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Rennvorschau Monza: "Ferrari wurde von uns zerstört"

Warum Ferrari der Papierform nach Favorit auf den Sieg beim Grand Prix von Italien sein sollte, Mercedes-Teamchef Toto Wolff aber trotzdem optimistisch ist

Sebastian Vettel, Ferrari SF71H, leads Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W09

Sebastian Vettel, Ferrari SF71H, leads Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W09

Steve Etherington / Motorsport Images

Mit dem Grand Prix von Italien in Monza, dem 14. von 21 Rennen, geht die Formel-1-Weltmeisterschaft 2018 in Richtung ganz heißer Phase. Nicht nur, was die "Silly Season" betrifft, sondern auch in Sachen Titelentscheidung. Und die hat sich längst auf ein Duell zwischen Lewis Hamilton (Mercedes) und Sebastian Vettel (Ferrari) zugespitzt.

Hamilton hat derzeit 231 Punkte auf seinem Konto, Vettel 214. Der drittplatzierte Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen hat darauf schon 85 Zähler Rückstand - das sind, umgerechnet, mehr als drei Siege. Eine Ausgangslage, wie sie spannender kaum sein könnte, denn während Vettel nach dem Triumph in Spa-Francorchamps das Momentum auf seiner Seite hat, zehrt Hamilton immer noch von einem kleinen Punktevorsprung.

Besorgniserregend ist aus Mercedes-Sicht allerdings gerade vor dem Rennen auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke Monza, dass Ferrari - da sind sich die Experten inzwischen einig - den besten Motor hat. Mit der in Spa eingeführten neuen Ausbaustufe scheint sich dieser Vorteil eher vergrößert als verkleinert zu haben. Und das lässt bei Mercedes die Alarmglocken schrillen.

Toto Wolff muss nach Spa eingestehen: "Ich sehe da nicht viel Positives. Was bleibt, ist ein Gefühl, dass wir einfach nicht stark genug waren. Die sind schon seit einiger Zeit schneller als wir", sagt der Mercedes-Teamchef und präzisiert: "Das letzte Rennen, wo wir vom Tempo her schneller waren, war Silverstone. In Ricard und Österreich waren wir richtig gut, aber seither war Ferrari schneller."

 

Und trotzdem hat Hamilton - dank Vettels Patzer in Hockenheim - aus den letzten drei Rennen um 25 Punkte mehr mitgenommen. Platz zwei in Spa war genau das, was notwendig ist, um Weltmeister zu werden: die Punkte mitnehmen, die möglich sind - und dann wieder zuschlagen, wenn das Paket passt.

Das könnte laut Wolff schon in Monza der Fall sein: "Spa war schon in der Vergangenheit immer ein bisschen schwierig für uns. Wäre ich Ferrari, würde ich meine Leute jetzt ans Vorjahr erinnern - da wurden sie von uns nämlich wirklich zerstört. Es war wahrscheinlich unser bestes Rennen. Insofern mache ich mir keine Sorgen."

Im Formel-1-Podcast 'Starting Grid' von 'meinsportradio.de' analysieren die Moderatoren Kevin Scheuren und Ole Waschkau im Gespräch mit unserem Chefredakteur Christian Nimmervoll die sportliche Situation vor Monza im Detail und sehen Ferrari aufgrund des neuen Motorenvorteils klar in der Favoritenrolle. Aber Wolff widerspricht - so einfach sei die Rechnung nicht: "Ich glaube, Monza wird ein gutes Rennen für uns."

Denn: "Das Streckenlayout ist ganz anders. Es hat dort weniger von den Kurven, die uns Kopfzerbrechen bereiten." Das sind insbesondere die langsamen Ecken, in denen Ferrari die bessere Traktion hat. Wie Vettel in Spa aus La Source herausbeschleunigt und Hamilton dann in der Folge überholt hat, war ein beeindruckender Beleg dafür.

Hamilton muss sich vorgekommen sein wie im falschen Film: Jahrelang hatte der Mercedes den besten Topspeed - und plötzlich sieht er im ersten und dritten Sektor in Spa kein Land mehr gegen Vettel. Der Ferrari-Star relativiert: "Wir sind auch ein bisschen weniger Flügel gefahren. Da waren wir im ersten und dritten Sektor schneller und im zweiten ein bisschen langsamer." Ebenso wie im Regen-Qualifying, in dem Anpressdruck sehr geholfen hätte.

