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Rainer W. Schlegelmilch: Erinnerungen an die Formel 1 in Zandvoort

Fotografen-Legende Rainer W. Schlegelmilch schildert, wie er ab 1963 die Formel 1 in Zandvoort erlebt hat und wie anders die Grand-Prix-Szenerie damals war.

Renn-Action beim GP Niederlande 1981 in Zandvoort

Foto: : Rainer W. Schlegelmilch

Die Flammen am Heck des Ferrari 156/85 von Stefan Johansson in der Rascasse-Kurve von Monaco. Der fliegende BRM P261 von Jackie Stewart auf der Nürburgring-Nordschleife. Oder der entschlossene Blick von Ayrton Senna in seinem markanten gelben Helm. Es sind Formel-1-Bilder wie diese, die Rainer W. Schlegelmilch zu einer Fotografen-Legende gemacht haben.

50 Jahre lang ist Rainer dem Formel-1-Zirkus gefolgt, von der Parabolica in Monza zur Loews-Haarnadel in Monte Carlo bis hin zu den Steilkurven in Indianapolis. Natürlich kannte Schlegelmilch auch Zandvoort wie seine Westentasche. Dort, wo die Formel 1 in diesem Jahr ihr Comeback hätte geben sollen, hat Schlegelmilch besonders viel erlebt.

"Die Atmosphäre in den Dünen war immer etwas Besonderes", sagt er. Und Schlegelmilch spricht dabei vor allem vom originalen Zandvoort, das er 1963 bei seinem ersten Besuch vor Ort kennengelernt hat.

"Damals wurde das Rennen auf öffentlichen Straßen ausgetragen, in den Dünen vor Zandvoort. Fangzäune und vereinzelte Leitplanken, mehr Sicherheit gab es noch nicht. Die Strecke war eigentlich komplett offen."

Zandvoort 1969
Zandvoort 1970
Zandvoort 1967
Zandvoort 1970
Zandvoort 1970
Zandvoort 1967
Zandvoort 1970
Zandvoort 1967
Zandvoort 1970
Zandvoort 1967
Zandvoort 1969
Zandvoort 1967
Zandvoort 1970
Zandvoort 1967
Zandvoort 1970
Zandvoort 1968
Zandvoort 1965
Zandvoort 1982
Zandvoort 1968
Zandvoort 1984
Zandvoort 1981
Zandvoort 1966
Zandvoort 1985
Zandvoort 1967
Zandvoort 1974
Zandvoort 1983
Zandvoort 1964
Zandvoort 1963
Zandvoort 1976
Zandvoort 1985
Zandvoort 1971: Jackie Stewart
Zandvoort 1974
Zandvoort 1966
Zandvoort 1976
Zandvoort 1963
Zandvoort 1981
Zandvoort 1980
Zandvoort 1966
Zandvoort 1980
Zandvoort 1984
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1970
Zandvoort 1968
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1970
Zandvoort 1974
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1971
Zandvoort 1967
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Das Paradies für Fotografen

Für Schlegelmilch, einen Studiofotografen mit einem Faible für Motorsport, war Zandvoort das Paradies schlechthin. "Die Strecke war kurvig und sehr wellig und damit perfekt für Fotos", meint er. "In der Tarzan-Kurve etwa legten die Fahrer herrliche Drifts hin, wie mein Foto von Jack Brabham zeigt. Das war charakteristisch für die damalige Zeit, als die Autos noch über keinen Abtrieb verfügten."

Und für Fotografen wie Schlegelmilch gab es praktisch keine Einschränkungen. "Im Abschnitt Hunserug etwa konnte man sehr nahe an die Fahrbahn heran", erklärt er. Gewisse Grenzen aber gab es trotzdem. Dafür sorgten die niederländischen Gesetzeshüter. "Trotzdem ist es eine der lustigen Erinnerungen an Zandvoort", sagt Schlegelmilch.

Er berichtet: "In meinen frühen Jahren wollte ich dort ein echtes 'Fisheye'-Foto machen. Eine spezielle Linse dafür gab es aber noch nicht. Deshalb stellte ich ein kugelförmiges Goldfischglas voll mit Wasser und einem Goldfisch auf ein Dreibein-Stativ. Und das Ganze aufs Gras, innerhalb der Kurve in zwei, drei Meter Abstand zu den vorbeifahrenden Fahrzeugen."

"Leider zerrte mich die Polizei weg, noch ehe ich ein Foto schießen konnte. Sie begriffen meine Inszenierung gar nicht und hielten sie deshalb für gefährlich."

Die Gefahr fährt mit ...

Gefahr - das war in den ersten Jahrzehnten ein ständiger Begleiter in der Formel 1, der mal mehr, mal weniger ernst genommen wurde, wie Schlegelmilch zu schildern weiß: "Auf der Anhöhe nach Hunserug konnte man einen Marshal auf der anderen Seite mit Handzeichen fragen, ob man die Strecke überqueren dürfe. Er überschaute dann die letzten beiden Kurven und wenn nicht gerade ein Auto auf die Tarzan-Kurve zufuhr, dann war es okay, loszurennen. Das war damals tatsächlich offiziell erlaubt. Und die Sportwarte hatten die Verantwortung."

