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Formel-1-Technik: Was den Mercedes W11 so stark gemacht hat

Der Mercedes W11 ist das bisher beste Formel-1-Auto, aber was hat es in der Saison 2020 so stark gemacht? Unsere Technik-Experten gehen auf Spurensuche!

Eigentlich hätte der Mercedes W11 den krönenden Schlusspunkt am Ende einer Ära setzen sollen. Entsprechend viel Aufwand hat das Team bei der Entwicklung betrieben. Doch weil die Formel 1 ihr neues Technisches Reglement auf 2022 verschoben hat, ist der W11 "nur" das vorletzte Mercedes-Auto unter den aktuellen Turbo-Hybrid-Bestimmungen - aber eines, das vor technischen Raffinessen nur so strotzt, wie unsere Analyse zeigt.

Denn: Mercedes hat bei seinem Modell W11 nicht nur eigene Konzepte weiterentwickelt, sondern auch andere Lösungen aufgegriffen. Und in den folgenden Absätzen erklären wir, was den Mercedes W11 in der Saison 2020 so stark gemacht hat und wie es dem Team gelungen ist, eines der dominantesten Formel-1-Autos überhaupt zu bauen.

DAS war die große Überraschung

Erstmals seit langer Zeit wurden die Wintertests vor der Formel-1-Saison 2020 live im Fernsehen übertragen. Weil jeweils auch die Onboard-Kameras zugeschaltet waren, fiel eine Mercedes-Neuerung fast sofort auf: die zweiaxiale Lenkung (DAS).

An diesem System hatte Mercedes über Monate gearbeitet - und überraschte Fans und Konkurrenz gleichermaßen damit, dass die Fahrer am Lenkrad ziehen und drücken konnten, um die Spur des Fahrzeugs während der Fahrt zu verändern. Sinn und Zweck der Übung war, weniger Luftwiderstand auf den Geraden und mehr Grip in den Kurven zu erreichen.

Möglich geworden war dies durch eine neue Anordnung der Lenkungskomponenten. Hierfür hatte sich Mercedes wiederholt beim Weltverband (FIA) rückversichert, ehe DAS als legal eingestuft wurde.

Mercedes W11, DAS, zweiaxiale Lenkung

So wird DAS verwendet: Ziehen und drücken am Lenkrad ändern die Spur

Foto: Giorgio Piola

Ein Beispiel: In einer früheren Version des Systems hatte Mercedes vorgesehen, die zweiaxiale Lenkung per Knopfdruck am Lenkrad zu aktivieren und zu deaktivieren. Der Weltverband aber befand: Eine Lenkungsfunktion müsse in direktem Zusammenhang mit der Bewegung des Lenkrads stehen.

Also machte sich Mercedes an die entsprechende Umsetzung, wobei die einzelnen Komponenten an Gewicht zulegten. Das Team hatte die Sorge, der Gewichtsnachteil könnte den DAS-Vorteil aufheben.

DAS erwies sich im Jahr 2020 aber als ein Segen für die Mercedes-Fahrer: Aufgrund vieler Gelb- und Rotphasen sowie Re-Start-Situationen im Rennen hatten sie durch die zweiaxiale Lenkung die Möglichkeit, ihre Vorderreifen rascher wieder auf Betriebstemperatur zu bringen.

So hat Mercedes den W11 im Detail optimiert

Vor der Saison 2020 hatte Mercedes außerdem die Hinterrad-Aufhängung modifiziert und die Streben der Querlenker deutlich weiter hinten am Fahrzeug befestigt. Das Ziel dieser Maßnahme: eine bessere aerodynamische Anströmung der Diffusor-Außenseite. Schon 2019 hatte Mercedes zu einem ähnlichen Zweck den Ansetzpunkt der Zugstreben leicht nach oben versetzt.

Weil zur Saison 2019 komplexe Aufbauten auf dem Frontflügel verboten worden waren, rüstete Mercedes im Jahr 2020 auch seine vordere Bremskühlung nach - auch hier mit der Absicht, die Gesamtaerodynamik zu verbessern.

Vorderachse: Red Bull RB8 vs. Mercedes W11

Die angeblasene Vorderachse am Red Bull RB8 und die Mercedes-Lösung für 2020

Foto: Giorgio Piola

Ebenfalls Verwendung fand eine Vorderrad-Aufhängung, die den Effekt der angeblasenen Vorderachse imitierte, um am Vorderrad auftretende Luftturbulenzen zu minimieren. Dazu erhielt die Bremsglocke veränderte Belüftungslöcher, damit mehr Luft durch die Felge entweichen konnte. Hinzu kam ein vergrößerter Lufteinlass zur Bremskühlung.

Aufgrund dieser Anpassungen konnte Mercedes im Bereich vor den Seitenkästen weitere Änderungen umsetzen, konkret an den seitlichen Windabweisern und am Unterboden. Hier wurden Konstruktionen aus den Vorsaisons weiterentwickelt und verfeinert.

