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Evolution der Formel-1-Technik: Die 1970er- und 1980er-Jahre

In Teil 1 unseres dreiteiligen Features über die technische Entwicklung der Formel-1-Boliden beleuchten Giorgio Piola und Matt Somerfield die Ground-Effect-Ära und die 1. Turbo-Ära.

Mario Andretti, Lotus 78 Ford

Mario Andretti, Lotus 78 Ford

LAT Images

Für die Saison 2017 wurden die Regeln erstmals in der Formel-1-Geschichte dahingehend geändert, die Autos schneller zu machen anstatt sie einzubremsen. Diese einschneidende Veränderung nehmen Giorgio Piola und Matt Somerfield zum Anlass, auf einige der technischen Innovationen der vergangenen Formel-1-Jahrzehnte zurückzublicken. Die beiden Technikexperten beleuchten dabei, wie Regeländerungen die Dominanz gewisser Teams enden ließen und andere Teams an die Spitze brachten.

Das Thema Aerodynamik lässt sich in der Formel 1 bis zu den Autos der 1. Generation zurückverfolgen. Damals ging es allerdings vielmehr um den Aspekt der Stromlinienform als darum, Abtrieb zu generieren. Riskante Versuche mit tragflächenähnlichen Anbauten wurden durch das Reglement verboten, noch bevor die 1970er-Jahre anbrachen.

Heute wird die Ära des Ground-Effect als diejenige angesehen, die dem Sport, in dem es sowohl auf fahrerisches Können als auch auf technische Innovation ankommt, die entscheidende Richtung vorgab.

Die Ära des Ground-Effect

Chaparral 2J

Chaparral 2J

Foto: Mike Stucker

Der Gedanke, Schürzen einzusetzen, um die Seiten eines Rennwagens gegen den Luftstrom "abzudichten", war nicht neu. Schon der Chaparral 2J aus dem Jahr 1970 folgte diesem Prinzip. Dieses Auto vertraute damals 2 großen Ventilatoren am Heck. Im Gegensatz dazu war das Kernelement des später von Lotus perfektionierten Ground-Effect die Venturi-Tunnel an der Unterseite der Seitenkästen.

Lotus 78 1977 detailed overview
Lotus 78 mit seitlichen Schürzen

Illustration: Giorgio Piola

Der Lotus 78 war das 1. Formel-1-Auto, das mit Venturi-Tunnel und seitlichen Schürzen ins Rennen ging. Zwar hatten die beiden Lotus-Ingenieure Tony Rudd und Peter Wright das Prinzip schon ins Design eines vorherigen Boliden von BRM integrieren wollen. Finanzielle Probleme vereitelten aber den Renneinsatz.

Von Lotus-Boss Colin Chapman hingegen gab es im Jahr 1976 grünes Licht für das Ground-Effect-Projekt, nachdem ihn Rudd und Wright von den Vorteilen und dem daraus resultierenden Vorsprung auf die Konkurrenz überzeugt hatten.

Der Lotus 78 fuhr in der Saison 1977 zu 5 Siegen und in der Saison 1978 zu 2 weiteren. Beim Grand Prix von Belgien 1978 gab der Lotus 79 sein Debüt. Dieses Auto holte 6 weitere Siege – 5 davon mit Mario Andretti und einen mit Ronnie Peterson am Steuer.

Lotus 79 ground effect tunnels
Lotus 79 mit Venturi-Tunnel

Illustration: Giorgio Piola

Die Lotus-Dominanz war in der Anfangszeit der Ground-Effect-Ära derart gewaltig, dass den anderen Teams gar nichts anderes übrig blieb, als ihre eigenen Versionen zu entwickeln. Und schon bald wurde deutlich, dass Lotus durchaus schlagbar war, denn der 79 war vom Gesamtpaket her längst nicht so gut wie diverse andere Autos im Feld.

Schwache Bremsen und Torsionssteifigkeit machten den Lotus-Boliden schwer fahrbar. Dies galt insbesondere vor dem Hintergrund der stetig steigenden Kurvengeschwindigkeiten. So konnte der von den Schürzen generierte Abtrieb gar nicht in vollem Umfang genutzt werden.

Auch das Setup der frühen Ground-Effect-Autos war eine diffizile Angelegenheit. Denn um den gewaltigen Abtrieb in Haftung umzuwandeln, mussten stetig härtere Abstimmungen für die Radaufhängungen her. Das Resultat war, dass sich die Fahrer regelrecht plagten und der Abtrieb aufgrund sich verändernder Bodenfreiheit auf unebenen Strecken nicht in konstantem Maß anlag.

1978: Der "Staubsauger-Brabham"

Brabham BT46B 1978 fan car detail view
Brabham BT46B mit Ventilator am Heck

Illustration: Giorgio Piola

An dieser Stelle der Formel-1-Geschichte spielten wir mit dem Gedanken, den Brabham BT46B zu überspringen. Doch dieses Auto – besser bekannt unter dem Spitznamen "Staubsauger-Brabham" – stellt einen wichtigen Eckpfeiler dar. Nur ein einziges Mal im Renneinsatz, errang der BT46B in den Händen von Niki Lauda beim Grand Prix von Schweden 1978 in Anderstorp einen kontroversen Sieg mit mehr als 30 Sekunden Vorsprung.

