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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Mick Schumacher

Jetzt ist er also angekommen in der Formel 1: Christian Nimmervoll über das Debüt des Formel-2-Champions bei Haas und die damit verknüpften Erwartungen

Mick Schumacher, Haas F1, is interviewed for Sky Sports F1

Mick Schumacher, Haas F1, is interviewed for Sky Sports F1

Andy Hone / Motorsport Images

Liebe Leser/-innen,

wahrscheinlich bist Du überrascht, mich heute hier zu lesen und nicht auf den Schwesterplattformen Motorsport-Total.com und Formel1.de. Das hat damit zu tun, dass ich schon am Freitag wusste, was das Thema dieser Kolumne sein würde, und ich deshalb meinen Kollegen Stefan Ehlen um einen Platztausch gebeten habe. Ich, der alte Nörgler der Nation, wollte nämlich ausnahmsweise jemanden gut schlafen lassen!

Mick Schumacher hatte gerade sein erstes offizielles Formel-1-Training für Haas absolviert, da wollte ich von ihm via Microsoft-Teams-Videomeeting wissen, welche Eindrücke er denn jetzt zu verarbeiten habe und wie er in der Nacht auf Samstag wohl schlafen wird. Eine Frage, natürlich schon mit einem Hintergedanken formuliert.

Und Mick hatte genug Humor, den Ball direkt zu mir zurückzuspielen: "Heute Abend werde ich so schlafen wie sonst auch, hoffentlich", sagte er, knochentrocken - und ergänzte mit einem Grinsen: "Ich glaube, es sollte keine Kolumne geben, von daher sollte es okay sein."

Tja, falsch gedacht, mein Lieber!

Aber mit einem hatte er schon recht: Es gibt keinen Grund, Mick zu kritisieren. Das Vergnügen werden wir beide sicher früher oder später auch noch haben, wenn es dafür einen Anlass gibt. Die Beziehung zwischen Protagonisten und Journalisten kann von Natur aus nicht immer ganz reibungsfrei sein. Solange beide Seiten fair bleiben, ist das ja auch in Ordnung.

Mick Schumacher also.

Wie alles angefangen hat ...

Ich erinnere mich noch gut daran, wie alles angefangen hat. Seine ersten Kartrennen fuhr er unter dem Namen Mick Betsch, dem Mädchennamen seiner Mutter Corinna, um kein großes Aufsehen zu erregen. Später dann wurde er als Mick Junior Kart-Vizeweltmeister.

Zu dem Zeitpunkt war es noch so, dass Mick von seiner Familie und deren Management in einem aus meiner Sicht fast übertriebenen Maß beschützt und abgeschirmt wurde (auch wenn ich die Beweggründe dafür durchaus verstehen kann).

Bei uns in der Redaktion flatterte damals eine Unterlassungserklärung des Schumacher-Rechtsanwalts ins Haus. Man habe über das Thema Mick nicht zu berichten, hieß es darin.

Das fand nicht nur ich frech; es hätte, hätten wir das juristisch herausgefordert, auch nicht gehalten. Wer an einem öffentlichen Event teilnimmt, der muss die Öffentlichkeit auch bis zu einem gewissen Grad akzeptieren. Darüber gibt's im Medienrecht eigentlich keine zwei Meinungen. Daran gehalten haben wir uns trotzdem.

Weil das Schreiben natürlich nicht nur bei uns ankam, sondern auch in anderen Redaktionen, glühten die Drähte zwischen den Chefredakteuren der deutschen Motorsport-Fachmedien heiß. Wie soll man damit umgehen?

Ich habe das immer entspannt gesehen und erinnere mich noch an mein Standardargument von damals: "Sollen sie ruhig machen. Es wird der Tag kommen, da werden sie uns Medien brauchen, für die Sponsoren, für die Partner. Und dann wird Mick Schumacher halt einfach auch nicht stattfinden. Wie man in den Wald reinschreit, so schallt es heraus."

Aber Schumacher-Managerin Sabine Kehm saß in Wahrheit natürlich auf dem viel längeren Ast, denn wenn der Sohn von Michael Schumacher einmal in der Formel 3 oder Formel 2 erfolgreich ist, und das war meine Fehleinschätzung, kommt man medial nicht mehr an ihm vorbei. Das riesige Interesse der Leser zu ignorieren, wäre für einen Motorsportjournalisten eine glatte Jobverfehlung.

Das nahm, das nur am Rande, zeitweise so abstruse Dimensionen an, dass wir bei einem firmeninternen Thinktank auf Schloss Rheinfels vor ein paar Jahren (da war Mick schon in der Formel 3) allen Ernstes darüber diskutierten, einen eigenen Mick-Schumacher-Channel zu initiieren. Das Interesse der Leser war so groß, dass über solche Dinge nachgedacht werden musste. Im Nachhinein bin ich froh darüber, dass wir es nicht gemacht haben.

Schwamm drüber, ist alles lange her.

Sabine Kehm

Sabine Kehm

Foto: Jerry Andre / Motorsport Images

Warum Sabine Kehm so streng war

Dass Mick gerade in den ersten Jahren nach dem Skiunfall seines Vaters so geschützt wurde, ist ja auch nachvollziehbar. Die meisten Medien hatten kein Interesse an Mick Schumacher, dem jungen Rennfahrer. Sondern nur an Mick Schumacher, dem rennfahrenden Sohn von Michael Schumacher.

