Sign up for free

  • Get quick access to your favorite articles

  • Manage alerts on breaking news and favorite drivers

  • Make your voice heard with article commenting.

Motorsport prime

Discover premium content
Anmelden

Edition

Switzerland
Kommentar

Der Fall Vettel: Muss die F1 ihr Regelsystem revolutionieren?

Ist das System der Rennkommissare in der Formel 1 überholt und muss daher revolutioniert werden? Dieser Frage geht Charles Bradley nach.

Sebastian Vettel, Ferrari SF70H

Foto: : Sutton Images

Ob Sebastian Vettel ein Radrennsportfan ist oder nicht: Er wird glücklich sein, dass die Kommissare der Tour de France nicht in Baku oder im Ausschuss des Automobil-Weltverbands (FIA) die Entscheidungsgewalt inne hatten.

Radrennsport-Star Peter Sagan schlug im Zieleinlauf seinen Kontrahenten Mark Cavendish mit dem Ellenbogen. Ob die Situation mit der in Baku vergleichbar ist, ist nicht relevant. Die Vorfälle zeigen aber, wie 2 verschiedene Sportler unterschiedlich bestraft wurden und wie sie 2 völlig unterschiedliche Präzedenzfälle geschaffen haben.

Falls Sie die Situation nicht vor Augen haben: Sagan hat im berühmtesten Radrennen der Welt einen Massencrash verursacht, durch den sich sein Kontrahent einen Schulterbruch zugezogen hat. Dafür wurde Sagan von dem Rennen ausgeschlossen.

Der Grund, warum Sagan für das komplette Event disqualifiziert wurde sei, dass er "viele Fahrer in Gefahr gebracht hat". Daher war es eine recht harte Entscheidung, die aufgrund der Konsequenzen der Aktion getroffen wurde.

Die Auswirkungen im Fall Vettel gegen Lewis Hamilton waren hingegen sehr gering. Beide Piloten konnten das Rennen ohne Probleme fortsetzen. Zudem war in ihre Kollision kein anderer Fahrer involviert.

Vettels 10-Sekunden-Strafe, die er noch im Rennen erhalten hatte, begründete die Entscheidung der FIA, keine weiteren Maßnahmen vorzunehmen. Andererseits hat die Strafe gegen Sagan weitere Wirkungen auf das Radrennen. Die Kommissare haben proaktiv eingegriffen und mit ihrer Entscheidung die anderen Fahrer gewarnt, dass solch ein Verhalten nicht toleriert wird. Nun blicken wir aber auf das F1-System.

Keine klare Linie in den Entscheidungen

Ich habe mit der Art und Weise, wie die Strafen in der Formel 1 ausgesprochen werden ein Problem: Eine Person wird nicht immer der Meinung einer anderen zustimmen.

Wie kann es in der Formel 1 also einheitliche Entscheidungen geben, wenn die Individuen, die die Entscheidungen treffen, sich von Rennen zu Rennen ändern? Und warum dürfen wir die Daten zu dem Vorfall, wie die Beschleunigungsaufzeichnungen von Hamilton, nicht sehen?

Der Einfluss von ehemaligen Fahrer bei der Beurteilung von Unfällen hat die Situation verbessert. Vertraue ich auf die Integrität der ehemaligen Fahrer und ihre Entscheidungen? Absolut.

Glaube ich aber an eine konstante Linie über die gesamte Saison? Wie könnte ich das, wenn jedes Rennen eine andere Person die Beurteilungen vornimmt? Aufgrund des aktuellen Systems wäre es eine unrealistische Erwartung.

Ich erkenne den Nutzen der Rotation: So können der Vorwurf von Voreingenommenheit, persönliche Streitereien und Rache nicht allzu sehr aufkommen. Ich würde Konstanz dem aber immer überordnen. Die Beteiligten werden dem jeweiligen Kommissar immer Voreingenommenheit vorwerfen, egal wer es ist.

Wenn man sich die Kommissare der Saison 2017 anschaut, steht beispielsweise ein Name auf der Liste, der Vettel für Aktion sicher disqualifiziert hätte. Danny Sullivan hat sich in Baku gegen eine solche harte Strafe entschieden.  

Formel 1 2017: Die bisherigen Rennkommissare

RennenKommissar
 Australien  Derek Warwick
 China  Mika Salo
 Bahrain  Danny Sullivan
 Russland  Mika Salo
 Spanien  Tom Kristensen
 Monaco  Derek Warwick
 Kanada  Derek Daly
 Aserbaidschan  Danny Sullivan
A meeting of past world champions Alain Prost, Niki Lauda, Sir Jackie Stewart, and Damon Hill

Foto: LAT Images

System überholt

In der Sendung "The Flying Lap" von Motorsport.tv hat Sir Jackie Stewart das Thema Rennkommissare aufgearbeitet.

Er sagte: "Der Ansatz der FIA ist veraltet und nicht mehr valide. Nur selten sind dieselben Kommissare von Rennen zu Rennen vor Ort."

"Wenn man einen ehemaligen Rennfahrer hat, wie beispielsweise Alex Zanardi, würde man einen Kommissar einsetzen können, der auf viel Wissen zurückgreifen kann. Außerdem würde es eine klare Linie in den Entscheidungen geben. Natürlich müssten die Kommissare auch vernünftig bezahlt werden."