Fotografen direkt an der Rennstrecke

Fotografen direkt an der Rennstrecke

Foto: Rainer W. Schlegelmilch

Was es darüber hinaus brauchte: Nerven wie Drahtseile. Denn oft standen die Fotografen in den frühen Formel-1-Jahren direkt neben der Strecke. "Solange man sich auf der Innenseite einer Kurve befand, war das nicht gefährlich", sagt Schlegelmilch. "Gefährlich war es aber, wenn es nass war und du auf der interessanteren Außenseite einer Kurve warst."

Doch eine Naturstrecke wie Zandvoort hat ihre Tücken, auch für Fotografen. "Links und rechts der Fahrbahn gab es nur einen kleinen Grün- oder Sandstreifen", erklärt Schlegelmilch. "Wenn du ein Auto also von vorne fotografieren wolltest, dann musstest du möglichst dicht an der Fahrlinie stehen. Manchmal haben sich dann die Fahrer hinterher über uns bei der Rennleitung beschwert …"

"Einmal bekam ich sogar einen richtigen Schrecken: Da kam mir der Ferrari von Jacky Ickx verkehrt 'rum entgegen: Er hatte sich auf regennasser Fahrbahn gedreht und fuhr nach einer gekonnten Pirouette vor mir einfach weiter."

Fotos für die Ewigkeit

Es sind gerade schwere Unfälle, die Schlegelmilch nachhaltig in Erinnerung geblieben sind. Wie im Fall von Piers Courage, der 1970 in Zandvoort verunglückte und nicht überlebte.

"Ich erinnere mich noch, wie wir von Weitem den Rauch gesehen haben", sagt Schlegelmilch. "Das war ein sehr trauriger Moment. Und manchmal hasste ich meinen Job, weil damals so viele gute Leute ihr Leben verloren."

Doch es gab auch emotionale Momente der angenehmen Sorte. Ein berühmtes Foto von Schlegelmilch etwa zeigt den Zandvoort-Sieger von 1968, Jackie Stewart, nach dem Rennen mit seiner Frau Helen.

Bild für die Ewigkeit: Jackie Stewart mit seiner Frau Helen

Bild für die Ewigkeit: Jackie Stewart mit seiner Frau Helen

Foto: Rainer W. Schlegelmilch

Die Story dazu: "Helen war zu ihm aufs Podium geklettert und wollte ihm einen Kuss geben, aber Jackie konnte sein Visier nicht hochhalten, weil seine rechte Hand aufgrund eines früheren Formel-2-Unfalls in einem Gipsverband steckte. Da hob ein hilfreicher Unbekannter das Plexiglas an, sodass Stewart seine Frau küssen konnte."

Schlegelmilch dokumentierte diese Szene für die Ewigkeit: "Es ist eines meiner Lieblingsfotos, weil es diese wunderbar menschliche Szene auf dem
absoluten Höhepunkt zeigt. So etwas ist heute unvorstellbar", erklärt Schlegelmilch, der bis heute eine enge Freundschaft zu Stewart pflegt.

Wer gewonnen hat? (Fast) Nebensache!

Dabei habe er nach einem Rennen meist gar nicht gewusst, wer gewonnen hatte. "Es war die Zeit vor Mobiltelefonen und Internet. Als Fotograf hatte man oft keine Ahnung, wie die Reihenfolge war. Man rannte dann vor's Podium und fragte jemanden, wer der Sieger sei. Denn für mich als Fotograf war [in Zandvoort] nur der erste Kilometer der Strecke interessant, sonst hättest du es nicht mehr rechtzeitig zur Siegerehrung zurück ins Fahrerlager geschafft."

Unter Zeitdruck wähnte sich Schlegelmilch aber nie. Für ihn war die Motorsport-Fotografie ein Hobby, ein Ausgleich zu seiner normalen Tätigkeit im Fotostudio. "Ich habe es aus Leidenschaft für die Fotografie gemacht, nicht für Geld", sagt er selbst.

Selbstporträt der Fotografen-Legende in einem Formel-1-Rückspiegel

Selbstporträt der Fotografen-Legende in einem Formel-1-Rückspiegel

Foto: Rainer W. Schlegelmilch

"Natürlich: Ich musste in den nationalen Pressebüros Bildnachweise erbringen, um den Fotografenausweis zu rechtfertigen. Deshalb habe ich auch meine besten Bilder nach jedem Rennen an ein paar Fachmagazine geschickt. Es war zumindest ein kleiner Zuschuss zu meinen Reisekosten. Aber unter der Woche bin ich ganz normal meiner Arbeit als Studiofotograf nachgegangen. Das war mein wahrer Beruf."

Ob er sich in der Rolle eines aktuellen Formel-1-Fotografen wiederfinden würde? Schlegelmilch verneint: "Ich war nie der Typ, der seine Fotos direkt nach dem Start versendet hat. Das schien mir immer etwas ganz Schlimmes zu sein. Ich habe manchmal Fotografen gesehen, die zur Hälfte eines Trainings verschwunden sind, weil sie Fotos an ihre Kunden senden mussten. Das habe ich nie getan."

