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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Hockenheim war für Redakteur Ruben Zimmermann ein weiterer Beleg dafür, warum Valtteri Bottas kein Weltmeistertyp ist - Und warum die Zukunft bei Mercedes anderen gehört

Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1

Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1

Sam Bloxham / Motorsport Images

Liebe Leserinnen und Leser,

es gibt Rennen, da fällt es uns anschließend schwer, einen Protagonisten für unsere traditionelle Montagskolumne zu finden. Nicht so in Hockenheim. So spektakulär der Grand Prix gestern war, so viele Verlierer gab es am Ende des Tages auch. Da wäre zum Beispiel Charles Leclerc, der durch einen Fehler die Chance auf seinen ersten Formel-1-Sieg vergab.

Oder Pierre Gasly, der mit ansehen musste, wie Daniil Kwjat sein erstes Saisonpodium noch vor ihm holte - und das im Toro Rosso. Oder Nico Hülkenberg, der in der Redaktion Favorit auf unsere zweifelhafte Auszeichnung war. Wieder einmal in aussichtsreicher Position ein Topergebnis weggeworfen. Auch im 167. Start wurde es wieder nichts mit einem Podium. "Rekord" ausgebaut.

Meine Wahl fällt allerdings auf einen anderen Piloten, der die Zielflagge ebenfalls nicht gesehen hat: Valtteri Bottas. Denn jemand, der nach eigener Aussage Weltmeister werden will, der kann nach diesem Wochenende nicht gut geschlafen haben. Ich persönlich glaube ja ohnehin nicht daran, dass der Finne eine echte Chance hat. Das habe ich in unserer Schwesterkolumne bereits vor knapp zwei Monaten geschrieben.

Hockenheim-Geschenk weggeworfen

Und doch wäre Hockenheim die Chance gewesen, die WM zumindest auf dem Papier noch einmal spannender zu machen. Bottas lag acht Runden vor Schluss auf Rang vier, als er abflog. Und unter normalen Umständen hätte er noch bis auf Rang zwei nach vorne kommen und 18 Punkte mitnehmen müssen. Das sagte auch Toto Wolff nach dem Rennen.

Es wären 18 wichtige Punkte gewesen, denn gegen einen Lewis Hamilton bekommst du über das Jahr gewesen nicht viele Möglichkeiten, so einen dicken Batzen auf einen Schlag aufzuholen. Der Weltmeister lag zu diesem Zeitpunkt außerhalb der Top 10. Es kam anders. Statt die Lücke auf gut 20 Punkte zu verkürzen, ist der Rückstand sogar auf mehr als 40 Zähler angewachsen.

 

Hockenheim war für Bottas eigentlich ein Geschenk. So wie Malaysia 2016 für Nico Rosberg. Ein bisschen hinkt dieser Vergleich natürlich, weil das Rennen damals für Hamilton noch einmal ganz andere Auswirkungen hatte, als es Hockenheim gehabt hätte. Unter dem Strich bleibt aber, dass man solche Geschenke annehmen muss, wenn man Weltmeister werden will. Das hat Bottas nicht getan.

Und generell ist es nicht nur das Rennen, das dem Finnen zu denken geben sollte. Schon am Samstag wurde er in der Qualifikation um mehr als dreieinhalb Zehntel von einem körperlich sichtlich angeschlagenen Hamilton abgehängt. Spätestens jetzt darf man wohl endgültig sagen, dass vom "neuen Bottas", an den viele nach Melbourne wirklich geglaubt haben, nicht mehr viel übrig ist.

Fast niemand traut Bottas den Titel zu

Seit dem Sieg beim Saisonauftakt kam er in zehn Rennen noch exakt zweimal vor Hamilton ins Ziel. In Baku, als Hamilton seine Attacke beim Start nicht zu 100 Prozent durchzog, und in Spielberg, als der Weltmeister in der Startaufstellung zurückversetzt wurde. Natürlich kann man argumentieren, dass er in Silverstone Pech mit dem Safety-Car hatte. Aber auch da hatte Hamilton sowieso die deutlich bessere Pace.

Überhaupt: Ist Ihnen eigentlich einmal aufgefallen, wie wenig über das Duell zwischen Hamilton und Bottas gesprochen wird? Obwohl der Finne auf dem Papier bereits seit Monaten der einzig echte verbliebene Gegner für Hamilton ist, scheint sich niemand für den WM-Kampf zu interessieren. Man spricht über Vettel, Verstappen, Leclerc - aber nie über Bottas.

 

Das hat meiner Meinung nach einen ziemlich einfachen Grund. Und zwar weil Bottas sowieso fast niemand zutraut, dass er eine realistische Chance hat. Oder erinnern sich sich daran, dass früher jemals über das "WM-Duell" zwischen Michael Schumacher und Rubens Barrichello gesprochen wurde? Eben. Es war immer klar, war die Nummer eins ist. Auch wenn die Voraussetzungen damals sicher etwas anders waren.