Ich stimme Stewart zu. Dabei ist es mir egal, ob es Zanardi, Tom Kristensen, Derek Warwick oder wer anderes aus der aktuellen Liste ist. Ich vertraue jedem einzelnen, eine klare Linie zu fahren. Es muss aber jedes Rennen derselbe sein.

Es ist sicher ein Risiko, sich immer bei allen Rennen nur auf eine Person zu verlassen. So muss aber im 21. Jahrhundert mit der Situation umgegangen werden. Wir müssen zudem schauen, wie wir die vorhandene Technologie einsetzen.

Die NBA als Beispiel

Die Videotechnologie wird in der höchsten US-amerikanischen Basketballliga (NBA) von Jahr zu Jahr verbessert.

Die neuste Entwicklung wurde in der Saison 2014/15 eingeführt: Es ist die modernste Einrichtung für Videowiederholungen in Secaucas, New Yersey. Die Schiedsrichter auf dem Platz können sich Situationen zeigen lassen, um 15 verschiedene Vergehen auflösen zu können – von schwerwiegenden Vergehen bis hin zur einfachen Überprüfung, ob er der Ball im Aus war.

In der Einrichtung werden alle Videos der TV- und Überwachungskameras gesammelt, die die Situation eingefangen haben. Diese werden dem Unparteiischen dann vor Ort zur Verfügung gestellt, damit er die richtige Entscheidung treffen kann.

Es wäre also möglich, solch eine Einrichtung in London am Biggin Hill Flughafen einzurichten, da dort auch die TV-Station ist. Diese Videos könnten dem Kommissar unverzüglich zur Verfügung gestellt werden. Auch er könnte einfach in London bleiben. So müsste er nicht ständig in der ganzen Welt herumreisen.

Er könnte dann Entscheidungen treffen, ohne in einer Umwelt zu sein, die einen enormen Druck auf den Kommissar ausübt. Er könnte sich alle verschiedenen Kameraeinstellungen zeigen lassen. Anschließend kann er die Entscheidung schnell an die Verantwortlichen vor Ort weitergeben, die dann für die Durchführung der Strafe zuständig sind. Während im Basketball das Spiel unterbrochen werden muss, könnte das F1-Rennen in dieser Zeit weiter durchgeführt werden.  

Charlotte Hornets vs. Miami Heat
NBA: Charlotte Hornets vs. Miami Heat

Foto: Charles Bradley

Welchen Unterschied würde das machen?

Hier ist das entscheidende Argument: Das NBA-Videozentrum hat eine offene Kommunikationsleitung zu der TV-Crew. Basketball-TV-Produzent Frank DiGraci sagte: "Es hilft uns enorm, die Geschichten der Spiele zu erzählen."

"Erstens sehen wir die verschiedenen Kameraeinstellung, die zur Entscheidungsfindung hinzugezogen werden. Zweitens können wir den Prozess verfolgen und direkt in den Raum schalten, in der die Entscheidung getroffen wird. Drittens können wir alles direkt an die Zuschauer weitergeben, da wir direkt mit der Einrichtung im Kontakt stehen."

Stellen Sie sich das in der Formel 1 vor! Es passt genau zu den Plänen von Liberty Media. Das Unternehmen möchte bekanntlich daran arbeiten, die Fans mehr einzubinden. Es würde für die gewünschte Transparenz sorgen.

Wäre es nicht auch ein guter Weg, um die Expansion in den sozialen Medien weiter voranzutreiben? Man könnte dort die Szenen ausstrahlen, die zur Entscheidungsfindung genutzt werden. So würden die sozialen Medien als 2. Bildschirm für die Übertragungen dienen.

Fazit

Wenn wir nur einen Kommissar haben, hätte wir mehr Konstanz in den Entscheidungen. Würden wir eine Einrichtung für Videoszenen haben, könnten die Fans in bewegten Bildern sehen, auf welchem Fundament die Entscheidung des Kommissars basiert. Es wäre zudem ein guter Weg, um die Kommunikation auf beispielsweise Twitter zu verbessern.

Uns wird immer wieder gesagt, dass der Kommissar mehr Informationen zur Verfügung hat als der Zuschauer am TV. Es ist jedoch nicht gut, weil der Zuschauer diese Informationen ebenfalls gern nutzen würden.

Es ist auch so, dass die Fans die Entschuldigung von Vettel ebenfalls sehen wollen. Sie wollen die Worte hören und die Bewegung seiner Lippen sehen. Denn sehen und hören baut Vertrauen auf.

Sebastian Vettel, Ferrari in the FIA Press Conference on numerous TV screens

Foto: XPB Images

Be part of Motorsport community

Join the conversation
Vorheriger Artikel Ex-Teamboss: Formel-1-Auszeit hat Honda geschadet
Nächster Artikel Daniel Ricciardo: Vettels Manöver beim F1-Rennen in Baku "dumm"

Top Comments

Es sind noch keine Kommentare vorhanden. Warum schreiben Sie nicht einen?

Sign up for free

  • Get quick access to your favorite articles

  • Manage alerts on breaking news and favorite drivers

  • Make your voice heard with article commenting.

Motorsport prime

Discover premium content
Anmelden

Edition

Switzerland