Mehr Überholen: Liberty erwägt Umbau der Formel-1-Strecken
Sportchef Ross Brawn und sein Team haben mit einer Analyse der Qualität der Rennaction begonnen. Im Fokus: die Linienwahl im Zweikampf und verschidene Asphaltsorten.
Foto: : Sutton Images
Formel-1-Sportchef Ross Brawn und Liberty Media erwägen es, bauliche Maßnahmen an den aktuellen Rennstrecken vorzunehmen, um für mehr Überholmanöver zu sorgen. Während mögliche aerodynamische Änderungen an den Autos aktuell auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden, hätte man sich unlängst die Kurse zur Brust genommen, sagt der Brite: "Wir sind schon im Gespräch mit einigen Strecken. Dabei geht es um potenzielle Veränderungen, die das Racing verbessern sollen."
Im Fokus steht die Aufarbeitung vergangener Jahre. Die neuen Chefs der Königsklasse wollen verstehen, in welchen Zeiträumen es mehr Positionswechsel gab und ob auf einigen Kursen unabhängig vom Reglement mehr Action geboten wurde als auf anderen. "So, dass es sich statistisch analysieren lässt", betont Brawn, warnt aber: "Es ist Vorsicht geboten, weil Überholen nicht zwangsläufig guten Sport bedeutet. Man muss sich überlegen was es ist: zwei miteinander kämpfende Autos."
Wenn dabei derjenige, der zu Beginn des Duells vorne liegt, auch vorne bleibt, muss es der Spannung nicht abträglich sein. Das erschwert die Analyse: "Sie ist komplexer als nur die Anzahl der Überholmanöver zu zählen", weiß Brawn. Deshalb schaut sich Liberty an, inwiefern es den Piloten zu bestimmten Zeitpunkten möglich war, unterschiedliche Linien zu fahren. "Das ist sehr wichtig für guten Motorsport", betont der Sportchef und macht seine These anhand eines Beispiels deutlich.
Wenn eine Haarnadelkurve am Ende einer engen Geraden kommt und in eine enge Gerade mündet, gibt es wenig Platz zum Ausbremsen oder Ausbeschleunigen. Bei einer breiteren Fahrbahn aber ergeben sich Chancen, durch eine andere Linienwahl am Vordermann vorbeizukommen. Veranschaulicht wurde der Mechanismus oft in der Spitzkehre des Hockenheimrings, doch auch Kurvenkomplexe können zu ähnlichen Zweikämpfen führen: "Austin gehört zu den Strecken", merkt Brawn an.
Weiterer Aspekt: die Fahrbahnoberflächen. Es geht um die These, ob glatte und reifenschonende Asphaltsorten der Action abträglich wären, weil sie weniger Verschleiß und damit weniger Leistungsunterschiede produzieren. Die Grands Prix in Sotschi, oft Langeweiler, stehen seit Jahren in dem Verdacht. Ross Brawn betont aber, dass bauliche Maßnahmen an den Strecken nur ein Schritt auf dem Weg zu einer besseren Formel 1 wären – nicht die ganze Heilung: "Ich will darin gar kein Pflaster (für unsere Wunden; Anm. d. Red.) sehen."
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