Sign up for free

  • Get quick access to your favorite articles

  • Manage alerts on breaking news and favorite drivers

  • Make your voice heard with article commenting.

Motorsport prime

Discover premium content
Anmelden

Edition

Switzerland
Analyse

Deutschland: Hockenheim wünscht sich neues Geschäftsmodell

Die Hintergründe zum Grand Prix Deutschland: Hockenheim-Chef Georg Seiler will die Formel 1 nicht verlieren, kann aber das finanzielle Risiko nicht mehr tragen

Startaufstellung

Startaufstellung

Daimler AG

Der Grand Prix von Deutschland in Hockenheim steht nach Ablauf des aktuellen Zehnjahresvertrags vor dem Aus. Ring-Geschäftsführer Georg Seiler und Marketingdirektor Jorn Teske sind nach Barcelona gereist, um am Rande des Grand Prix von Spanien zu versuchen, das Formel-1-Rennen voranzutreiben. Doch konkrete Ergebnisse gibt es bisher nicht.

"Unter den gegenwärtigen Bedingungen können wir nicht weitermachen. Wir wünschen uns einen Vertrag, der das finanzielle Risiko von uns nimmt. Das ist der wichtigste Punkt", erklärt Teske. "So wie jetzt können wir nicht weitermachen. Da geht es gar nicht ums Wollen. Wir können nicht mehr."

Angeblich muss die Hockenheim-Ring GmbH pro Grand Prix geschätzte 20 Millionen Euro an die Formel 1 überweisen. Dafür bleiben dann die Einnahmen aus dem Ticketverkauf in Hockenheim; nicht aber der Ertrag etwa aus Bandenwerbung oder anderen Sponsorings, die die Formel 1 in die eigene Tasche steckt.

"Wir finden, das Businessmodel sollte umstrukturiert werden", sagt Teske und schlägt vor, die Strecke zum Beispiel ohne Einnahmenbeteiligung zu einem Preis X an die Formel 1 zu vermieten: "Das wäre das Einfachste. Oder man teilt sich Ticketeinnahmen und Kosten auf. Es gibt viele Modelle ohne Risiko, die funktionieren könnten."

Als der Hockenheimring den nun auslaufenden Zehnjahresvertrag abgeschlossen hat, waren die mit Bernie Ecclestone ausgehandelten Konditionen durchaus attraktiv. Die ersten Jahre wurden schwarze Zahlen geschrieben. Sebastian Vettel kämpfte um den WM-Titel, Michael Schumacher feierte bei Mercedes sein Comeback. Aber seither hat das Interesse an der Formel nachgelassen. Und die Gebühren wurden immer teurer.

Hinzu kommen andere Faktoren: "Wir hängen nicht nur von Nebenkosten ab, sondern auch von der wirtschaftlichen Entwicklung", spricht Geschäftsführer Seiler zum Beispiel den schwankenden Dollarkurs an. Der Businessplan wurde ausgehend von einem Euro-Dollar-Kurs von 1:1,30 erstellt. Aktuell ist ein Euro nur noch 1,19 Dollar wert.

Ein gangbares Szenario der Risikominimierung wäre weiterhin ein alternierender Zweijahresrhythmus mit dem Nürburgring. Doch dort wird schon seit 2013 nicht mehr gefahren - ebenfalls aus finanziellen Gründen. Am Nürburgring denke man "genau wie wir", glaubt Seiler und betont: "Am besten wäre die Alternierung. Wir lassen uns nicht gegenseitig ausschließen."

 

 

Teske ergänzt: "Wir können uns auch vorstellen, jedes Jahr in Hockenheim zu sein. Aber dann muss die Risikofrage geklärt werden." Entsprechende Vorschläge liegen "seit einigen Wochen" auf dem Tisch von Rechteinhaber Liberty Media: "Wir haben unsere Zahlen präsentiert. Jetzt müssen sie darüber nachdenken."

Was Liberty davon hätte, Hockenheim aus dem Risiko zu nehmen, bleibt freilich offen. Neue Austragungsorte wie Baku (seit 2016) bezahlen noch viel mehr Geld für den Grand Prix. Andererseits soll Miami (geplant ab 2019) wesentlich günstiger davonkommen. Seiler seufzt: "In Miami steht der Bürgermeister dahinter. Da machen 50 Millionen nichts aus."

