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Analyse: Welche Rolle spielen die Liberty-Verluste wirklich?

In der Formel 1 herrscht Unruhe: Nach einem jahrzehntelangen Aufwind rutschte die Formel 1 2017 - also im Jahr 1 nach Bernie Ecclestone - plötzlich in die Verlustzone.

Chase Carey, Chairman, Formula One, on stage

Chase Carey, Chairman, Formula One, on stage

Andrew Hone / Motorsport Images

Die von 'Forbes' veröffentlichten Geschäftszahlen der Formel-1-Dachgesellschaft Delta Topco aus den ersten drei Quartalen ergaben, dass die Königsklasse des Motorsports einen Verlust von 160 Millionen US-Dollar erwirtschaftet hat. Im Jahr davor waren es noch 289 Millionen Euro Gewinn. Das bedeutet, dass der für die Teams vorgesehene Anteil um 41 Millionen Dollar schrumpft.


Das liegt daran, dass das US-Medienunternehmen Liberty, das die Formel 1 mit Geschäftsführer Chase Carey an der Spitze seit einem Jahr führt, deutlich mehr ausgegeben hat als der Brite. Vorbei sind die Zeiten, als die Formel 1 vom Sparmeister mit Arbeiterklasse-Hintergrund aus seinem simplen Büro in London-Knightsbridge geleitet wurde. Stattdessen übersiedelte die Formel 1 im Januar in riesige, 1.950 Quadrameter umfassende Büroräumlichkeiten unweit des Picadilly Circus.

Auch das Personal wurde deutlich ausgebaut, was nicht überrascht: An den Rennwochenenden wird rasch deutlich, dass Liberty keine Mühen scheut, um das Erlebnis Formel 1 für den Zuschauer vor Ort, vor dem TV-Gerät oder an anderen digitalen Endgeräten attraktiver zu machen. Und der London-City-Event beweist, dass man nichts unversucht lässt, um neue Fans für den Grand-Prix-Sport zu begeistern.

Hersteller zeigen Widerstand gegen Liberty

Dennoch herrscht in der Formel 1 Ungewissheit, was die Zukunft betrifft: In der Formel-1-Strategiegruppe ging man kürzlich davon aus, dass die Einnahmen um weitere vier bis fünf Prozent fallen könnten, da man ab 2018 zum Beispiel auch auf die Lizenzzahlungen für das Rennen in Malaysia verzichten wird müssen, weil die Streckenbetreiber den Vertrag nicht verlängert haben. Ausstiegsdrohungen von Ferrari machen die Stimmung nicht besser.

Doch wie ernst ist die Lage wirklich? Vor allem im Lager der Hersteller scheint die anfängliche Euphorie nach der Übernahme durch Liberty verflogen zu sein. Der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda meinte erst kürzlich gegenüber der 'Gazzetta dello Sport', dass es ihm bei Liberty abgesehen von den schlechten Geschäftszahlen an Visionen mangele. "Sie sollten Ideen haben, wie man mehr Einnahmen generiert, aber ich sehe nichts. Sean Bratches gehört, dass Kinder die Fahrer in der Startaufstellung begleiten sollen. Sind das wirklich neue Ideen, wenn man den Fußball imitiert?"

Eine interessante Aussage des Österreichers, zumal sich auch Ecclestone mit seiner Medaillenidee von Olympia insprieren ließ. McLaren-Rennleiter Eric Boullier ist der Ansicht, dass man das Einnahmenmodell der Formel 1 eben akzeptieren müsse - in guten und in schlechten Zeiten. "Wenn die Einnahmen zurückgehen, dann wird sich die Freude in Grenzen halten. Unser Einnahmenmodell hängt aber davon ab, was uns FOM auf Basis ihrem eigenen EBITDA (betriebswirtschaftliche Kennzahl, die eine Angabe zum Gewinn eines Unternehmens macht; Anm. d. Red.) gibt. Wenn ihr EBITDA unten ist, werden wir auch weniger bekommen. So funktioniert das eben."

Force India & Co. sehen Lage gelassener

Auffällig ist aber, dass vor allem bei den kleinen Teams nicht so viel Widerstand gegen Liberty zu spüren ist und dort die Stimmung deutlich weniger angespannt ist. Das liegt vermutlich daran, dass die neuen Formel-1-Eigentümer bislang klar gezeigt haben, dass sie sich von den Herstellern nichts diktieren lassen wollen und stattdessen eine bei Ferrari & Co. äußerst unbeliebte Kostenobergenze einführen wollen. Genau das fordern Teams wie Force India seit Jahren.

