Formel-1-Technik: Große Updates bei Ferrari in Bahrain
Für den Großen Preis von Bahrain in Sakhir, das 3. Rennen der Formel-1-Saison 2017, hat Ferrari seinen SF70H umfangreich modifiziert. Wir stellen die Updates der Scuderia vor!
Foto: : Giorgio Piola
Formel-1-Technik mit Giorgio Piola
Giorgio Piola analysiert und erklärt die Technik in der Formel 1!
Die Weiterentwicklung war in der jüngeren Vergangenheit eine Schwäche von Ferrari. Doch anhand der neuen Teile für das Bahrain-Rennen können wir eine Tendenz erkennen, ob es dem italienischen Traditionsteam gelingen könnte, in der Formel 1 2017 eine Rolle im Titelkampf zu spielen.
Frontflügel
Die größten Neuerungen sind am Frontflügel zu sehen. Die Grundphilosophie hat Ferrari dort beibehalten, allerdings zahlreiche Änderungen am Design vorgenommen.
Das Hauptprofil ist nun in 3 Sektionen aufgeteilt. 2 Einschnitte ziehen sich über die komplette Breite. Der blaue Pfeil markiert den vorderen Einschnitt. Der Außenbereich des Frontflügels wurde komplett überarbeitet. Der Tunnel-Bogen (weißer Pfeil) hat eine neue Form erhalten und setzt nun weiter innen an als bisher.
Der obere Bereich des Frontflügels an der seitlichen Endplatte (gelbe Pfeile) ist ebenfalls neu gestaltet. Dort hat sich Ferrari an einer Mercedes-Lösung angelehnt und eher eckige Formen übernommen.
Sämtliche Änderungen verfolgen das Ziel, den Luftstrom über den Frontflügel zu glätten, bevor er auf die Vorderseite der Reifen trifft.
Interessant ist auch: Form und Länge der Flaps (in Weiß) wurden ebenfalls angepasst. Dadurch ändert sich der Abtrieb, den der Frontflügel generiert. Auch der sogenannte Y250-Luftstrom unter dem Fahrzeug verhält sich deshalb anders. Dafür sind die Flap-Spitzen verantwortlich.
Außerdem hat Ferrari den Verstell-Hebel für die Flaps (schwarzer Pfeil) weiter nach innen versetzt, sodass mehr Platz ist für die äußeren Flaps.
Kühlung
Eine gute Kühlung ist wichtig in Bahrain. Aber zu viele oder zu große Kühlöffnungen im Chassis sorgen für größeren Luftwiderstand und bringen damit keinen Vorteil. Sind es zu wenige oder zu kleine, leidet unter Umständen der Antriebsstrang, weil nicht genug frische Luft zugeführt wird.
Aufgrund der höheren Temperaturen in Bahrain hat Ferrari seine Kühlöffnungen erweitert. Bereits vor der technischen Abnahme waren die größeren Vorrichtungen montiert.
Zu erkennen ist: Die Designer sind nicht mit einer einfachen Lamellenstruktur zufrieden. Jedes einzelne Teil ist mit einem V-förmigen Einschnitt versehen. Damit versucht Ferrari, die austretende Luft zu steuern und gezielt über den Seitenkasten zu lenken.
Unterboden
Scheinbar hat bisher nur Ferrari die neuen Freiheiten bezüglich des Unterbodens vor den Seitenkästen ausgenutzt. Dort weist die dreieckige Ausbuchtung ein Loch auf, sodass Luft von oben nach unten hineinströmen kann. Damit wird der Luftstrom unterhalt des Unterbodens und vor dem Seitenkasten beeinflusst.
Ein solches Loch ist erlaubt, weil es 450 Millimeter vor der Rückwand des Cockpits liegt.
Spannend ist außerdem, was Ferrari weiter hinten mit dem Unterboden anstellt. Denn das Teil erfüllt seitlich der Seitenkästen noch eine weitere Funktion.
In der 1. Ausbaustufe wurde lediglich eine Leitung in den Unterboden eingebaut. Das fiel erstmals auf, als Sensoren darauf platziert wurden, wodurch Sinn und Zweck dieser Übung in den Fokus der Aufmerksamkeit gerieten (vergleiche Bild oben).
Die Leitung im Unterboden transportiert offenbar Öl zum Getriebe. Ferrari nutzt den Luftstrom unter dem Auto, um die Flüssigkeiten zu kühlen.
