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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Dominik Sharaf freut sich, dass Fernando Alonso als Elder Statesman mit der Formel 1 abschließt und sich weitere "Erfolge" wie Singapur nicht mehr antut – auch wenn der Entschluss einige Jahre zu spät gekommen ist

Fernando Alonso, McLaren

Fernando Alonso, McLaren

Steven Tee / Motorsport Images

Liebe Leserinnen und Leser,

was halten Sie von der alten Binsenweisheit, dass man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist? Ich habe sie als Kind immer als ein willkommenes Argument meiner Eltern, ihren Dreikäsehoch von seinen Spielzeugautos weg und ins Bett zu zerren, betrachtet. Davon auszugehen, dass das Leben nicht mehr besser, schöner und spannender werden könnte, empfinde ich noch heute als eine deprimierende Sichtweise. Man kann nicht wissen, was die Zukunft bereithält. Etwas Besseres als den Tod findet man überall, wussten schon die Bremer Stadtmusikanten.

Das Problem ist: Für Profisportler scheinen andere Gesetze zu gelten. Wer nicht Roger Federer heißt und sich jedes Jahr auf dem Tenniscourt neu zu erfinden weiß, vegetiert im Rampenlicht seiner eigenen Glorie dahin. Die Liste derer, die ihren Lebensabend mit einem gut gefüllten Bankkonto einfach hätten genießen sollen, ist lang. Sie geht von Boxlegende Muhammad Ali über Skisprung-Legende Janne Ahonen bis hin zu Tennisikone Björn Borg. Manch einer hat den Verfall seines eigenes Nimbus mit vermasselten Comeback-Versuchen noch beschleunigt.

Und es gibt Fernando Alonso - mit 25 Jahren Formel-1-Doppelweltmeister und seitdem gefühlt auf dem absteigenden Ast. Dass er beim Singapur-Grand-Prix Siebter wurde, ist kein neuer Tiefpunkt. Seine euphorische Reaktion nach dem Rennen, als er von einer "magischen Leistung" sprach, zeigt aber: Es gibt für den 37-Jährigen nichts mehr zu holen. Deshalb wird er mit der Entscheidung, am Jahresende Schluss zu machen, extrem gut schlafen.

Erstens hätte Alonso nie wieder in einem Cockpit unterkommen können, in dem er Rennen gewinnen kann. Die drei Topteams scheinen der Konkurrenz auf Jahre enteilt und mit jedem von ihnen hat der Spanier es sich auf andere Weise verscherzt. Zweitens war das einschläfernde Rennen in Singapur Beweis dafür, dass die Formel 1 ihm so schnell nicht wieder Spaß machen wird. Liberty Media verspricht für 2021 die große Novelle, mit der sich alles ändert, aber wie oft haben wir das gehört? Und wieso sollte Alonso dafür drei Jahre Martyrium in Kauf nehmen?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich hätte es bevorzugt, wenn Alonso Ende 2014 den Helm an den Nagel gehangen und sich den Verfall des McLaren-Teams nicht angetan hätte. Er wäre nach einer vermasselten Ferrari-Saison sicher nicht auf seinem Höhepunkt abgetreten, aber erhobenen Hauptes gegangen. Und als taufrischer Rennfahrer.

So widmet er sich einige Jahre zu spät neuen Projekten, aber er verlässt die Formel 1 als Elder Statesman. Als jemand, über dessen Funksprüche und dessen jugendlichen Renneifer wir gelacht haben. Nicht als jemand, dessen Bitterkeit wir beweint haben. Hut ab, dass Alonso standhaft geblieben ist, als Chase Carey ihn (nur aus PR-Gründen) zum Weitermachen überreden wollte. Schön, dass er verstanden hat, dass Motorsport mehr ist als Formel 1.

Natürlich geht er mit seinem Versuch, die Triple Crown gewinnen, neue Risiken ein. Doch Alonso scheint klug genug, sich überschaubare Aufgaben zu suchen. Den Le-Mans-Sieg gab es – bei nur zwei siegfähigen Autos vom gleichen Hersteller – geschenkt. Das Indy 500 hat mit Rundstreckenrennen so wenig am Hut, dass ihm niemand einen Vorwurf gemacht hätte, wenn er im "Nudeltopf" gekocht worden wäre. Jetzt die IndyCar-Serie in Angriff zu nehmen, ist smart. Erstens bekommt es in Europa keiner mit, zweitens ist die Qualität der Konkurrenz kompakt.

Nico Rosberg mag seinen Abschied mit einer radikalen Zäsur eleganter gelöst haben und wirkt als Deutschlands Chef-Bahnfahrer und Dauergast in Talkshows nicht wie ein frustrierter Rentner. Aber mal ehrlich: Können sie sich vorstellen, dass Fernando Alonso im hippen Zwirn bei Marcus Lanz talkt und bei Anne Will den besten Schwiergersohn der Welt mimt? Ich nicht. Aber gut, ich habe auch lieber trotzdem weiter mit meinen Autos gespielt als darauf zu hören, dass meine Eltern mir gesagt haben: "Jetzt höre doch mal auf, wenn es am schönsten ist!"

PS: Diese Kolumne ist das Schwesterformat zur traditionellen Montags-Kolumne von Christian Nimmervoll auf unseren Schwesterportalen Motorsport-Total.com und Formel1.de. "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" (nämlich Ferrari-Pilot Sebastian Vettel), können Sie hier nachlesen!

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