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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Charles Leclerc hat mit einer blitzsauberen Leistung in Frankreich noch einmal unter Beweis gestellt, wie viel Talent in ihm schlummert – und warum Ferrari jetzt nachdenken muss

Charles Leclerc, Sauber

Foto: : Manuel Goria / Motorsport Images

Liebe Leser,

für mich gibt es nach dem Frankreich-Grand-Prix nur eine Antwort auf die Frage, wer bei seiner Abreise aus Le Castellet wohl das fetteste Grinsen im Gesicht hatte. Und nein, ich meine nicht Formel-1-Frohnatur Daniel Ricciardo! Ich meine Charles Leclerc. Spätestens jetzt solltet Ihr unbedingt Notiz nehmen von diesem Formel-1-Neuling. Denn seine Karriere verläuft im Sauseschritt. Und über kurz oder lang sehen ihn die Experten im Ferrari sitzen. Vielleicht passiert das sogar viel schneller als viele glauben …

Und was hat das mit dem Rennwochenende in Frankreich zu tun? Vieles! Denn auf dem Circuit Paul Ricard hat sich Leclerc hervorragend in Szene gesetzt und eine blitzsaubere Visitenkarte abgegeben. Ein paar Zahlen dazu? Kein Problem: In der Qualifikation hat Leclerc erstmals in seiner Karriere Q3 erreicht und seinem Sauber-Team zum ersten Mal seit 2015 wieder einen Top-10-Startplatz beschert.

Charles Leclerc, Sauber C37

Charles Leclerc, Sauber C37

Foto: Manuel Goria / Sutton Images

Es war gerade mal sein achtes Formel-1-Qualifying im C37-Ferrari, mit dem er zu Saisonbeginn in Melbourne, Sachir und Schanghai nur die Startplätze 18, 19 und 19 unter 20 Piloten erreicht hatte. Aller Anfang ist schwer. Und der Sauber war anfangs gewiss kein solides Mittelfeld-Auto. Aber: Seit dem vierten Rennen in Baku bewegt sich Leclerc in eben diesem Mittelfeld und hat in Le Castellet mit Startplatz acht den nächsten Schritt gemacht.

Der zehnte Platz im Rennen, verbunden mit einem WM-Punkt, mag sich nach nichts Besonderem anhören. Doch für das Sauber-Team, das zu Saisonbeginn wirklich ganz hinten stand, ist in diesem Jahr jeder Zähler Gold wert. Und Leclerc entwickelt sich mehr und mehr zum konstanten Punktesammler. Auch das ist wohl dokumentiert in den Statistiken: Seit Baku hat der Monegasse in vier von fünf Rennen einen Top-10-Platz belegt, unterbrochen nur von einem Ausfall bei seinem Heimrennen in Monte Carlo. Teamintern führt er mit 11:2 Punkten gegen seinen deutlich erfahreneren Stallgefährten Marcus Ericsson. Auch das ist im Formel-1-Debütjahr aller Ehren wert.

Und Leclerc sammelt viele Bonuspunkte, weil er sich nicht selbst für diese Erfolge feiert, sondern trotz der guten Leistungen betont selbstkritisch vorgeht. Zum Beispiel: In Le Castellet war er in Q3 langsamer als in Q2, das wurmte ihn. Denn er ist ein Perfektionist, der auch die Berichterstattung über sein Abschneiden in den Medien genau verfolgt, um ein klares Bild von sich selbst zu erhalten: Wo stehe ich? Was kann ich besser machen? Und seine Formkurve zeigt anschaulich, dass ihm diese Einstellung eine Hilfe ist.

Doch Leclercs Leistung ist noch ein viel größeres Thema, das über den Sauber-Aufschwung hinausgeht. Denn als Mitglied der Ferrari-Nachwuchsakademie soll Leclerc eines Tages dazu in der Lage sein, ein Cockpit im italienischen Traditionsteam zu übernehmen. Und derzeit tut er alles, dass aus diesem Traum Realität werden kann. Das passende Fragewort dazu ist längst nicht mehr "ob", sondern "wann" – so sehr hat Leclerc im ersten Saisondrittel in der Formel 1 bereits überzeugt.

Charles Leclerc, Sauber, Kimi Raikkonen, Ferrari

Charles Leclerc, Sauber, Kimi Raikkonen, Ferrari

Foto: Steven Tee / LAT Images

Das erhöht den Druck auf Ferrari – und auf Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen. Letzterer tut sich in diesem Jahr vor allem im Qualifying schwer, hat bisher mit schöner Regelmäßigkeit den "letzten Schuss" in Q3 verhauen und steht – trotz punktuell guter Leistungen – erneut deutlich im Schatten von Sebastian Vettel. Auf Dauer ist das zu wenig, natürlich vor allem mit Blick auf die Konstrukteurswertung, weil Räikkönen für Ferrari-Ansprüche und im direkten Vergleich zum Teamkollegen einfach nicht genug Zählbares holt.

