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Leclercs Probleme: Woran es beim Formel-2-Überflieger hakt

Charles Leclerc erwischt einen unerwartet schwachen Start in der Formel 1 - Worin die Gründe liegen, dass der Ferrari-Junior noch nicht angekommen ist

Charles Leclerc, Sauber C37 spins

Charles Leclerc, Sauber C37 spins

Sutton Images

Dass Sauber in der Formel-1-Saison 2018 aufgrund der neuen Geldquelle aus Italien wieder WM-Punkte holen würde, konnte man durchaus erwarten. Doch die wenigsten hätten wohl gedacht, dass diese WM-Zähler von Marcus Ericsson nach zweieinhalb punktelosen Saisons kommen würden und nicht von Charles Leclerc, dem Formel-2-Überflieger des vergangenen Jahres. Der Ferrari-Junior tut sich in der Formel 1 überraschend schwer und sah in Bahrain kein Land gegen seinen als Bezahlfahrer verschrienen Teamkollegen.

Im Qualifying am Samstag drehte sich der Monegasse im entscheidenden Anlauf in Q1, am Sonntag haderte er mit den Reifen. "Irgendwie bin ich immer über dem Limit", gibt er sich selbstkritisch. "Das war schon in Melbourne das Problem und hier jetzt wieder. Volle Attacke ist nicht immer gut und das ist genau mein Problem." Gegenüber dem agilen Formel-2-Boliden der letztjährigen Generation scheint sich der Sauber C37 also wesentlich träger zu verhalten, was ein Problem für Leclerc darstellt.

Ein anderes Problem sind für ihn die Reifen. Obschon auch die Formel 2 seit Jahren auf die berüchtigten "Bröselreifen" von Pirelli setzt, gibt es Unterschiede, wie Teamchef Frederic Vasseur gegenüber 'Motorsport.com' erklärt: "Charles muss noch verstehen lernen, dass das Reifenfenster in der GP2 viel größer ist. Das ist eine ganz andere Herangehensweise, die kleinen Details sind in der Formel 1 entscheidend."

Ein Beispiel: Die Formel-2-Reifen vertragen Unterschiede in der Streckentemperatur von 30 Grad problemlos. In der Formel 1 sind bereits 15 Grad ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ein anderes Thema: Das Tempo auf der Outlap. "Das ist in der Formel 2 viel weniger heikel." Der Grund: Dort werden die Zieltemperaturen für die Reifen auf dem Lenkrad eingeblendet. Das ist in der Formel 1 nicht der Fall.

Und dann wäre da noch das Thema Erfahrung: " Wenn Marcus mal ein Problem hat, kann er in seinen Erinnerungen kramen: 'Ah, das war vergangenes Jahr in Malaysia genau so, und so haben wir es dann gelöst!' Das hat Charles natürlich nicht." All das sorgt in Summe dafür, dass Leclerc seinem Ruf bislang noch nicht gerecht werden kann.

 

Gegen den Willen des Teams auf falscher Strategie

Im Rennen ging Leclerc ein großes Risiko ein: Er wollte die virtuelle Safety-Car-Phase zu Beginn nutzen, um auf den Medium-Reifen zu gehen und auf diesem dann durchzufahren. Das Team war gegen diese Strategie, doch Leclerc wollte sie unbedingt und Sauber gab nach. Es ging nicht auf: Der 20-Jährige kam nur 31 Runden weit und musste erneut an die Box. Auf dem Supersoft konnte er zwar noch die beiden Williams überholen, aber weiter ging es nicht mehr. Er sah die Zielflagge als 14. und wurde wegen der Zeitstrafen gegen Sergio Perez und Brendon Hartley noch als Zwölfter gewertet.

Den Strategiefehler nimmt er auf die eigene Kappe: "Ich habe mich sehr dafür eingesetzt. Erst haben sie nein gesagt, aber ich habe weiter Druck gemacht, deshalb haben wir es versucht. Es hätte funktionieren können, heute hat es das aber nicht. Es ist schade, dass ich mich für den falschen Weg eingesetzt habe. Es funktioniert öfter nicht als dass es klappt. Ich bin trotzdem froh, dass ich heute Unrecht hatte. Das hat mich einiges für die Zukunft gelehrt."

Noch steckt Leclerc in einer Phase, in der Fehler verziehen werden. Vielleicht war es auch eine gute Erinnerung an eine ungewohnte Strategie: 2017 gewann er das Formel-2-Sprintrennen in Bahrain mit einem Boxenstopp, der in den kürzeren Sonntagsrennen völlig unüblich ist.

