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Historie

1991: Als Zanardi gleich bei zwei Teams Ersatz für Michael Schumacher war

Vor dem Italien-Grand-Prix 1991 kämpften Jordan und Benetton erbittert um die Dienste von Michael Schumacher - Zwischen ihnen: Ein Neuling namens Zanardi

Stellen Sie sich vor, sie sind ein junger, aufstrebender Rennfahrer, der den Sprung in die Formel 1 schaffen kann. Und von heute auf morgen kämpfen plötzlich zwei Teams um Ihre Dienste - und Sie stehen wie beim Tauziehen zwischen den Fronten. Und eine falsche Entscheidung könnte bedeuten, dass beide Seiten plötzlich loslassen und Sie mit nichts dastehen. So liest sich die Geschichte um das Debüt von Alessandro Zanardi.

Derzeit kämpft der Italiener nach einem schweren Unfall mit seinem Handbike (erneut) um sein Leben. Kurz zuvor hat er seine interessante Geschichte aber noch im Podcast 'Beyond The Grid' weitergegeben. Diese führt zurück in die Saison 1991, in der Zanardi äußerst erfolgreich in der Formel 3000 fährt.

Und alles beginnt, als Michael Schumacher sein Formel-1-Debüt für Jordan gibt. Der Deutsche sorgte damals in Spa-Francorchamps für Aufsehen und brachte Flavio Briatore auf den Plan, der Schumacher unbedingt zu Benetton holen wollte. Doch Eddie Jordan hatte etwas dagegen und ein großer Streit um "Schumi" entbrannte. Und da kommt Zanardi ins Spiel.

Benetton-Teammanager Joan Villadelprat rief den damals 24-Jährigen vor dem Großen Preis von Monza an und erklärte ihm, dass sein Team mit ein paar rechtlichen Problemen bezüglich Schumacher zu kämpfen hatte und es eine kleine Chance geben würde, dass man den Deutschen nicht würde einsetzen können.

Alessandro Zanardi

Der junge Italiener machte mit guten Leistungen auf sich aufmerksam

Foto: Motorsport Images

Der bisherige Benetton-Pilot Roberto Moreno war für den Rennstall keine Option mehr, sodass man Zanardi fragte, ob er in dem Fall Interesse hätte. Und der war angesichts des bevorstehenden Heimspiels in Italien natürlich begeistert. "Sie haben mich dann gebeten, am Mittwoch vor dem Rennen nach Monza zu kommen und - heimlich - eine Sitzanpassung zu machen. Niemand durfte etwas wissen", erinnert sich Zanardi.

Seltsame Glückwünsche

Für den Youngster war das damals eine unglaubliche Erfahrung. "Ein kleines Kind wie ich, das im Vorjahr praktisch keinen Job hatte und pleite war. Und dann bekommt man in letzter Sekunde die Chance in der Formel 3000 zu fahren und ist plötzlich auf dem Radar von einem großen Team wie Benetton. Ich war wirklich im Himmel", schwärmt Zanardi.

Nach der erfolgreichen Sitzanpassung wurde er wieder zurück ins Hotel geschickt, wo er auf einen Anruf warten sollte. Denn noch am Abend würde Benetton wissen, ob man mit Schumacher fahren könnte oder nicht.

Doch noch auf dem Rückweg stieß er im Paddock auf einige Leute, die ihn beglückwünschten. "Ich fragte: 'Zu was denn?' - 'Du fährst an diesem Wochenende für Jordan.'" Zanardi wusste nicht, was er antworten sollte, denn dass er für Benetton fahren könnte, durfte er nicht verraten.

Michael Schumacher, Flavio Briatore

Flavio Briatore kämpfte mit harten Bandagen um Schumacher

Foto: Motorsport Images

Als nächstes traf der Italiener auf den späteren Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene, der damals noch Manager bei Zigarettenhersteller Marlboro war und die Marke in der Formel 1 repräsentierte. Auch dieser beglückwünschte ihm zu seinem Platz bei Jordan, und weil Zanardi und Arrivabene befreundet waren, fragte er seinen Landsmann, woher er das habe.

Seine Antwort: "Ich habe es von Jordan gehört. Sie wollen dich nehmen, weil sie nicht mit Schumacher fahren können." Doch Zanardi erklärte ihm, dass er davon nichts wisse, und machte sich auf den Weg, um mit Teamchef Eddie Jordan zu sprechen.

"Er war immer noch sauer und wollte daher keine Zeit mit einer anderen Option verschwenden, weil er in seinem Kopf immer noch fest davon überzeugt war, Michael zurückzuholen", erinnert sich Zanardi. "Er hat mir zwei Minuten seiner Zeit gegeben und gesagt: 'Okay, Alex. Wir wollen Michael haben, aber wenn wir Michael nicht bekommen, setzen wir dich morgen ins Auto.'"

Warten auf zwei Anrufe

Auch Jordan sagte Zanardi, dass er zurück ins Hotel gehen und auf einen Anruf warten soll. "Und jetzt musste ich zurück ins Hotel, um auf einen Anruf zu warten - entweder von Briatore oder von Jordan. Was ist das? Ein Traum?", erzählt Zanardi. Und weil Handys damals noch nicht zum Alltag gehörten, musste er wirklich neben dem Telefon im Hotelzimmer warten. "Aber es kam kein Anruf."

Die Zeit verstrich: 21 Uhr, 22 Uhr, 23 Uhr. Und dann klingelte es. Am anderen Ende der Leitung war sein Formel-3000-Teamchef Giuseppe Cipriani, ein guter Freund von Briatore. Er gab den Hörer an den Benetton-Teamchef weiter, der Zanardi etwas zu sagen hatte.