Der Brabham BT46B war nichts anderes als das Ergebnis einer cleveren Interpretation des Reglements. Schließlich waren Ventilator zur damaligen Zeit im Sinne der Kühlung erlaubt. Der Ventilator befand sich beim BT46B tatsächlich in der Nähe der Kühler. Das Team argumentierte, dass alles andere als Kühlung lediglich Nebenwirkungen des Ventilators wären.

De facto war nichts weiter von der Wahrheit entfernt als eben diese Argumentation. Denn der Ventilator am Heck des Brabham BT46B folgte demselben Prinzip, wie es beim Chaparral 2J der Fall gewesen war. Er saugte die unter dem Auto durchströmende Luft noch wirkungsvoller ab als es für die Schürzen am Lotus galt. Die seitlichen Schürzen gab es am BT46B freilich auch.

Lotus 80 1979
Lotus 80

Illustration: Giorgio Piola

Beim Übergang der 1970er- auf die 1980er-Jahre war es das Williams-Team, das in puncto Ground-Effect die Spitzenposition übernahm. Mit dem FW07 gelang es dem Team, das Prinzip der seitlichen Schürzen in ein einfacheres, zuverlässigeres, aber trotzdem elegantes Auto, zu integrieren. Der FW07 und seine Nachfolger FW07B und FW07C holten in den Jahren 1979, 1980 und 1981 einen Vizetitel und 2 Titel in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft.

Colin Chapman und Lotus wurden durch die Williams-Erfolge nur angespornt. Schließlich wollten sie ihre Pläne für die maximale Auslotung des Ground-Effect-Prinzips nicht so einfach zu den Akten legen. Der Lotus 80, der in der Saison 1979 hätte fahren sollen, war jedoch ein Desaster. Aufgrund des furchteinflößenden Handlings blieb dem Team nichts anderes übrig, als weiter auf das Vorgängermodell 79 zu setzen.

Was folgte, war der deutlich weniger komplexe Lotus 81. Dieser wurde in der Saison 1980 als Lückenfüller bis zum Debüt des grundlegend neuen Lotus 88 mit Doppelchassis eingesetzt. Politische Querelen hatten allerdings zur Folge, dass das revolutionäre Design des 88 verboten wurde, noch bevor es im Rennen gesehen ward. So musste Lotus die Saison 1981 und den Saisonauftakt 1982 in Südafrika mit dem Lotus 87 bestreiten.

Lotus 88 1981 twin chassis exploded view
Lotus 88 mit Doppel-Chassis

Illustration: Giorgio Piola

Obwohl der Lotus 88 nie ein Rennen bestritten hat, muss auch er als einer der Eckpfeiler der Formel-1-Geschichte gelten. Zum einen, weil dieses Auto den Ground-Effect derart ausreizte, dass dieses Prinzip schließlich verboten wurde. Zum anderen setzte der Lotus 88 in puncto Chassis-Design Maßstäbe, die noch heute gelten.

Einer der größten Schwachstellen der frühen Ground-Effect-Autos von Lotus war wie bereits erwähnt die geringe Torsionssteifigkeit. Das heißt, das Chassis "ermüdete" unter Belastung und somit blieb ein Großteil des eigentlich generierten Abtriebs ungenutzt. Um dieses Problem zu beheben, kam der Lotus 88 mit einem Monocoque aus Kohlefaserverbundwerkstoff daher. Befürchtungen, wonach sich das Material in eine Staubwolke verwandeln könnte, waren natürlich unbegründet. Dennoch entschied sich Lotus, das eigens gefertigte Monocoque zusätzlich mit Kevlar zu verstärken.

Die Lorbeeren in Sachen Kohlefaser-Chassis heimste jedoch McLaren ein, als der MP4/1 beim Grand Prix von Großbritannien 1982 in Silverstone von John Watson zum Sieg gefahren wurde. Damit wurde der Beweis für das Konzept angetreten und es kam, wie es kommen musste: Alle anderen Teams schlugen in den folgenden Jahren den gleichen Weg ein und fertigten ihre Chassis fortan aus Kohlefaser anstatt aus Aluminium.

Lotus blieb immerhin die Erkenntnis, an der Salonfähigkeit der Kohlefaser-Chassis beteiligt gewesen zu sein, wenngleich das beim bloßen Blick auf die Statistiken nicht deutlich wird, weil der Lotus 88 nie im Rennbetrieb eingesetzt werden durfte.

Während alle Teams gezwungen waren, sich dem Thema Ground-Effect zu widmen, hatte die stufenweise Einführung dieses Prinzips in den Jahren 1977 bis 1982 zur Folge, dass es in puncto Entwicklung große Unterschiede gab. Die Folge dessen wiederum waren große Performance-Unterschiede im Starterfeld. In diesem Zusammenhang sei allerdings erwähnt, dass die (Un)zuverlässigkeit zur damaligen Zeit eine ebenso große Rolle spielte wie die reine Performance, wenn es darum ging, die vorderen Plätze im Rennen zu belegen.