"Wenn wir uns sicher sein können, dass sich die Ausgabe in zwei oder drei Jahren auszahlen werden, dann muss man vielleicht einen Schritt zurück machen, um zwei nach vorne zu machen", hält sich Force Indias Betriebsleiter Otmar Szafnauer mit seiner Kritik sehr zurück. "Man muss investieren, und dann erntet man die Lorbeeren des Investments. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir weise investieren."

Haas-Teamchef Günther Steiner, der wegen der Zahlen "nicht beunruhigt, aber besorgt" ist, schlägt in die selbe Kerbe: "Wenn sie mir erklären können, dass durch die Investitionen am Ende mehr Geld hereinkommen wird, dann passt das für mich. Sie sind die Promoter, also müssen sie den Sport bewerben, und wir bekommen dann mehr Geld. Bei der Formel 1 handelt es sich um ein großes Geschäft, und man kann die Dinge nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Das braucht Zeit."

Libertys Versteckspiel als Ursache für harte Kritik?

Dass Formel-1-Legende Lauda so negativ auf die Arbeitsweise von Liberty reagiert, führt Steiner auch darauf zurück, dass Veränderungen stets eine Herausforderung seien. "Und Niki war die vergangenen 60 Jahre Bernie gewohnt, also sind Veränderungen für ihn vielleicht schwieriger zu verkraften als für andere. Er muss überzeugt werden. Und das ist der Job von Liberty Media."

Boullier, dessen Team in der kommenden Saison durch die Honda-Trennung nicht mehr als Herstellertruppe gilt, ist der Ansicht, dass die Autokonzerne akzeptieren müssen, dass die neuen Eigentümer auch die Spielregeln vorgeben, nachdem sie viel Geld für die Formel 1 bezahlt haben. "Derzeit ändert sich gerade die Kultur in der Formel 1", fällt dem Franzosen auf. "Liberty ist Eigentümer des Geschäfts und will dieses nach ihren eigenen Ansichten führen, da es ihr Geschäft ist."

Noch sei nicht klar erkennbar, wohin die Reise geht, meint Boullier. Man wisse nicht, "ob es sich um ein Modell wie bei der Formel E handeln wird, bei dem die Serie gar nicht existieren würde, wenn die Hersteller nicht dabei wären, oder ob sie mehr in Richtung Franchise-Modell gehen, bei dem es sich mehr um Showbusiness handelt. Dann hätten die Hersteller weniger Relevanz. Es liegt jetzt an ihnen, die Karten auf den Tisch zu legen und uns zu erklären, worum es ihnen geht."

Brawn fordert von Topteams Kompromissbereitschaft ein

Doch Liberty spielt bislang mit verdeckten Karten: Selbst die Gespräche mit den Teams über eine Budgetobergrenze sollen nicht in der Gruppe stattfinden, sondern unter vier Augen. Das verhindert, dass die Hersteller einen gemeinsamen Plan verfolgen und so zu viel Macht erhalten. Zuerst will Liberty sie abklopfen, dann sollen sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Gut möglich, dass diese Angst vor dem Machtverlust bei den großen Teams für mehr Unruhe sorgt als die derzeit schlechten Geschäftszahlen. Doch Liberty-Manager Ross Brawn, der für die sportliche Seite zuständig ist, fordert von den Teams ein, dass sie über ihren Schatten springen. Und verspricht, dass es am Ende nur Gewinner geben wird.

"Wir müssen die Teams überzeugen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten", reagiert er auf die Widerstände der Topteams, sich auf eine ausgeglichenere Einnahmenverteilung sowie eine Budgetobergrenze einzulassen. "Eine größere Debatte über die wirtschaftliche Seite des Sports ist notwendig. Die erste Diskussion über eine fairere und nachhaltigere Kostenkontrolle ist nur ein Teil davon", erklärt Brawn.

All das sei notwendig, um das Gesamtprodukt zu verbessern. "Wir haben die technische Seite, die Kostenkontrolle und die sportliche Seite, um uns zu verbessern. Wenn wir all das in den Sand setzen, nur weil wir diese wirtschaftliche Diskussion haben, dann wären wir blöd, denn das würde das Geschäft besser und nachhaltiger machen."

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