Vielleicht hätte es mit einem erfahreneren Piloten am Steuer sogar mit der Strategie klappen können, wenn man sich vor Augen führt, dass Sebastian Vettel den weicheren Soft-Reifen 39 Runden am Leben hielt - wenn auch mit leererem Tank. "Das Reifenschonen ist in der Formel 1 nicht so einfach, weil noch mehr Faktoren reinspielen, beispielsweise Spritsparen und der Verkehr." So wird durch Lift-and-Coast beispielsweise durch den sanfteren Lastwechsel der Vorderreifen weniger belastet als beim direkten Wechsel voll Volllast auf Vollbremsung. Das wirkt sich wiederum auf die Temperatur aus.

 

Raketenwissenschaft Reifennutzung

In diesem Fall traf es ihn auf seinem Stint mit Medium-Reifen: "Ich bin nach dem Stopp auf Verkehr aufgelaufen mit Fahrzeugen, die später stoppten. Damit meint er insbesondere Sergei Sirotkin. Später liefen Konkurrenten mit frischen Reifen von hinten auf (Vandoorne, Ocon, Perez, Sainz und Grosjean), die Leclerc in Zweikämpfe verwickelten, die er nicht gebraucht hätte. Im Zuge dieser Kämpfe kam er immerhin auch an Sirotkin vorbei.

Dennoch: "In diesem Zug von Fahrzeugen habe ich Reifentemperatur verloren. Dann gerät man in einen Teufelskreis, in dem es immer schlimmer wird." Zu wenig Temperatur bedeutet mehr Rutschen, was wiederum mehr Reifenverschleiß bedeutet, der zu noch mehr Rutschen führt. Ein verheerender Kreislauf, der Sauber letztlich zum unplanmäßigen zweiten Stopp zwang.

Vasseur verzeiht dem Rookie den typischen Anfängerfehler: "Wenn du 26 Runden mit einem Reifensatz fahren willst, musst du genau wissen, wie viel der Reifensatz verträgt. Der Fahrer muss sein Tempo daran anpassen, auch wenn er eigentlich schneller fahren könnte. Er muss wissen: 'Wenn ich 26 Runden schaffen will, muss ich so und so viel langsamer fahren als ich eigentlich könnte.'" Da fehlen Charles Leclerc schlicht und einfach Erfahrungswerte.

 

"Ein Beispiel: Am Freitag ist ein Fahrer eines anderen Teams einen Longrun gefahren. Am Anfang war er extrem konservativ, fast zu konservativ. Aber nach zehn bis 15 Runden hat er gemerkt, dass die Reifen noch am Leben sind. Und da begann er zu pushen und die Rundenzeiten zu verbessern. Da müssen wir unseren Fahrern manchmal Referenzen von anderen Fahrern geben, damit sie einen Anhaltspunkt haben. Im Cockpit mag er sich denken: 'Ich könnte locker 36.0 fahren, wahrscheinlich sogar 35.5.' Aber wenn er das tut, dann nur für eine Runde und nicht für den ganzen Stint."

Sauber-Fahrer loben sich gegenseitig

Leclerc greift also sowohl im Qualifying als auch im Rennen noch zu sehr an und überfährt Auto und Reifen gleichermaßen. Ein weiterer ungewohnter Aspekt: Sowohl in Formel 2 als auch GP3 war er es gewohnt, vorne weg zu fahren oder spektakuläre Aufholjagden zu liefern. In der Formel 1 kämpft er nun um Positionen jenseits der Top 10. "Das ist schon schwierig, weil ich immer im Kopf habe, das bestmögliche Resultat zu holen, aber jetzt auf ein verrücktes Ereignis hoffen muss, bei dem wir Glück haben", findet er. Vielleicht hat er auch deshalb die verrückte Strategie versucht. "Es wird noch einige Zeit brauchen, bis ich mich auf diese Situation eingeschossen habe."

Gegenüber seinem Teamkollegen Marcus Ericsson liegt er nun auch im Qualiduell mit 0:2 hinten. Wenig überraschend versuchen beide Fahrer, ihren Teamkollegen starkzureden, um sich selbst in besserem Licht dastehen zu lassen. "Er ist der stärkste Teamkollege, den ich je hatte. Er ist sehr, sehr schnell, aber ich habe mich selbst auch verbessert", sagt Ericsson. Leclerc wiederum behauptet: "Er hat eine schlechte Reputation, die er überhaupt nicht verdient. Er ist wirklich sehr schnell."

Die Gespräche führten Khodr Rawi und Scott Mitchell

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