Aus politischer Sicht lag in der Formel 1 der frühen 1980er-Jahre einiges im Argen. Ferrari, Renault und Alfa Romeo hatten den Vorstoß gewagt, ihre eigenen Motoren zu entwickeln, wodurch diese Teams bei der Entwicklung des Ground-Effect hinterherhinkten. Also übten diese Teams Druck auf die FIA aus, um einzuschreiten.

1981 schritt der Weltverband diesbezüglich erstmals ein, als die seitlichen Schürzen verboten wurden und eine Bodenfreiheit von mindestens 60 Millimetern vorgeschrieben wurde. Damit verloren die Ground-Effect-Autos einen Großteil ihrer Vorteile. Die Teams, die sich diesem Prinzip verstärkt widmeten, hatten eines allerdings längst erkannt. Nämlich, dass ein verstärkter Fokus auf das Thema Handling einige der Instabilitäten, die durch das Ground-Effect-Prinzip entstanden, ausgleichen konnte. Es war die Geburtsstunde der hydropneumatischen Radaufhängungen – Vorläufer der aktiven Radaufhängungen.

Flacher Unterboden und Aufstieg der Turbos

Ground Effect (top) vs Flat Bottom (bottom)
Vergleich: Ground-Effect (oberes Bild) vs. flacher Unterboden (unteres Bild)

Illustration: Giorgio Piola

Das Verbot der Schürzen war für Ferrari und Co. nicht genug und so schritt die FIA kurz darauf erneut ein. Für die Saison 1983 wurde ein komplett flacher Unterboden vorgeschrieben. Damit war die Ära des Ground-Effect endgültig besiegelt.

Um Abtrieb zu generieren, hatten die Ingenieure aber schon ein neue Methode erdacht. Sie machten sich die Auspuffgase zu Nutze, indem diese auf den Diffusor geleitet wurden und damit den Effekt des Diffusors vergrößerten. Dieses Prinzip funktionierte in der Turbo-Ära besonders gut, weil zu dieser Zeit reichlich Abgase nach außen traten.

Renault RE40 blown diffuser
Renault RE40: Angeblasener Diffusor

Foto: Giorgio Piola

Abseits der Strecke standen die 1980er-Jahre im Zeichen politischer Querelen. Es war die Zeit, als die Formel 1 vom Sport zum Business wurde, was nicht zuletzt an Bernie Ecclestone lag. Der Brite war vom Teambesitzer zum Inhaber der kommerziellen Rechte aufgestiegen und hatte es sich auf die Fahnen geschrieben, die Formel 1 weltweit großspurig zu vermarkten.

Während die Rennstrecken stetig sicherer wurden – sowohl für die Rennfahrer als auch für die Zuschauer – stellten die Turbomotoren eine zunehmende Gefahr für die Sicherheit dar. Im Laufe der Entwicklung wurden 1.000 PS und mehr aus den Aggregaten herausgekitzelt. Einmal mehr schritt die FIA ein und schrieb für die Saison 1988 strikte Begrenzungen für die Tankgröße (150 Liter) und für den Ladedruck (2,5 bar) vor.

1988: Der McLaren MP4/4

So wurde die Saison 1988 von vielen Teams von vornherein als Übergangsjahr angesehen. Einige Teams vollzogen den Wechsel zurück auf die Saugmotoren, die ab 1989 vorgeschrieben waren, bereits ein Jahr im Voraus. Ganz anders McLaren: Mit dem MP4/4 dominierte das britische Team die Saison 1988 nach Belieben und gewann im letzten Jahr der 1. Turbo-Ära der Formel 1 sage und schreibe 15 von 16 Rennen.

McLaren MP4/4 von Ayrton Senna
McLaren-Honda MP4/4 von Ayrton Senna

Illustraion: Camille De Bastiani - CdeB DESIGN

Der McLaren MP4/4 war vom Konzept her an den Brabham BT55 angelehnt. Kein Zufall, schließlich wurden beide Autos von Gordon Murray gezeichnet. Der BT55 allerdings hatte sich auf der Strecke schwergetan. Grund dafür waren Probleme mit der Integration des Reihenvierzylinders von BMW. Im Gegensatz dazu fügte sich der V6 von Honda perfekt in das niedrige Chassis des McLaren MP4/4 ein. Der Motor war jedoch nur ein Teil im Puzzle, das von Murray und Steve Nichols perfekt zusammengefügt wurde.

Als Teil der Erbschaft des MP4/1 verfügte auch der McLaren MP4/4 über ein Kohlefaser-Monocoque, in dem der Fahrer (genau wie im Brabham BT55) weniger aufrecht, sondern mehr liegend Platz nahm. Zwar ging man in diesem Bereich damals noch nicht so weit wie heute, aber es war die Zeit, als der Weg für die heute als absolut normal geltende Sitzposition beschritten wurde.

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