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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Romain Grosjean

Warum Romain Grosjean trotz seiner im Bahrain-Grand-Prix erlittenen Verletzungen die vielleicht beste Nachtruhe seines Lebens hatte

Romain Grosjean, Haas F1

Foto: : Andy Hone / Motorsport Images

"Wir brauchen sowas nicht. Ich bin gegen Halo, Shield oder was auch immer. Das ist einfach nicht die Formel 1."

So hat sich Romain Grosjean 2017 über den damals geplanten Cockpitschutz geäußert. Nun hat ihm Halo bei seinem Feuerunfall im Bahrain-Grand-Prix 2020 das Leben gerettet.

Und damit willkommen zu dieser Montagskolumne, die ich gerne mit Ihnen auf Twitter oder auf meiner Facebook-Seite diskutiere. Und damit genug der einleitenden Worte.

 

Liebe Leser,

die Erleichterung ist groß an diesem Montagmorgen. Nicht nur bei mir, wahrscheinlich auch bei Ihnen und wohl vor allem bei Romain Grosjean. Er hat einen der fürchterlichsten Formel-1-Unfälle der letzten Jahre nicht nur überlebt, sondern ersten Informationen zufolge sogar sehr gut überstanden, mit nur leichten Blessuren.

Das hätte auch ganz anders ausgehen können.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, was in Romain Grosjean vorgegangen sein muss, als er sich direkt nach dem Aufprall in einer Flammenhölle befunden hat, und das für über 20 Sekunden.

Diese Szene war nicht im Live-TV zu sehen. Und ich möchte die Gelegenheit gerne nutzen, der TV-Regie der Formel 1 dafür ein Kompliment auszusprechen. Anders als 1994 in Imola oder auch 2014 in Suzuka hat man sofort reagiert und zunächst keine Bilder des Unfalls und/oder des Unfallhergangs gezeigt. Das war die richtige Entscheidung, für die Beteiligten vor Ort, für die Fans am Bildschirm, für Romain Grosjean.

Mit über 200 km/h durch die Leitplanke

Er war mit über 200 km/h in die Leitplanke gekracht; in diesem Moment wirkten 53 g auf seinen Körper ein. Und doch ist Grosjean bei Bewusstsein geblieben, um sich selbst aus seinem völlig zerstörten und vor allem brennenden Fahrzeug zu befreien.

Romain Grosjean im brennenden Auto

Romain Grosjean im brennenden Auto

Foto: Andy Hone / Motorsport Images

Wir alle sehen, wie eng Formel-1-Cockpits sind. Jedes Mal, wenn Fahrer ein- oder aussteigen, ja, sich rein- oder rausschälen. Und wir alle kennen die besonderen Abläufe, die notwendig sind, um ein solches Cockpit zu verlassen: Gurte lösen, Lenkrad ab, sich hochstemmen, rausklettern.

Romain Grosjean hatte die Geistesgegenwart, in diesem Moment das Richtige zu tun. Das hat ihm das Leben gerettet. Nachdem ihm Halo das Leben gerettet hatte.

Ja, ich glaube wirklich, dass Romain Grosjean in der Nacht von Sonntag auf Montag am allerbesten geschlafen hat, nämlich in dem Wissen, dem Tod von der Schippe gesprungen zu sein. Das klingt platt, aber das ist es nicht. Es ist einfach nur die Realität.

Das Sicherheitssystem der Formel 1 funktioniert

Ich will an dieser Stelle gar nicht darüber spekulieren, was hätte schief laufen können in den Sekunden, bevor Romain Grosjean das Monocoque verlassen hat. Alleine beim Gedanken daran sträuben sich mir die Nackenhaare. Ich will stattdessen lobend erwähnen, was funktioniert hat – das Sicherheitssystem der Formel 1.

Was sich hier in den vergangenen Jahren und auch Jahrzehnten getan hat, das nötigt Respekt ab. Sicher war die Formel 1 nie und das wird sie auch nie sein, aber eben immer ein Stückchen sicherer.

Dazu fallen mir spontan zwei Dinge ein. Einerseits das Buch "The Limit" von Michael Cannell, das ich – so will es der Zufall – erst vor wenigen Tagen gelesen habe. Es beschreibt sehr eindrücklich die Formel 1 der 1950er-Jahre und das Leben und Sterben im Motorsport dieser Zeit, bis hin zum tödlichen Unfall von Wolfang von Trips 1961 in Monza.

Außerdem erinnere ich mich an (die Berichte über) den 12. Juni 1966, den Tag, an dem ein ganz neues Sicherheitsdenken in der Formel 1 einsetzte, nämlich in Folge eines schweren Unfalls von Jackie Stewart. Er hat an diesem Tag in Spa-Francorchamps wirklich Schauerliches erlebt. Und er wurde daraufhin zu einem Verfechter für eine bessere, sicherere Formel 1.