Tatsache ist aber auch, dass Hockenheim nicht mehr zur langfristigen Strategie von Liberty passt. Die Richtung geht hin zu den großen Metropolen; Marketingdirektor Sean Bratches hat kürzlich Berlin erwähnt, als denkbare "Destination-Citys", von denen die Formel 1 träumt, aufgezählt wurden. Neben absoluten Klassikern wie Monza und Spa-Francorchamps sollen Locations wie Miami, London und Paris erschlossen werden. Da bleibt Hockenheim auf der Strecke.

Teske bedauert das und kritisiert: "Es kann doch nicht im Sinne des Rechteinhabers sein, dass nur noch vor leeren Rängen auf teuersten Rennstrecken weltweit gefahren wird, wo man keinen einzigen Fan mehr sieht. Da ist natürlich die Hoffnung da, dass man das erkennt und entsprechend reagiert. Ohne das wird's nicht gehen." Und: "Wenn man mit Weitblick handelt, würde das für uns sprechen."

Gerade ein Rennen in Berlin ergibt aus Hockenheim-Sicht wenig Sinn: "Ich frage mich, ob das finanziert werden kann. Wer soll denn bereit sein, Millionen und Abermillionen für eine Infrastruktur zu bezahlen, die bei uns schon vorhanden ist?", fragt Teske. "Ich weiß nicht, ob Berlin der richtige Ort ist. Sie haben nicht die gleiche Rennsport-Tradition wie wir. Außerdem liegen wir in Deutschland ziemlich zentral."

Und aus dem Hockenheim-Grand-Prix ein Mega-Event mit internationalen Pop- und Rockstars zu machen, ist ebenfalls kein Thema. Solche Konzerte müssen erstmal vorfinanziert werden - und ob dann tatsächlich mehr Fans kommen, um neben Lewis Hamilton auch Shakira oder Lady Gaga zu sehen, sei dahingestellt. Das passt nicht zur Hockenheim-Strategie der Risikominimierung.

 

 

"Es hängt auch davon ab, ob sich in Deutschland jemand findet, der sich dafür verantwortlich fühlt, für die Formel 1 zu bezahlen", sagt Seiler. "Wie schwierig das in der heutigen politischen Lage in Deutschland ist, darüber braucht man gar nicht nachzudenken."

Hilfe zum Beispiel seitens der großen Hersteller "sehe ich im Moment nicht. Ich schätze, es werden erst alle aufwachen, wenn es heißt, dass die Formel 1 nicht mehr in Deutschland fährt."

"Wir könnten auch ohne Formel 1 überleben. Aber wir wollen es nicht", unterstreicht er. "Wir stellen die Spielwiese, aber andere verdienen das Geld. Wir tun unser Bestes. Aber letztendlich ist Geld der ausschlaggebende Faktor."

Liberty habe sich dazu bekannt, "dass sie Deutschland brauchen. Und sie kennen unsere Vorstellungen. Jetzt ist es nicht einfach, diese beiden Komponenten in einen Topf zu bringen."

Sollte ein Grand Prix von Deutschland schon 2019 in Hockenheim stattfinden, beginnt zudem die Zeit zu drängen. "Dann müssen die Fakten bis zum Beginn unseres Grand Prix klar sein", fordert Seiler. Das wäre am 22. Juli 2018. Nachtrag: "Wenn wir aus dem Risiko genommen werden, würde auch November reichen."

Der Hintergrund ist einfach: Wenn Hockenheim für eine schwarze Null einen positiven Vorverkauf benötigt, muss dieser frühzeitig angeschoben werden. Wenn andere das Risiko tragen, falls weniger Zuschauer kommen sollten, könnte man sich unter Umständen auch einen späteren Start in die Planung für 2019 erlauben.

Stand heute sieht es nicht rosig aus für die Zukunft des Grand Prix von Deutschland. Umso wichtiger, dass im Juli möglichst viele Fans nach Hockenheim kommen! Wer noch keine Karten hat, kann diese jetzt im Ticketshop auf Motorsport-Total.com erwerben.

Be part of Motorsport community

Join the conversation
Vorheriger Artikel Asphalt, Wind, "Wackelpudding"-Reifen: So schwierig ist Barcelona 2018
Nächster Artikel Sauber-Teamchef: Trennung von Zander nicht wegen Ergebnissen

Top Comments

Es sind noch keine Kommentare vorhanden. Warum schreiben Sie nicht einen?

Sign up for free

  • Get quick access to your favorite articles

  • Manage alerts on breaking news and favorite drivers

  • Make your voice heard with article commenting.

Motorsport prime

Discover premium content
Anmelden

Edition

Switzerland