Ich bin mir ziemlich sicher: Hätte es nur den Rennfahrer Mick Schumacher gegeben, hätte Sabine Kehm die Zügel viel früher lockergelassen. Und der Rennfahrer Mick Schumacher musste sich seine Akzeptanz als solcher erst erkämpfen.

Inzwischen ist er Formel-3- und Formel-2-Champion, Ferrari-Junior und Haas-Fahrer in der Formel 1. Über seine Qualifikation als Rennfahrer sollte es keine Diskussionen mehr geben.

Ich habe Sabine Kehm jahrelang das Angebot gemacht, das erste große Interview mit Mick, wenn es denn einmal soweit sein sollte, auf unseren Plattformen stattfinden zu lassen. Wir würden den Rennfahrer präsentieren, und nicht den Sohn von Michael. Lieber motorsport.com und Motorsport-Total.com als Bild oder Markus Lanz, war meine Logik.

Mit dem allerersten großen Interview hat's dann leider nicht geklappt, aber in Abu Dhabi traf ich Mick vor genau einem Jahr zum ersten Mal zu einem längeren Gespräch. Das Interview von damals, als er gerade seine erste Formel-2-Saison beendet hatte, gibt's natürlich noch im Archiv nachzulesen.

Jetzt hat es der junge Kerl selbst in der Hand, sich auch auf der großen Bühne zu beweisen. Sportlich hat er den Anfang schon mal gemacht: Im ersten Training in Abu Dhabi war er um 2,8 Sekunden schneller als Pietro Fittipaldi, und der hat im späteren Verlauf des Wochenendes bewiesen, dass er keineswegs ein Nasenbohrer ist.

Wobei zur ganzen Wahrheit natürlich gehört, dass die Zeiten nicht direkt vergleichbar waren: "Der Zeitabstand ist zwei verschiedenen Abläufen und Runplans zwischen uns geschuldet. Damit die größte Anzahl an Daten für das Team gesammelt werden kann", verriet Mick im Online-Meeting.

Wenn man ihm zuhört, klingt er ganz wie der Papa: gelassen und unaufgeregt, immer fokussiert auf die Arbeit. "Der Unterschied zwischen FT1 und den Tests, die ich letztes Jahr gemacht habe, ist nicht sehr groß. Daher war auch die Nervosität nicht so vorhanden", berichtet er von seinem ersten Trainingseinsatz. "Sondern ich kann mich wirklich gut auf die Arbeit konzentrieren. Das ist wirklich positiv."

Die richtige Erwartungshaltung für 2021

Was der Junge drauf hat und wie weit sein Weg führen kann, werden die nächsten Jahre zeigen. Es ist, denke ich, wichtig, dass man die Erwartungshaltung richtig aufbaut. 2021 wären wahrscheinlich schon Q2-Einzüge und der eine oder andere WM-Punkt ein Erfolg. In einem Team wie Haas würde jeder andere auch kleinere Brötchen backen.

Wie sehr ein Fahrer in der Formel 1 auf die Qualität seines Teams angewiesen ist, hat das Beispiel George Russell gerade eindrucksvoll gezeigt: Vor einer Woche in Bahrain war er bis zum Boxenchaos bei Mercedes unterwegs zum Sieg. Eine Woche später in Abu Dhabi fuhr er im Williams wieder meilenweit hinterher.

Mick hat zweifellos das Zeug dazu, sich in der Formel 1 durchzusetzen. Ich persönlich bin bei unserem Experten Marc Surer, der glaubt, dass er nicht sofort zünden, sondern vielleicht ein bisschen brauchen wird. Aber dann könnten seine Disziplin und seine Lernfähigkeit langfristig zu enormen Asset werden.

Anno 2021 geht es in der Formel 1 längst nicht mehr nur darum, wer die größten Eier hat und das Gaspedal am weitesten durchdrücken kann. Das war vielleicht vor 30 Jahren noch so, als sein Papa Michael in Spa angefangen hat. Jetzt aber sind auch andere Qualitäten gefragt. Und die hat Mick ganz offensichtlich.

Wenn ich aus Sicht der deutschen Formel-1-Fans einen Wunsch ans Christkind schicken darf, dann wäre das, dass Mick sich in Zukunft traut, noch ein paar mehr Ecken und Kanten zu entwickeln. Ich glaube eigentlich, die hat er schon längst - nur zeigt er sie uns noch nicht.

Das ist erstmal auch in Ordnung so. In den nächsten Jahren ist Zeit genug, eine ganz eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln und nicht mehr ständig darüber nachzudenken, was er denn jetzt sagen darf und was lieber nicht.

Ich freue mich drauf. Und auf hoffentlich nur ganz wenige #LetzteNacht-Kolumnen. Beziehungsweise wenn, dann nur auf der guten Seite ...

Die auf der schlechten Seite dreht sich heute um Hermann Tilke und den "Gähn Prix" beim Saisonfinale. Nachzulesen hier!

Christian Nimmervoll

In diesem Jahr neu: Folge mir auf Facebook unter "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's alle von mir verfassten Formel-1-Texte sowie Insiderinfos, Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Themen. Und natürlich die Möglichkeit, diese Kolumne zu kritisieren und zu diskutieren!

Und nicht vergessen: Stefan Ehlen und ich diskutieren unsere Kolumnen (und alternative Gut- und Schlechtschläfer) noch in einem Videobeitrag. Den findest Du um 17:00 Uhr als Premiere auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de - den Du am besten gleich abonnierst, damit Du nichts mehr verpasst!

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