ganz klar sagen, dass Mercedes in diesem Jahr einen grandiosen Job gemacht hat mit Gary (Paffett). Sie waren super schnell und konstant. Gary hat keinen Fehler gemacht, war ein ganz toller fairer Fahrer. Deshalb ist es auch verdient."

Frage: ​"Wenn man Ihnen am Saisonbeginn gesagt hätte, dass Sie die letzten sechs Rennen alle gewinnen, was hätten Sie darauf geantwortet?"

Rast: ​"Was hätte ich darauf geantwortet? 'Hoffentlich' hätte ich darauf geantwortet. Weil es ein Traum ist für jeden Rennfahrer, so viele Rennen zu gewinnen, und dann auch noch hintereinander zu gewinnen. Im vergangenen Jahr hatte ich drei Siege, damit war ich schon sehr happy. Die DTM ist so stark besetzt und da gehört immer etwas Glück dazu. Vor allem muss man im Qualifying immer Leistung bringen und dann muss alles passen."

​"Strategie, Boxenstopp, da gehört so viel dazu, ein Rennen in der DTM zu gewinnen. Nur ein Rennen zu gewinnen schon ist ein ganz großes Ziel. Es ist schon ein großer Erfolg, wenn man ein Rennen in der DTM gewinnt. Sechs in Folge zu gewinnen war sehr unwahrscheinlich vor diesem Jahr. Ich hätte wahrscheinlich auch gesagt, dass es unwahrscheinlich ist."

 

Frage: ​"Woran lag es, dass Sie ab Zandvoort so gut unterwegs waren? Was hat Audi oder Ihr Team gefunden oder geändert, dass es besser lief?"

Rast: ​"Wir haben uns sukzessive verbessert. Wir haben gesehen, dass wir am Anfang des Jahres etwas Pace vermissen und haben dann angefangen, zu schauen, woran es liegt. Wir haben Set-up-Anpassungen vorgenommen. Das Problem in dem Fall ist, dass man während der Saison nicht testen darf. Deshalb bleiben nur die Rennwochenenden, wo du ein bisschen etwas am Fahrzeug probieren kannst."

Meisterschaft schon abgeschrieben, aber dann ...

​"Wir haben uns langsam voran bewegt und haben jedes Rennwochenende probiert, einen Schritt nach vorne zu machen mit dem Set-up. Und das hat in Zandvoort zum ersten Mal so wirklich geklappt, dass wir gesagt haben, wir sind auf einem Level, wo wir aus eigener Kraft auf das Podium fahren können. Vorher in Budapest waren wir auch schon hin und wieder in der Lage mitzufahren."

​"Aber Zandvoort war der Schlüsselmoment. Wir haben das Auto haltbar gemacht auch über die Distanz. Ab dem Zeitpunkt haben wir am Set-up noch Feintuning betrieben, aber die grobe Philosophie haben wir ab Zandvoort gelassen und dann ging es auch bergauf."

Frage: ​"Haben Sie Ihre Audi-Kollegen, speziell Ihr Teamkollege Jamie Green, gefragt, was Sie anders machen als sie? Wollten sie Ihr Set-up kopieren?"

Rast: ​"Die Daten liegen jedem Team, jedem Fahrer offen. Das heißt, sie können immer ganz genau nachschauen, was ich anders mache, was das Auto anders macht. Sie haben dann auch versucht, etwas in die Richtung zu gehen wie wir das Fahrzeug abgestimmt haben. Aber es ist so individuell. Jeder Fahrer braucht sein eigenes Set-up, mit dem er gut klar kommt. Das haben die anderen teilweise gefunden, aber teilweise auch nicht. Das war sehr spezifisch und mit dem Set-up, das ich gefahren bin, kam nicht jeder klar."

Durch Teamwork an die Spitze

​"Gerade bei Jamie, der ein schwieriges Jahr hatte. Sie haben viel probiert, aber leider hat es nicht immer funktioniert. Wobei er nicht immer der Glücklichste war in manchen Rennsituationen. Er war oft in Zwischenfälle verwickelt, deshalb ist bei ihm das Bild auch etwas verfälscht. Aber in der Regel probieren die Fahrer ihr eigenes Süppchen zu kochen. Es kommt keiner zu mir und sagt: 'Ich will dein Set-up fahren. Sag mir doch, was die Tricks und Kniffe sind.'"

Frage: ​"Spielberg war das zweite Wochenende, wo Sie zwei ​"Doppelsiege​" eingefahren haben - allerdings vor dem Hintergrund ​"Teamwork​". Wie war das für Sie, als Sie gemerkt haben, dass Mike Rockenfeller und Nico Müller vorhatten, Sie vorbeizulassen und Ihnen den Sieg zu schenken? Was haben Sie dabei gedacht und was waren Ihre Gefühle im Cockpit?"

Rast: ​"Das wurde erst in der letzten oder vorletzten Kurve klar. Nico hat mich in der vorletzten Kurve vorbeigelassen und Mike in der letzten. Bis dahin habe ich mich auf dem vierten Platz gesehen. Es wurde vorher nichts besprochen. In dem Sinne kann man es gar nicht vorher in einem Meeting besprechen. Die Situation, die eingetreten ist, war so was von unwahrscheinlich, dass wir in der letzten Runde hintereinanderfahren."

 

​"Wenn man dann vorbeigelassen wird, dann denkt man schon: 'Oh, okay. Jetzt haben sie mich vorbeigelassen …' Das ist mir vorher noch nie passiert. Es ist natürlich ein Sieg, den man nicht unbedingt will … Ich war ja eigentlich kein Sieger, ich war ja eigentlich Zweiter, weil Juncadella noch vor mir ins Ziel gefahren ist. Er wurde dann noch bestraft. Aber wenn man oben auf dem Podium als Sieger steht, dann fühlt man sich nicht als Sieger. Da denkt man: 'Wäre ich vielleicht nur Dritter geworden ...' Aber wenn man zurückschaut, dann waren das zehn Punkte, die ich dadurch gewonnen habe."

​"Stell dir mal vor, wir hätten die Meisterschaft mit fünf Punkten verloren und sie hätten mich nicht vorbeigelassen. Dann hätten wir sagen können: 'Hätten sie mich vorbeigelassen, dann wären wir Meister geworden.' Die Jungs haben im Sinne des Teams gehandelt und haben mich vorbeigelassen, weil sie ganz genau wussten, am Ende des Jahres kommt es auf jeden Punkt an. Und das waren zehn Punkte, die mich dichter ans Ziel gebracht haben. Es sind keine tollen Gefühle an das Rennen, aber natürlich bin ich sehr dankbar, dass die Jungs das aus ihrer eigenen Kraft und ihrem eigenen Antrieb getan haben."

Frage: ​"Nach dem Rennen haben Sie Mike Rockenfeller Ihren Siegerpokal angeboten. Der hat aber dankend ausgeschlagen. Haben Sie ihm ersatzweise ein Bierchen spendiert als kleines Dankeschön?"

Rast: ​"Ich habe später nochmal versucht, ihm den Siegerpokal unterzuschieben, aber das hat nicht funktioniert. Ich habe mich bei den Jungs bedankt und ihnen gesagt: 'Wenn es mal andersrum kommen sollte, dann könnt ihr euch auf mich verlassen!' Es ist ein Geben und Nehmen in der DTM, gerade unter Teamkollegen. Man hilft sich gegenseitig und ich glaube, die Jungs wissen, wenn es mal andersrum ist, dass ich dann auch parat stehe und ihnen helfe. Das ist ganz selbstverständlich."

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