Ein Grund, der Hamilton optimistisch stimmen könnte, ist so gesehen die Wettervorhersage. Zumindest am Freitag und Samstag soll es in Monza zu Gewittern kommen. Und wenn die Fahrbahn nass ist, scheint das Paket Hamilton-Mercedes momentan eine Klasse für sich zu sein. Nur: Die Pole-Position ist nicht alles - und der Wetterbericht für Sonntag besagt derzeit Sonnenschein.

Und - vom Regen mal abgesehen - Mercedes hat viele Baustellen: PS-Leistung, Traktion, Reifen. "In Spa waren wir das einzige Topteam, das Blasen an den Reifen hatte", stellt Wolff fest. "Neben all den anderen Dingen, die wir analysieren müssen, haben wir die Reifen zu hart rangenommen. Wir haben viel Anpressdruck, aber ein Nebeneffekt davon ist dieses Blistering."

Auf Ferrari-Seite wiederum lebt man momentan mit der Gewissheit, in den letzten drei Rennen das schnellste Auto gehabt zu haben. "Wir haben ein schnelles Auto, das anscheinend überall funktioniert", freut sich Vettel. "Ich glaube nicht, dass das von Saisonbeginn an schon so war. Aber jetzt sind wir an einem Punkt, wo es wirklich überall konkurrenzfähig ist."

Geht man die letzten acht Saisonrennen durch, finden sich der Papierform nach drei Strecken mit Vorteil Ferrari (Monza, Singapur, Mexiko-Stadt), zwei mit Vorteil Mercedes (Sotschi, Austin) und drei neutrale (Suzuka, Sao Paulo, Abu Dhabi). "In Mexiko, mit den langen Geraden, werden sie im Vorteil sein", weiß Hamilton. "In Singapur waren sie meistens besser. Und in Monza werden wir mit der Performance, die sie momentan auf den Geraden haben, Probleme haben, mit ihnen mitzuhalten."

 

"Wir hatten für Monza ein gutes Upgrade, aber jedes Mal, wenn wir etwas bringen, bringen sie ein noch größeres Update", sagt der WM-Leader. "Sie sind auf den Geraden einfach schnell. Sie waren schneller als wir, besonders im Qualifying, besonders im letzten Sektor. Wir wissen seit vier Rennen, dass sie etwas ans Auto gebracht haben, womit sie auf den Geraden schneller sind. Da müssen wir einfach hart dran arbeiten, schätze ich."

Hamilton relativiert damit seine umstrittene "Tricks"-Aussage in der ersten Reaktion nach der Zielflagge in Spa, die viele so interpretiert hatten, als wolle er Ferrari etwas Illegales unterstellen. Dass dem nicht so sei, stellte Hamilton kurz darauf in der FIA-Pressekonferenz klar. Wolff ergänzt dazu, Ferrari handle nicht zwangsläufig illegal, sondern "innovativ. Sie haben Dinge am Auto, die sie entwickelt haben, seit vier oder fünf Rennen. Das ist alles."

"Letztes Jahr", sagt Vettel, "hatten wir unsere Defizite. Auf winkligen Strecken, wo es viel Downforce braucht, lief unser Auto wirklich gut. Aber wo das Auto effizient sein musste, zum Beispiel in Silverstone und auf ein paar anderen Strecken, hatten wir das Nachsehen. In dieser Hinsicht scheint unser aktuelles Auto robuster zu sein."

"Und ja, es stimmt, wir haben auch die Antriebseinheit verbessert", räumt der Ferrari-Fahrer ein. "Ich glaube, dass wir an allen Fronten Fortschritte gemacht haben. Aber ja, ich stimme zu, dass ein starker Motor nicht reicht. Der Schlüssel zur WM ist ein Auto, das überall funktioniert. Das war unsere Schwäche, und die sind wir angegangen."

