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Kommentar

Analyse: Wann geht die Komplexität im Motorsport zu weit?

Stellt die verwirrende technische Komplexität des modernen Motorsports eine Gefahr für die Qualität der Rennen dar? Charles Bradley geht der Frage auf den Grund...

Lenkrad von Nico Rosberg

Lenkrad von Nico Rosberg

Giorgio Piola

Wenn professionelle Rennfahrer Aussagen tätigen wie, "Es gibt einfach zu viele Knöpfe auf dem Lenkrad, von denen wir gar nicht wissen, was sie eigentlich bewirken" oder auch "Manchmal wollen wir einfach nur Fahren", dann muss man sich wundern. Hat die technische Komplexität im Motorsport mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem es zu viel des Guten ist?

Wenn ein Fahrer vom Schlage eines Anthony Davidson, seines Zeichens WEC-Champion 2014 und ehemaliger Formel-1-Pilot, die Komplexität eigener Aussage zufolge "verflucht", dann muss man sich schon fragen, ob der Motorsport den richtigen Weg eingeschlagen hat.

Red Bull using the F-Duct system
Der F-Schacht von Red Bull

XPB Images

Das letzte Mal, dass ich ein derart schlechtes Gefühl bezüglich einer Entwicklung im Motorsport hatte, war zu Zeiten des F-Schachts in der Formel 1. Sie erinnern sich daran, wie die Fahrer auf den Geraden mittels Ellbogen oder Knie einen Luftkanal blockierten und damit den Abtrieb am Heckflügel "abwürgten"?

Es war einfach furchteinflößend zu sehen, wie die Fahrer mit nur einer Hand am Lenkrad durch Eau Rouge jagten. So sehr ich technische Innovationen – und dazu gehörte zweifelsfrei auch der F-Schacht – liebe, so froh war ich in diesem Fall doch, als die Regelhüter dieser Innovation einen Riegel vorschoben.

Der F-Schacht war einfach etwas, an das die Fahrer in der Hitze des Gefechts zusätzlich denken mussten. Dabei wollen wir es doch sehen, wie sich unsere "Gladiatoren" der Rennstrecke voll und ganz auf das Fahrern des Autos und auf die Zweikämpfe konzentrieren, anstatt sich mit irgendwelchen Knöpfen im Cockpit beschäftigen zu müssen. Inzwischen entsteht der Eindruck, dass die Fahrer von der Komplexität ihrer Lenkräder abgelenkt werden...

Im Detail erklärt: Das Lenkrad im Mercedes F1 W07 von Nico Rosberg

"Sie sind kompliziert", bestätigt Davidson im Gespräch mit Motorsport.com bezüglich der modernen Lenkräder und holt aus: "Diese Tatsache verflucht man schon manchmal, denn man will eigentlich nur Fahren. Stattdessen wird man gebeten, die richtige Position auf einem Drehschalter zu finden und dann auf Plus oder Minus zu drücken, um die richtige Option einzustellen. Der Drehschalter hat 15 Positionen und für diese gibt es jeweils 15 Optionen...."

"Das Ganze soll man dann zwei- oder dreimal pro Runde machen", schüttelt Davidson den Kopf und vergleicht: "In der WEC sind die Rennen grundsätzlich ganz gut unter Kontrolle. Wenn aber die Bedingungen schwierig sind oder irgendetwas Außergewöhnliches passiert, dann muss man im Auto schon mal reagieren."

Ist es das wirklich wert?

Juan Pablo Montoya, Porsche Team Porsche 919 Hybrid
Juan Pablo Montoya, Porsche Team, Porsche 919 Hybrid

Porsche AG

Ich erinnere mich noch, wie ich Juan Pablo Montoya Ende des vergangenen Jahres nach seinem Test im LMP1-Porsche in Bahrain gefragt habe, wie sein erster Eindruck sei. Montoyas Antwort: "Ich war schockiert! Sie gaben mir ein 30-seitiges Handbuch darüber, wie ich das Auto zu fahren habe."

"Selbst bei McLaren hatten wir nur eine Reihe von Knöpfen auf dem Lenkrad, die alle mit Buchstaben versehen waren. Als Fahrer musstest du dich daran erinnern, wofür welcher Buchstabe steht", so Montoya, der von Anfang 2005 bis Mitte 2006 für McLaren in der Formel 1 fuhr.

Porsche 919 Hybrid steering wheel
Lenkrad des Porsche 919 Hybrid

Giovanni Pagani

Verglichen mit Montoyas Formel-1-Tagen hat die Hybrid-Technologie in Verbindung mit weiteren Sensoren und Einstellungen augenscheinlich dazu geführt, dass das Leben der Fahrer hinter dem Lenkrad noch komplizierter geworden ist.

"Als Toyota im Jahr 2012 das LMP1-Programm vorstellte, nahmen sie als Lenkrad die Basis des Lenkrads aus dem letzten Formel-1-Auto von Toyota", erinnert sich Davidson und kommt zum Schluss: "Das zeigt, wie vergleichbar die Technologie ist. Wir fahren die gleiche Software von MES (McLaren Electronic Systems; Anm. d. Red.), wie sie in der Formel 1 gefahren wird. Wir haben also das gleiche Display und können die gleichen Dinge tun."

"Es ist wie eine gemeinsame Sprache zwischen Formel 1 und WEC. All die Standard-Einstellungen, die es in der Formel 1 gibt, stehen auch uns zur Verfügung", bemerkt Davidson und spricht von "endlosen Modi, an die man sich unmöglich alle erinnern kann, denn es gibt 15 Standardeinstellungen mit jeweils 15 Untereinstellungen".

Der Toyota-Pilot gibt konkrete Beispiele, um abermals den Kopf zu schütteln: "Wir können die Kameras der WEC ausschalten. Wir können die Pieptöne im Funkverkehr ein- oder ausschalten. Wir können jede Menge tun. Warum zum Geier muss ein Fahrer diese Dinge tun können? Und dann gibt es ja noch Einstellungen, von denen wir Fahrer gar nicht wissen, was sie bewirken."

Schlussfolgerung

Nico Rosberg, Mercedes AMG F1 W07 Hybrid leads team mate Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W07 Hybrid at the start of the race
Nico Rosberg und Lewis Hamilton kurz vor ihrer Kollision beim Grand Prix von Spanien 2016

Mercedes AMG

So stellt sich die Frage, warum all die Komplexität überhaupt eingeführt wurde. Mein alter Kumpel Ian Harrison, der früher für das Williams-Team tätig war, würde die gegenwärtige Entwicklung mit den Worten "ingenieurtechnische Masturbation" umschreiben.

Oder wie es Stefan Johansson kürzlich formulierte: "Ich sage es ja schon seit geraumer Zeit. Die Formel 1 ist aktuell nur ein Technik-Porno. Nichts weiter. Die Fahrer verstehen davon nur die Hälfte, wie also soll das Publikum etwas davon verstehen?"

Wenn wir auf die bisherigen Rennen der Formel-1-Saison 2016 zurückblicken, dann ist die Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton der Moment, der heraussticht. Und was der Auslöser? Rosberg war mit der falschen Motoreinstellung unterwegs. Aus diesem Grund wurde sein Mercedes im Vergleich zu dem von Hamilton plötzlich deutlich langsamer.

Da muss man sich doch die Frage stellen, worum es hier überhaupt geht: Um eine Weltmeisterschaft der besten Fahrer oder um eine der versiertesten Knöpfedrücker?

Das Gespräch mit Anthony Davidson führte Jamie Klein

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