Schlegelmilchs ganz eigenes Tempo

Früher brachte er seine Filme erst am Montag nach einem Rennen zum Entwickeln. Diesen Rhythmus bewahrte sich Schlegelmilch bis zum Ende seiner aktiven Fotografen-Tätigkeit. "Wer meine Fotos wollte, der musste bis Mittwoch warten", sagt er. "Dabei blieb es auch nach meinem Wechsel hin zu einer Digitalkamera."

Zeit zu haben, nicht getrieben zu sein, das hat er an seiner Motorsport-Fotografie, die ja in sich sehr viel Sportlichkeit und Konzentration abverlangte, immer besonders geliebt. "Ich konnte immer das Bild machen, das ich machen wollte. Es ging nur darum, dass ich zufrieden damit war, nicht irgendwer sonst", erklärt er.

Rainer W. Schlegelmilch im Büro von Motorsport Network

Rainer W. Schlegelmilch im Büro von Motorsport Network

Foto: Eric Gilbert

"Andere Fotografen bekamen eine Liste mit Motiven, die sie fotografieren sollten. Hatten sie alles davon erledigt, dann waren sie fertig. Mir ging es dagegen immer nur um viele 'beste' Fotos. Deshalb hörte ich auch nicht auf, solange Autos auf der Strecke waren oder die Fahrer im Paddock unterwegs waren."

Doch 2012 war wirklich Schluss. Schlegelmilch beendete seine Laufbahn als Motorsport-Fotograf und fasste seine schönsten Aufnahmen im Bildband "SCHLEGELMILCH - 50 Years of Formula 1 Photography" zusammen.

Warum Schlegelmilch aufgehört hat

Seither besucht er nach eigener Aussage "vier oder fünf Rennen pro Jahr", aber "nur zum Spaß und um alte Freunde wiederzusehen", wie er es beschreibt. "Wenn du irgendwo mit so viel Herzblut 50 Jahre lang gearbeitet hast, dann hast du natürlich überall Kontakte. Im Fahrerlager fühlt es sich immer noch wie eine Familie an."

Auf der Strecke hingegen hat sich einiges verändert, und sehr zum Leidwesen von Schlegelmilch. Warum er wirklich aufgehört hat? "Ich war 72 und es störte mich, dass man nicht mehr an den 'besten' Stellen stehen konnte."

"Jedes Jahr verschwanden weitere schöne Plätze, es gab mehr und mehr Zäune und die sogenannten 'Red Zones'. Damit schwand bei mir nach und nach die Freude. Etwas Gutes hatte diese Umstellung natürlich: Mehr Sicherheit für die Fahrer, das Publikum und uns Fotografen!"

Letzteres ist auch der Grund, weshalb Zandvoort für das Formel-1-Comeback total neu gebaut wurde. Ob sich Schlegelmilch vor Ort einen Eindruck davon verschaffen würde? Er hält den Dünenkurs schließlich für einen 'tollen' Austragungsort, bei dem die Fans an die Strecke strömen werden.

2020: Bauarbeiten am Circuit Zandvoort

2020: Bauarbeiten am Circuit Zandvoort

Foto: Chris Schotanus

"Manche Tribünen [in der Formel 1] sind schon seit Jahren komplett orange. Schön zu sehen, dass ein Fahrer so viele Fans hat. Und Max [Verstappen] ist ein potenzieller Weltmeister. Da er das richtige Auto hat, kann er um den Titel kämpfen", sagt Schlegelmilch.

Keine Übernachtfahrten mehr

Er selbst wird das alles vermutlich aus der Ferne verfolgen. "Ich lebe inzwischen am Bodensee. Es wäre also eine lange Anreise für mich nach Zandvoort."

"Früher bin ich über Nacht eintausend Kilometer gefahren, um am nächsten Morgen an der Strecke zu sein. Obwohl ich auch jetzt noch gerne mit einem offenen Auto unterwegs bin, sehe ich darin keine Herausforderung mehr. Damals waren Autorennen pures Abenteuer, Lust am Reisen, am Erleben neuer oder vertrauter Rennstrecken."

"Und überhaupt: Ein holländischer Kollege hat mich schon gewarnt, wegen Max wollen drei Mal so viele einheimische Fans zum Heimrennen wie Karten verkauft werden können. Da wird’s wohl für Deutsche eng werden …"

"Schade, aber Gott sei Dank gibt's inzwischen großartige Fernsehberichte über die Formel-1-Rennen, und ich weiß dann auch schon beim Zieleinlauf, wer der Sieger vom Holland-Grand-Prix ist", meint Schlegelmilch mit genüßlichem Schmunzeln.

Das Interview mit Rainer Schlegelmilch führte Erwin Jaeggi bereits Anfang März 2020, zwei Wochen vor dem geplanten Formel-1-Saisonauftakt in Australien. Heute, am 3. Mai 2020, wäre die Formel 1 erstmals wieder in Zandvoort gefahren.

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