Und dann kommt ein 20-jähriger Jungspund aus dem Ferrari-Nachwuchsprogramm daher und macht im Ferrari-Kundenteam in kurzer Zeit sehr vieles sehr richtig. Eine Beförderung ins Werksteam erscheint da der logische Schluss zu sein – und eine Notwendigkeit noch dazu, wenn Ferrari die eigene Fahrerakademie nicht nur zum Spaß unterhält. Allerdings tut man sich in Maranello traditionell schwer, einen jungen Piloten ohne nennenswerte Formel-1-Erfahrung ins Auto zu setzen. Aber über diesen Schatten müsste die Scuderia angesichts der Aussichten von Leclerc vielleicht springen.

Eine Verpflichtung von Leclerc wäre in vielerlei Hinsicht eine Sensation, denn sie würde einerseits das Aus von Räikkönen bei Ferrari (und möglicherweise in der Formel 1) bedeuten. Und andererseits würde Ferrari damit viel Mut beweisen, ein junges Eigengewächs einzusetzen. Denn wir erinnern uns: Mercedes hat für 2017 lieber Valtteri Bottas von Williams eingekauft statt den eigenen Motorsport-Nachwuchs um Pascal Wehrlein oder Esteban Ocon in den Silberpfeil zu holen. Der PR-Effekt im Vergleich zum Hauptrivalen wäre sicher gigantisch, von den sportlichen Aussichten mal ganz zu schweigen: Vettel erhielte mit Leclerc eines der größten Formel-1-Talente der letzten Jahre als Teamkollege.

Beinahe wäre es schon einmal so gekommen: Leclercs Jugendfreund Jules Bianchi war auf dem besten Weg in ein Ferrari-Cockpit, verunglückte jedoch in Suzuka 2014 so schwer, dass er Monate später seinen Verletzungen erlag. Er, der Taufpate von Leclerc (kein Witz!), könnte heute neben Vettel für Ferrari fahren. Drei Jahre nach Bianchis Tod hat Leclerc allerbeste Karten, den finalen Schritt aus der Akademie ins Werksteam zu vollziehen – sofern er mit seinen Leistungen weiter positiven Druck auf Ferrari und Räikkönen ausübt. Denn dann bleibt dem Traditionsteam ohnehin keine andere Wahl für 2019.

Charles Leclerc, Sauber C37, Kimi Raikkonen, Ferrari SF71H

Charles Leclerc, Sauber C37, Kimi Raikkonen, Ferrari SF71H

Foto: Zak Mauger / LAT Images

Wer sonst noch gut geschlafen hat:

Lewis Hamilton hat mit seinem Sieg in Frankreich die Führung in der Fahrerwertung zurückerobert und erstmals seit Spanien wieder mehr WM-Punkte eingestrichen als Vettel. Und das noch dazu mit der Mercedes-Motoren-Ausbaustufe 2.1, die erst mit einem Rennen Verspätung eingesetzt wurde. Damit flog Hamilton gleich mal zur Pole-Position und überlegen zum Rennsieg. Das hat ihn sicher gut schlafen lassen.

Auch Max Verstappen dürfte zufrieden zu Bett gegangen sein. Schon in Kanada hatte er ein sauberes Wochenende hingelegt, damals noch komplett ohne Manager- und Vater-Begleitung. In Frankreich zeigte er: Es geht auch, wenn die Betreuer dabei sind. Platz zwei im Rennen – zwar begünstigt durch die Zwischenfälle vor ihm – und der Sieg im Teamduell gegen Ricciardo in Qualifying und Rennen dürften ihm weiter Auftrieb geben.

Kevin Magnussen kann sich ein Lächeln wahrscheinlich nicht verkneifen. Denn er ist die One-Man-Show bei US-Team Haas, nachdem sein Stallgefährte Romain Grosjean schon wieder nicht gepunktet hat. Magnussen hat dagegen mit Platz sechs acht weitere Zähler gesammelt und sein Team im Alleingang auf Platz sieben der Konstrukteurswertung etabliert. Es könnte aus seiner Sicht wahrhaft schlimmer sein.

Last but not least: Renault kann ebenfalls zufrieden sein. Als einziges Team neben Mercedes und Ferrari hat die französisch-britische Mannschaft bisher in jedem Rennen gepunktet. Das hat selbst Red Bull nicht geschafft. Beim Heimrennen in Frankreich gab's eine doppelte Zielankunft in den Top 10 mit Carlos Sainz und Nico Hülkenberg, dazu aktuell der sichere vierte Platz in der Konstrukteurswertung. Sehr solide!

PS: Diese Kolumne ist das Schwesterformat zur traditionellen Montags-Kolumne von Christian Nimmervoll auf unseren Schwesterportalen Motorsport-Total.com und Formel1.de. "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" (nämlich McLaren-Teamchef Eric Boullier), können Sie hier nachlesen!

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