Am Ende der 1960er-Jahre ist es soweit: Das britische Lotus-Team experimentiert erstmals mit Frontflügeln. Hier ist Graham Hill zu sehen. Sein Fahrzeug trägt zwei dünne Flügelprofile seitlich der Frontpartie.
Und so sieht ein aktueller Formel-1-Frontflügel von McLaren aus. Zwischen diesem und dem vorangegangenen Bild liegen fast genau 50 Jahre. Eine lange Zeit, in der sich die Frontflügel der Formel 1 dramatisch verändert haben. Wann und wie, das zeigen wir mit den folgenden Bildern!
So sah ein Formel-1-Auto zu Beginn der 1970er-Jahre aus. Der Frontflügel war nicht viel mehr als zwei Flügelzusätze links und rechts einer voluminösen Nase.
Es ging aber auch weniger filigran. Hier die Variante von Tyrrell, die sehr bullig anmutet. Aber: Auch dieser Frontflügel war für den Rennbetrieb geeignet. Ein Prädikat, das nicht jede Konstruktion dieser Ära für sich beanspruchen konnte...
Dieses "Tablett" am March 711 etwa setzte sich nicht durch, wenngleich es innovativ war. Immerhin ging es als eine der kuriosesten Formel-1-Frontpartien in die Geschichte ein!
Zur Mitte der 1970er-Jahre hatten die meisten Fahrzeuge einen breiten Frontflügel an der Nase. Bei Ferrari handelte es sich zum Beispiel um ein großes Flügelblatt, wie hier zu sehen.
Aber die Experimente dauerten an. Hier eine Variante von Brabham, wie sie Hans-Joachim Stuck fuhr. In dieser Konstruktion verschmelzen Frontflügel und Frontpartie zu einer recht klobig anmutenden Einheit...
Rund zehn Jahre nach dem erstmaligen Auftreten der Frontflügel ist Lotus wieder einmal Vorreiter in Sachen Design: eine schlanke Nase mit einem Frontflügel sowie Endplatten. Und an diesem Konzept änderte sich erst einmal nicht sehr viel...
Gut zehn Jahre später hatten sich die Fahrzeuge zwar sehr verändert, nicht aber die Frontflügel. Immerhin: Aus dem einen, großen Flügelblatt vorn wurden zwei Elemente, außerdem wuchsen die Endplatten an und wurden nun mehr und mehr zur Luftführung genutzt.
Wieder wurde viel experimentiert in der Formel 1. Ein Trend war jedoch alsbald ein großes Flügelprofilblatt mit zusätzlichen, an den Endplatten angebrachten Flaps, wie hier am Jordan 191.
So sah ein typischer Formel-1-Frontflügel Mitte der 1990er-Jahre aus. Inzwischen wurden immer mehr streckenspezifische Bauteile entwickelt. Die größten Flügel und Flügelanbauteile gibt es traditionell in Monaco.
Die Endplatten der Frontflügel rückten in den Fokus. Bis dahin waren sie meist recht schlicht gehalten gewesen, doch ab dem Ende der 1990er-Jahre wurden sie mit immer kleinteiligeren Luftleitblechen bestückt, wie hier am BAR von Jacques Villeneuve.
Fast bei jedem Grand Prix wurden andere Endplatten eingesetzt oder sogar gleich komplett andere Frontflügel. Inzwischen nutzte man in der Formel 1 teilweise zwei durchgängige Flügelprofile, zum Beispiel bei Renault.
Wenig später wurde es immer komplexer. Am Ferrari von Michael Schumacher sind hier schon drei unterschiedliche Ebenen zu sehen, dazu jede Menge Ecken und Kanten in den aerodynamischen Elementen.
Ein neues Reglement, das die Frontflügel höher ansetzte, veränderte Mitte der 2000er-Jahre das Gesicht der Formel 1. Nun wurden auch die Hauptprofile in ihrer Form verändert. Sie erhielten, wie hier bei Red Bull Racing, kleine "Dellen" und dergleichen mehr.
Neu in dieser Zeit waren auch kleine Vorflügel am äußeren Rand des Frontflügels, links und rechts. Mit diesen Aufbauten generierten Teams wie BMW-Sauber zusätzlich Abtrieb.
Bei Ferrari und anderen Teams wiederum wurde gleich eine zweite Ebene aufgemacht und der Frontflügel zum "Doppeldecker" umfunktioniert.
Auch bei Renault wurde mit einer solchen Lösung gearbeitet. Damit wurde ein Trend für die nächsten Jahre bestimmt...
2007 etwa baute Ferrari am Auto von Kimi Räikkönen konsequent auf den "Doppeldecker"-Modus. Doch es ging noch wilder!
Unter dem 2008 auslaufenden Reglement wurden die zusätzlichen Flügelprofile teilweise über die Frontpartie der Fahrzeuge gelegt. So hat es jedenfalls McLaren gemacht. Ohne damit einen Schönheitspreis zu gewinnen... Und: Manchmal wurden selbst diese "Doppeldecker"-Flügel nochmals in kleinere Einheiten unterteilt!
Sebastian Vettel erzielte mit einem solchen Autokonzept übrigens seinen ersten Sieg in der Formel 1. Auch bei Toro Rosso wurde nämlich ein "Doppeldecker" eingesetzt. Doch nach der Saison 2008 war Schluss damit!
Das neue Reglement räumte auf an der Frontpartie und verbreiterte die Frontflügel. Hinzu kam auch eine "neutrale Zone" in der Mitte, wo keine aerodynamischen Anbauteile sein durften. Was die Teams aber dazu bewog, verstärkt im Bereich der Endplatten nach mehr Anpressdruck zu suchen. Brawn war ein Vorreiter dieser Kleinigkeiten...
Wenige Jahre später wimmelten die Frontflügel nur so vor Vorflügel, Flaps, Flicks und sonstigen Winglets, wie solche Zusätze in der Fachsprache heißen. Ästhetischer wurden die Autos dadurch aber nicht!
Sogenannte Flügelkaskaden kamen in Mode. Denn mit nur einem Flap waren die Designer schon lange nicht mehr zufrieden. Adrian Newey erwies sich bei Red Bull Racing Mitte der 2010er-Jahre als wahrer Künstler für ausgefallene Frontflügel-Kreationen.
Auch bei Mercedes wurde es immer filigraner. Mit dem Frontflügel früherer Zeiten hat dieses Objekt hier nur noch die Grundform gemein...
Noch deutlicher wird es in diesem Bild: Selbst das Hauptflügelprofil wurde nun in mehrere Ebenen unterteilt. Dazu kamen Luftleitbleche en masse, immer noch mehr Flaps, kleine Tunnel und viele, viele Flügelchen.
Und das ist der aktuelle Stand der Dinge. Er war es zumindest. Denn inzwischen gibt es bei jedem Rennen neue Frontflügel, die sich zum Teil gravierend vom Vorgängermodell unterscheiden. Das Ergebnis gleicht eher moderner Kunst als Rennsport-Technik!
Auch von hinten betrachtet wird klar: Das simple Flügelprofil von einst war einmal. Ein moderner Formel-1-Frontflügel ist Hightech pur und verschlingt mehr Designaufwand als früher ein kompletter Rennwagen...
Wohin dieses aerodynamische Wettrüsten in der Zukunft führen wird? Wir wissen es nicht zu sagen! Solange aber die Teams bereit dazu sind, in die Entwicklung solcher Flügel-Monstrositäten zu investieren, geht der Wettlauf um mehr Anpressdruck durch den Frontflügel wohl immer weiter!
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