Neben der PS-Stärke spricht noch eine traurige Parallele für einen starken Monza-Auftritt von Ferrari. Der Tod des Vorsitzenden Sergio Marchionne ist erst ein paar Wochen her, und beim letzten Mal, als ein Ferrari-Vorsitzender im Amt gestorben ist (Enzo Ferrari 1988), gab es kurz darauf einen Doppelsieg beim Heimrennen.

Monza ist mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 240 km/h der schnellste Grand Prix der Formel 1, und damit auch jener mit der kürzesten Rennzeit. Der Anteil einer Runde, den die Fahrer mit Vollgas bestreiten, liegt laut Renault-Daten bei 76 Prozent. Kein Wunder, dass die in einem idyllischen Park gelegene Strecke in der Nähe von Mailand auch als "Geschwindigkeitstempel" bezeichnet wird.

Unterbrochen sind die langen Geraden durch legendären Kurven: Die erste Schikane ist immer für einen Startcrash gut. Ebenso die Curva Grande. In den beiden Lesmos hat es die höchsten Kurvengeschwindigkeiten. Die Variante Ascari ist knifflig zum Anbremsen und für die Balance, und die ebenso legendäre wie berüchtigte Parabolica der glanzvolle Schlusspunkt der Runde.

Viel Vollgas und wenig Kurven also - anders als in Spa, wo zwar auch viel Vollgas gefahren wird, es aber mehr mittelschnelle und schnelle Kurven gibt als in Monza. Pirelli bringt dennoch die gleichen Reifen (Medium, Soft und Supersoft), doch die werden eher longitudinalen als lateralen Kräften ausgesetzt, wie es in der Fachsprache heißt.

Zudem ist die Traktion in Monza neben der Höchstgeschwindigkeit der vielleicht zentralste Erfolgsfaktor - wie Mercedes befürchtet. Für die Rundenzeit ist entscheidend, aus den langsamen Ecken schnell herauszukommen. Autos, die die Randsteine gut schlucken, die Geschwindigkeit gut durch die Kurven mitnehmen und am Ausgang schnell wieder in Fahrt kommen, sind in Monza zu favorisieren. Höchstgeschwindigkeit am Ende der Geraden ist bei weitem nicht alles.

 

Ein Profil, das rein theoretisch eher Force India (Aerodynamik) und Haas (Ferrari-Motor) entgegenkommen sollte als Renault oder Toro Rosso (PS-Nachteil). Das Renault-Werksteam hat zwar den neuen Spec-C-Motor einsatzbereit, der 0,3 Sekunden pro Runde (!) bringen soll - will diesen aber nicht verwenden. Weil man den Fokus wegen der Konstrukteurs-WM auf die Zuverlässigkeit legt.

Somit wird letztendlich nur Red Bull den neuen Motor fahren, was Max Verstappen hoffen lässt, zumindest näher an Ferrari und Mercedes dran zu sein als in Spa. Daniel Ricciardo startet schon mit Handicap (Grid-Strafe) ins Wochenende. Genau wie 2017, als er vom 16. Startplatz aus noch Vierter wurde und im Finish beinahe sogar Vettel geschnappt hätte.

Das Renault-Werksteam führt in Monza nach dem neuen Unterboden in Spa "weitere Updates" ein, wie Teamchef Cyril Abiteboul ankündigt. "Auf Chassisseite. Und ich hoffe, dass sie genauso gut funktionieren wie die, die wir in Spa gebracht haben", erklärt der Franzose.

Renault ist eines der wenigen Mittelfeldteams, die noch mit voller Kraft weiterentwickeln. Force India, Haas und Co. konzentrieren sich mit Ende der Europasaison bereits auf das 2019er-Auto und bringen für die laufende Weltmeisterschaft nur noch kosmetische Änderungen. Das ist bei Ferrari und Mercedes natürlich anders. Dort wird mit voller Kraft weiterentwickelt.

In der Fahrer-WM hat Hamilton noch 17 Punkte Vorsprung und kann sich damit zwei Vettel-Siege erlauben, bei denen er Zweiter wird. Erst mit einem dritten Vettel-Sieg würde die WM-Führung wechseln. "Die sieben verlorenen Punkte", so Hamilton nach Spa, "werden in den nächsten acht Rennen eine Menge sein. Wenn wir jedes Mal so viel langsamer sind, werden es jedes Mal sieben Punkte weniger Vorsprung sein."

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