Beim Großen Preis von China in Shanghai hat Ferrari sogar eine kleine Lippe in Form eines Schmetterlingsflügels auf die Oberfläche aufgetragen (mit Pfeilen markiert).
Damit soll die aerodynamische Effizienz dieses Teils des Unterbodens optimiert werden. Außerdem hat Ferrari so eine höhere Steifigkeit erzielt, nachdem es Gerüchte gegeben hatte, Ferrari arbeite mit einer Art flexiblen Unterboden. Bilder, die in sozialen Netzwerken aufgetaucht waren, hatten darauf hindeutet, dass sich der Unterboden unter Druck verbiege.
Ferrari setzt bereits seit den Testfahrten auf einen seitlichen Einschnitt im Unterboden (weiße Pfeile). Inzwischen ist auch ein Metallstück verbaut (roter Pfeil), um dem Unterboden zusätzliche Stabilität zu verschaffen. Die Form des Einschnitts wurde immer wieder leicht verändert.
Der Einschnitt beeinflusst den Luftstrom vor dem Diffusor und reduziert dort auftretende Luftturbulenzen.
Ferrari ist nicht das einzige Team der Formel 1 2017, das Einschnitte im Unterboden nutzt. Auch Mercedes, Toro Rosso, Haas und McLaren arbeiten in eine ähnliche Richtung.
Die neuen Regeln machen es möglich: Seit der Formel-1-Saison 2017 sind Löcher im Unterboden möglich. Ferrari wiederum hat sich für einen Einschnitt entschieden. Dessen aerodynamische Effekte unterscheiden sich von den Lösungen der anderen Teams.
Heckflügel-Halterung
Nicht nur um den Unterboden von Ferrari, sondern auch um den Heckflügel ranken sich Gerüchte, wonach sich der Flügel während der Fahrt bewegt, um den Luftwiderstand auf den Geraden zu reduzieren.
Zum 1. Mal kam diese Spekulation beim Großen Preis von Spanien 2016 auf. Damals filmte eine nach hinten gerichtete Kamera den Heckflügel und zeigte offenbar, wie sich der Heckflügel verformte. Ferrari hat zwar alle erforderlichen Tests bestanden, doch Zweifel an der aktuellen Lösung werden dennoch geäußert.
Ferrari setzt als einziges Team auf 2 Haltestreben für den Heckflügel. Das hat im Fahrerlager für hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Die Frage ist: Gibt es aerodynamische Vorteile im Vergleich zu einem Design mit nur einer Haltestrebe?
Die Erklärung von Ferrari ist: 2 Haltestreben sind aus aerodynamischer Sicht weniger gut, aber wesentlich leichter. Deshalb hat sich das Team dazu entschlossen, den Kompromiss einzugehen.
Aufhängung
Der Automobil-Weltverband (FIA) hat gesprochen, die Teams mussten reagieren: Mercedes und Red Bull Racing hatten sich mit einem speziellen Aufhängungssystem beschäftigt, dürfen diese Idee aber nicht mehr weiterverfolgen. Auch Ferrari hatte dahingehend experimentiert.
Das Team aus Maranello hat sich ein Mercedes-Trick aus der Formel-1-Saison 2016 zum Vorbild genommen und die Elemente der Aufhängung neu im Auto positioniert. Daran anknüpfend entstand auch eine neue, umfangreichere Version des S-Schachts.
Aufhängung
1: Das sogenannte Pitot-Rohr, das die Geschwindigkeit der Luft misst, wurde für 2017 erhöht, sodass der S-Schacht unter der Oberfläche verlaufen kann.
2: Drehstäbe
3: Kipphebel – die Teams bauen die Kipphebel inzwischen möglichst hoch im Chassis ein. Darüber liegt lediglich eine Abdeckung.
4: Das 3. oder "Hebe"-Element hilft bei der vertikalen Federung des Fahrzeugs. Die große Kontroverse vor der Formel-1-Saison 2017 drehte sich im Wesentlichen um die Verwendung und den Einsatz dieser hydraulischen Komponente.
Und genau wie bei den Kipphebeln, so ist auch dieses Teil so hoch wie möglich im Chassis angebracht.
5: Spurhebel
Seitenkästen
Die Seitenkästen am Ferrari SF70H sind eine spezielle Kreation. Da hat sich Ferrari etwas ganz Außergewöhnliches einfallen lassen. Der besondere Aufbau verblüfft noch immer.
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