"Freak Accidents" als Weckrufe für mehr Sicherheit

Es sind gerade solche "Freak Accidents", die sich wie ein roter Faden durch die Formel-1-Historie ziehen. Besonders schlimme, außergewöhnliche Zwischenfälle, die für ein Umdenken gesorgt haben. Der schwere Startunfall 1978 in Monza etwa, wo die Idee des dem Feld hinterherfahrenden Medical-Cars aufkam. Oder die tödlichen Unfälle 1994 in Imola, was zur Verbesserung der Cockpitsicherheit führte.

Erinnerung an Ayrton Senna und Roland Ratzenberger 1994 in Monaco

Erinnerung an Ayrton Senna und Roland Ratzenberger 1994 in Monaco

Foto: Sutton Images

Verbunden sind all diese Entwicklungen auch mit Einzelpersonen. Stellvertretend für viele seien hier genannt: Bernie Ecclestone holte einst Sid Watkins als offiziellen Rennarzt in die Formel 1 und revolutionierte damit die Erstversorgung an der Strecke. Ecclestones ehemaliger Brabham-Weggefährte Charlie Whiting führte über Jahre überaus gewissenhaft das Amt des FIA-Rennleiters aus. Jean Todt drückte als FIA-Präsident schließlich gegen viele Widerstände die Einführung von Halo durch.

Und dann ereignet sich in der ersten Rennrunde im Bahrain-Grand-Prix 2020 ein Unfall, in dem sich zeigt: Es hat sich gelohnt, immer und immer wieder in die Sicherheit zu investieren.

Grosjeans Überleben als Ergebnis einer langjährigen Entwicklung

Grosjean trug den Head-and-Neck-Support (HANS), was ihm eine Nackenverletzung ersparte. Die Überlebenszelle seines Fahrzeugs bewahrte ihn vor Knochenbrüchen. Seine feuerfeste Ausrüstung verhinderte schlimmere Verbrennungen. Und das Medical-Car mit seinen Insassen Dr. Ian Roberts und Alan van der Merwe war zur Stelle, als es gebraucht wurde.

Den Mut, den Ian Roberts und Alan van der Merwe als Ersthelfer am Unfallort bewiesen haben, möchte ich hier noch einmal betonen. Denn der beherzte Griff von Ian Roberts nach Romain Grosjean in den Flammen war ein weiterer lebensrettender Moment beim gestrigen Unfall. Und das, obwohl der FIA-Rennarzt nicht über einen geschlossenen Helm verfügte und damit teilweise dem Feuerinferno ausgesetzt war. Ein wirklich heldenhafter Einsatz!

Das Unfallauto hat die Leitplanken durchschlagen

Das Unfallauto hat die Leitplanken durchschlagen

Foto: Mark Sutton / Motorsport Images

Doch bei aller Euphorie über die erfolgreiche Rettung und das Überleben von Romain Grosjean darf eines nicht vergessen werden: Motorsport is dangerous. Das steht auf jedem Ticket und auf jeder Akkreditierung, und das nicht ohne Grund.

Völlige Sicherheit ist und bleibt Illusion

Es ist hier und jetzt alles noch irgendwie gut ausgegangen. Das ist das Wichtigste. Die Formel 1, der Motorsport allgemein, ist und bleibt aber gefährlich. Und deshalb wird es auch nach diesem Unfall eine gründliche Aufarbeitung der Ereignisse geben und geben müssen, um daraus entscheidende Lektionen zu lernen für eine noch bessere Sicherheit in Zukunft.

Weil das in der Vergangenheit passiert ist und konsequent angewendet wurde, dürfte Romain Grosjean nach seinem Unfall im Bahrain-Grand-Prix 2020 eine ruhige Nacht verbracht haben. Denn er hat sein Überleben dem jahrzehntelangen Streben nach größtmöglicher Sicherheit zu verdanken.

Die absolute Sicherheit gibt es nicht. Hier und heute aber die Gewissheit, dass die Formel 1 schon vor Jahren die richtigen Schritte eingeleitet hat, um 2020 einen so schweren Unfall überlebbar zu machen. Und das ist wirklich ein Triumph, von vielen für viele, aber ganz besonders für Romain Grosjean.

Ihm wünsche ich eine rasche Genesung!

Ihr
Stefan Ehlen

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Wer in der Nacht von Sonntag auf Montag gar nicht gut geschlafen hat, das erfahren Sie wie immer in der Schwesterkolumne meines Kollegen Christian Nimmervoll auf Motorsport-Total.com. Folgen sie einfach diesem Link und erfahren Sie dort, wer der große Verlierer in Sachir war!

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