Nicht jede Mercedes-Idee darf umgesetzt werden

Ein Mercedes-Design, das von 2019 übernommen wurde, durfte 2020 aber nicht erneut verwendet werden: Es handelte sich um Lufteinlässe im Bereich der Hinterrad-Aufhängung, wo Aufhängungsstreben und Lufteinlass aufeinandertreffen. Dort hatte Mercedes eine zusätzliche Öffnung installiert, für mehr Frischluft zwischen Bremstrommel und Felge.

Vor dem (geplanten) Auftaktrennen in Australien aber forderte Red Bull eine Präzision des Weltverbands zu diesem Aufbau ein. Die Antwort der FIA: Mercedes müsse entweder einen zusätzlichen Luftauslass einrichten oder aber einen Lufteinlass abdecken.

Mercedes (und auch Racing Point, das ebenfalls betroffen war) entschied sich für die zweite Variante. Und Red Bull führte später basierend auf diesem Beschluss eine eigene Luftführungslösung ein.

Probleme werfen Mercedes nicht aus der Bahn

Doch zurück zu Mercedes und hin zum tatsächlichen Auftaktrennen der Formel 1 in Österreich einige Monate nach den Ereignissen in Australien. Denn am Red-Bull-Ring litt Mercedes unter Vibrationen, die beim Überfahren der Randsteine auftraten. Das Getriebe und die entsprechenden Sensoren steckten diese Fahrweise gar nicht gut weg.

Die Folge: Beide Mercedes-Fahrer wurden vom Kommandostand zu einer vorsichtigen Fahrweise verdonnert und sollten die Randsteine sogar komplett meiden. Das resultierte in Zeitverlust in der Schlussphase des Rennens, und im Platzverlust für Lewis Hamilton, der aufgrund einer 5-Sekunden-Zeitstrafe (in Folge der Kollision mit Alexander Albon) noch von P2 auf P4 zurückgereicht wurde.

James Allison

Mercedes-Ingenieure wie James Allison fanden für Probleme rasch eine Lösung

Foto: Motorsport Images

Die anschließende Analyse ergab ein fehlerhaftes Verhalten der Bordsensoren, die durch die Vibrationen auf den Randsteinen gestört worden waren. Als kurzfristige Lösung verlegte Mercedes einige Kabel neu und isolierte diese besser. Die Fahrer sollten im zweiten Rennen an gleicher Stellte trotzdem von den Randsteinen fernbleiben. Und das Ergebnis war der erste Doppelsieg des Jahres.

Ein solches Problem kann ein Team leicht aus der Bahn werfen. Mercedes aber hat über die Jahre genau in diesem Punkt wahre Stärke bewiesen: Plötzlich auftretende Probleme schnell und sauber lösen zu können, ohne dabei den Vorsprung auf die Konkurrenz einzubüßen. So war das auch in diesem Fall, zumal der Puffer auf die Gegner groß genug war.

Kommt der beste Formel-1-Mercedes erst noch?

Hinzu kamen im Jahr 2020 die speziellen Anforderungen der Coronavirus-Pandemie mit all ihren Begleiterscheinungen wie Abstands- und Hygieneregeln oder eben die Verschiebung des neuen Formel-1-Reglements auf 2022. Eine direkte Folge davon war die Entwicklungspolitik bei Mercedes: Der W11 erhielt weitaus weniger Updates als eigentlich geplant.

Natürlich: Eine Weiterentwicklung des Mercedes-Fahrzeugs fand trotzdem statt, aber eben nicht in dem gewohnten Umfang. Red Bull dagegen rüstete technisch immer weiter nach, was zum Saisonende vielleicht ein falsches Bild des Kräfteverhältnisses zeichnete, weil Mercedes eben nicht bis zum Schluss auf die Weiterentwicklung des W11 bedacht war.

Mercedes W11, Update in Spa 2020

Das Belgien-Update im Detail: Die Zahlen verweisen auf die Neuerungen am Auto

Foto: Giorgio Piola

Das Fahrzeug wurde im Saisonverlauf nur im Detail verändert, zum Beispiel an Front- und Heckflügel mit kleinen Konstruktionsanpassungen. Ein größeres Update-Paket gab es beim Belgien-Grand-Prix in Spa mit modifizierten seitlichen Windabweisern und Luftleitblechen an der Schulter der Seitenkästen sowie einer neuen Form der Winglets auf der Nase.

Ein praktischer Nebeneffekt der geringen Weiterentwicklung war der Umstand, dass sich das Team früh auf die Vorarbeiten am Mercedes W12 für 2021 konzentrieren konnte, um dann wiederum möglichst früh viel Zeit für den 2022er-Rennwagen zu haben.

Denn nicht vergessen: Schon in diesem Jahr greifen die neuen Aero- und Windkanal-Regeln mit Einschränkungen für die Spitzenteams. Mercedes etwa erhält nur 90 Prozent der Entwicklungszeit. Welche Auswirkungen das hat, ist noch ungewiss. Ziel der Maßnahme ist jedoch eine Angleichung der Leistung über das gesamte Feld hinweg. Und in diesem Feld war Mercedes zuletzt Klassenbester, wieder einmal.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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