Eddie Jordan, Michael Schumacher

Auch Eddie Jordan wollte Schumacher um jeden Preis haben

Foto: Motorsport Images

Der Italiener erinnert sich an die Worte von Briatore: "Okay, hör zu. Eine Erklärung wird zu lang, aber die Sache ist so: Ich werde morgen für dich einen langfristigen Vertrag mit Benetton machen, weil du ein guter Fahrer bist. Wir haben ein großes Projekt für dich. Und dies und das ..."

"Er hat mir gesagt, was ich für ein toller Fahrer wäre und wie wichtig es für Benetton wäre, mich in Zukunft unter Vertrag zu haben", erzählt Zanardi weiter. Das Grundlegende war jedoch, dass er am nächsten Tag nicht im Auto sitzen würde, weil man die Lage mit Schumacher geklärt habe. "Aber wir wollen dich in unserer Zukunft", habe Briatore noch einmal betont.

Und dann kam der Haken: "Ganz wichtig ist: Geh nicht ran, wenn Eddie Jordan anruft!"

Schimpftirade von Briatore

Das konnte ihm Zanardi aber nicht versprechen. Er bedankte sich bei Briatore für das Angebot, bat ihn aber, es aus seiner Sicht zu sehen. Er würde Benetton gerne Priorität einräumen, weil er für das Team nach Monza gereist war, doch sollte Jordan ihm ein Cockpit geben, sieht er keinen Grund für eine Absage, wenn Benetton ihn eh nicht braucht. "Und danach können wir über alles reden", sagte er Briatore.

Dessen Antwort fiel aber eindeutig aus: "'Nein! Nein! Hör zu! Im Leben sollte man wissen, wann man eine Entscheidung treffen muss. Und jetzt musst du es. Mach was du willst', sagte er und legte auf", erinnert sich Zanardi.

Wenig später erfolgte ein zweiter Anruf - und wieder war Briatore am Apparat. Er schien laut Zanardi nervöser zu sein, entschuldigte sich, erneuerte aber seine Aussagen. Inklusive der Bitte, nicht mit Eddie Jordan zu sprechen. Doch Zanardi erklärte ihm, dass er bereits zugesagt habe und auch Arrivabene eingeweiht sei. Und Briatore legte erneut auf.

"Fünf Minuten später hat er noch einmal angerufen - und diesmal war er echt sauer. Er hat mich beschimpft und mir im Grunde gesagt, was ich zu tun habe." Er habe ihm gesagt, der er alles tun könne, was er will. "Wenn ich will, könnte ich morgen auch den fucking Nelson Piquet in den Arsch treten, um Platz für dich zu machen", erinnert sich Zanardi an Briatores Worte.

Dass er plötzlich solche Worte hört, dass ein Topteam einen dreimaligen Weltmeister für ihn rauswerfen würde, das kam Zanardi wie ein Traum vor. Gleichzeitig ermahnte er Briatore aber auch, nicht in diesem Ton mit ihm zu reden. Und er sagte dem Teamboss: "Es sind nur verdammte Worte. Wenn du Fakten für mich hast, dann höre ich zu. Ansonsten: Gute Nacht!" Der Rest der Nacht war ruhig.

Kein Heimspiel für Zanardi

Die Benetton-Seite griff jedoch zum letzten Mittel und fuhr zu Eddie Jordan ins Hotel, wo man ihn aus dem Bett holte und mit rechtlichen Schritten drohte, sollte er einen Vertrag mit Zanardi eingehen. Man erzählte ihm, dass Cipriani einen langfristigen Vertrag mit Zanardi habe und seine Verträge regeln würde. "Und weil er mein Teamchef in der Formel 3000 war, war das sehr glaubhaft", so der Italiener.

Der Hintergrund: Der von Benetton gefeuerte Roberto Moreno zog in Italien vor ein Arbeitsgericht, was Benetton zwang, einen Job für ihn zu finden. Und da kam das Cockpit bei Jordan ins Spiel - was aber eben nur frei war, wenn Zanardi nicht fahren würde. "Wenn sie mich loswerden, dann würde alles passen", erzählt er.

Im Nachhinein versteht Zanardi, warum alle Parteien so gehandelt haben, wie sie gehandelt haben. Damals habe ihm nur niemand erklärt, was vor sich geht. "Ich musste das alleine herausfinden", so Zanardi.

Alessandro Zanardi

Zanardi fuhr drei Rennen für Jordan, aber nie für Benetton

Foto: Motorsport Images

Anrufe kamen keine mehr, erst am nächsten Tag stieß Zanardi im Fahrerlager auf Jordan. "Der war ziemlich sauer und beschimpfte mich so stark, dass ich gar nichts sagen konnte", erinnert er sich. Denn Jordan dachte immer noch, dass Cipriani die Deals für Zanardi machen würde. "Aber das stimmte nicht. Ich war auf mich allein gestellt und hätte unterschreiben können."

Zanardi erklärte Arrivabene die Situation, der Jordan anschließend aufsuchte. "Aber er wollte nicht hören und wollte nicht reden - nicht einmal mit Arrivabene. Aber er musste, weil ihn Maurizio am Shirt gepackt hat." Dieser erklärte ihm dann die Situation und Jordan räumte ein: "'Ich bin ein Idiot.' Das war das einzige, was er gesagt hat, weil er gemerkt hat, dass er betrogen wurde."

Aber es war zu spät: Moreno hatte bereits das Training für Jordan absolviert. Zanardi sollte jedoch noch seine Chance bekommen. Zwei Rennen später in Spanien gab Zanardi sein Formel-1-Debüt mit Jordan und fuhr auch die restlichen Rennen in Japan und Australien für das Team. Eine Zukunft mit Benetton, die gab es nie.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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