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Analyse

Romain Grosjean und der Tunnelblick: Kein wahrer Champion?

Der ehemalige Formel-1-Fahrer Marc Surer hat eine Theorie, warum Romain Grosjean in alte Muster zurückfällt: "Unter Druck verliert er die Übersicht"

Romain Grosjean, Haas F1 Team VF-18

Romain Grosjean, Haas F1 Team VF-18

Joe Portlock / Motorsport Images

Nach dem Boxenstopp-Fiasko beim Saisonauftakt in Australien musste Romain Grosjean seinen Mechanikern noch tröstend den Arm um die Schulter legen. Inzwischen aber hat sich das Blatt gewendet. Der 32-Jährige selbst ist es, der massiv in der Kritik steht.

Zuerst leistete er sich den Crash hinter dem Safety-Car in Aserbaidschan, und dann stieg er in der ersten Kurve in Spanien aufs Gas, statt den Drift mit dem Bremspedal in den Griff zu bekommen. Prompt fuhr er quer über die Strecke und räumte Nico Hülkenberg und Pierre Gasly ab.

Besonders Hülkenberg war darauf nicht gut zu sprechen: "Kollege Grosjean muss einfach mal ein bisschen Zielwasser trinken. Er dreht sich achtmal am Wochenende und ist echt unberechenbar auf der Strecke."

Ewiges Nörgeln am Boxenfunk, vermeidbare Fehler auf der Strecke, in Sachen Speed plötzlich hinter Kevin Magnussen, den er 2017 noch im Griff hatte: Viele Experten fragen sich, was mit Grosjean los ist. Und einige wollen alte Muster aus seiner stürmischen Lotus-Zeit wiedererkennen.

Grosjean war seinerzeit der Grund dafür, dass die FIA die Strafpunkte eingeführt hat, und nach der von ihm ausgelösten Startkollision in Belgien 2012 wurde er für den darauffolgenden Grand Prix von Italien gesperrt.

"Komischerweise hat er das ja wegbekommen", wundert sich unser Experte Marc Surer - und äußert einen Verdacht: "Es gibt diesen Tunnelblick. Ich meine das negativ. Wenn Leute in Stress kommen, verengt sich der Weitwinkel und du verlierst die Übersicht. Genau das war bei Grosjean in der Anfangszeit der Fall."

 

 

"Der war so im Stress, speziell nach den Starts, dass er immer Scheiße gebaut hat, weil ihm einfach die Übersicht fehlte. Ein guter Rennfahrer hat Weitwinkel. Wenn er auf der Straße fahren würde, würde er links den Fußgänger sehen und rechts das Auto, das zur Stoppstraße hinfährt. Gleichzeitig."

Genau das war eine der großen Qualitäten von Michael Schumacher: Während andere bei schwierigsten Regenrennen Mühe hatten, ihr Auto auf der Strecke zu halten, hatte der siebenmalige Weltmeister noch Kapazitäten frei, auf der Videowall zu beobachten, was seine Gegner gerade tun, und darüber mit dem Kommandostand zu quatschen.

Surer versteht, wie schwierig das ist: "Ich bin 2017 den Formel-1-Doppelsitzer gefahren. Ich hätte heute keine Chance mehr, einen Gegner im Auge zu behalten - weder im Rückspiegel noch vor mir -, weil ich alle Energie brauche, um auf die Strecke zu schauen. Mir scheint, wenn bei Grosjean etwas nicht so läuft, kommt er genau in diesen Tunnelblick. Und ich meine damit eine eingeschränkte Sicht."

"Bisher hatte er seinen Teamkollegen meistens im Griff. Wann immer er eine gute Runde hingelegt hat, war er schneller", spielt Surer auf den direkten Vergleich mit Kevin Magnussen an. Gegen den Dänen gewann Grosjean 2017 nach Punkten mit 28:19 beziehungsweise nach Qualifyings mit 12:8.

"Davor war Kimi sein Teamkollege. Wenn du gegen Kimi verlierst, ist das nicht so schlimm - und meistens hat er ihn sogar geschlagen. Zumindest im Training, weniger im Rennen", sagt Surer. "Und jetzt kommt einer, der ihm den Rang streitig macht. Ich glaube, dass er deswegen zurückfällt in seine Schwäche, dass er unter Druck die Übersicht verliert. Vielleicht ist das Auto auch schwierig zu fahren. Okay. Aber ich glaube, er baut sich selbst so viel Druck auf, dass er in diesen Tunnelblick fällt."

Dieser Druck ist zum Teil ein hausgemachtes Problem. Grosjean hat sich immer wieder bei Ferrari in Position gebracht, obwohl ein ernsthaftes Interesse der Scuderia zu keinem Zeitpunkt dokumentiert war. Ende 2018 läuft der Vertrag von Kimi Räikkönen - wieder einmal - aus. In Grosjeans Kopf könnte das die letzte Chance sein, ein Ferrari-Cockpit zu ergattern.

 

 

"Er weiß: Wenn es nächstes Jahr nicht klappt, wird es nie klappen", vermutet Surer. "Das weiß auch ein Perez - da gibt's ja ein paar, die hoffen. Und man merkt, dass die dann nicht unbedingt besser fahren. Aber es gibt Fahrer, die unter Druck besser werden. Das sind die wahren Champions. Bei Grosjean ist offensichtlich das Gegenteil der Fall."

"Er hatte letztes Jahr auch seine Probleme. Man denke an die ewigen Abflüge mit den Bremsen. Es kann doch nicht wahr sein, dass die Bremsen immer hin und her gewechselt werden für dich, während der Teamkollege ohne Probleme fährt! Irgendwann musst du lernen, damit umzugehen."

"Aber zumindest war er da noch schneller. Jetzt hat sich dieser Magnussen aber gesteigert und fährt sowohl im Qualifying wie auch im Rennen stark. Da fängt Grosjean an, gestresst zu werden. Und Stress macht für mich diesen Tunnelblick", unterstreicht der ehemalige Formel-1-Pilot aus der Schweiz.

Teamchef Günther Steiner nimmt Grosjean indes in Schutz - zumindest nach außen: "In jeder Sportlerkarriere gibt es Höhen und Tiefen. Romain ist ein guter Fahrer. Er wird wieder da hinkommen, wo er hingehört. Jetzt kommt Monte Carlo, wo er immer schnell war. Ich bin mir sicher, dass er es gar nicht erwarten kann, die ewigen Nörgler ruhigzustellen."

Indes macht in der aktuellen Ausgabe des Formel-1-Podcasts 'Starting Grid' ein Witz die Runde. Was ist wahrscheinlicher: dass Grosjean am Start das halbe Feld abräumt und Magnussen davon profitiert oder dass Williams auf das Podium fährt? Dazu äußert sich unter anderem ORF-Kommentator Ernst Hausleitner. Jetzt im Radioplayer auf Motorsport-Total.com oder via iTunes-Abo für die nächste längere Autofahrt.

"Im Sport musst du so etwas aushalten", findet Steiner. "Wenn etwas danebengeht, kommst du noch stärker zurück. Etwas anderes bleibt dir eh nicht übrig. Wir sind noch nicht mal zu einem Viertel durch die Saison. Kein Grund zur Panik! Mit so einem Auto muss er nur wissen: 'Ein problemloses Wochenende, schon bin ich vorne dabei.' Ein Profi schafft das. Und Romain ist ein Profi."

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