Nach zweieinhalb Jahren an der Seite von Hamilton ist mittlerweile klar, dass Bottas kein Nico Rosberg ist. Der Deutsche mag über eine ganze Saison auch nicht schneller gewesen sein als Hamilton. Aber es gab Tage, an denen er es war. Und vor allem hat er in seinem WM-Jahr 2016, nachdem er den WM-Kampf zuvor bereits zweimal verloren hatte, seine Chancen gegen Hamilton genutzt, als sie sich ergeben haben.

Bottas ist kein Weltmeistertyp

Bottas traue ich diesen Wandel nicht mehr zu. Ironie an der ganzen Sache: Der Finne sagte von sich selbst zuletzt, dass er kein Nico Rosberg sei. Da ging es zwar um eine ganz andere Frage, aber inhaltlich trifft diese Aussage eben auch auf seine WM-Chancen zu. Bottas ist kein Weltmeistertyp. Er gehört nicht zu den "A Playern" der Formel 1. Bottas ist ein "B+ Player".

Er selbst wird das nicht hören wollen, und wahrscheinlich zähle ich damit auch zu den Menschen, denen er bei nächster Gelegenheit ein "Fuck you" um die Ohren hauen wird (siehe Melbourne). Das ist sein gutes Recht. Aber ich bin mir sicher, dass man seinen Namen nach dem Ende seiner Karriere nicht in einem Atemzug mit Rosberg, Mansell, Button oder Hunt nennen wird.

Und schon gar nicht mit Hamilton, Senna, Schumacher oder Fangio. Bottas wird in einer Reihe stehen mit den Barrichellos, Patreses und Webbers dieser Welt. Und das ist auch absolut in Ordnung. Nicht jeder gute Fahrer kann Weltmeister werden. Bottas hat in seiner Karriere bereits fünf Grands Prix gewonnen. Andere kommen nie in diesen Genuss. (Womit wir übrigens wieder beim Thema Nico Hülkenberg wären.)

Und er selbst wäre es übrigens möglicherweise auch nie, wenn Rosberg Mercedes Ende 2016 mit seinem Rücktritt nicht komplett kalt erwischt hätte. Klar ist aber auch, dass man sich bei den Silberpfeilen so langsam auch auf eine Zeit nach Lewis Hamilton einstellen muss. Der Weltmeister wird Anfang der kommenden Saison bereits 35 Jahre alt sein. Ewig wird er nicht mehr weiterfahren.

Die Mercedes-Zukunft gehört anderen

"Für uns geht es nicht nur um die richtige Entscheidung für nächstes Jahr, sondern auch darüber hinaus", erklärte Wolff am Wochenende, als er danach gefragt wurde, ob Bottas auch 2020 für Mercedes fahren wird. Was er so natürlich nicht sagt, aber damit andeutet: Bottas ist bei den Silberpfeilen nicht der natürliche Hamilton-Nachfolger, wenn der seine Handschuhe mittelfristig an den Nagel hängen wird.

Da gibt es mit Esteban Ocon und George Russell zunächst zwei talentierte Piloten, die das Mercedes-Nachwuchsprogramm in den vergangenen Jahren ausgespuckt hat. Und dann ist da natürlich noch Max Verstappen, mit dem es offiziell noch keine Gespräche gegeben hat. Trotzdem wird Wolff natürlich auch die Option geprüft haben, Verstappen 2020 zu Mercedes zu locken.

Das muss er tun. Andernfalls wäre er kein guter Teamchef. Wenn jemand wie Verstappen zu haben ist, dann muss man sich als Topteam damit beschäftigen. Ob er tatsächlich zu haben sein wird, steht noch nicht fest. Zu hören ist lediglich von einer Ausstiegsklausel, die es Verstappen ermöglicht, Red Bull zu verlassen, wenn bis zur Sommerpause eine gewisse Bedingung nicht erfüllt ist.

Wir wissen, dass Verstappen nicht wechseln kann, wenn er an einem bestimmten Stichtag unter den Top 3 der Fahrerwertung liegt. Wir wissen nicht, welcher Stichtag das ist - gehen aber davon aus, dass nach dem letzten Rennen vor der Sommerpause, also in Ungarn (4. August), abgerechnet wird.

Warum Bottas für Mercedes trotzdem Sinn ergibt

Toto Wolff hatte noch in Österreich versichert, dass die Entscheidung bezüglich Bottas früher als 2018 (20. Juli) getroffen werden soll. Das hat man sich bei Mercedes inzwischen anders überlegt. Vielleicht, weil man sich erst dann endgültig auf Bottas festlegen möchte, wenn man weiß, dass sich das Thema Verstappen erledigt hat?

Bottas' Vertrag für 2020 schien bis vor kurzem nur noch Formsache zu sein. "Valtteri zeigt sehr starke Leistungen und verdient das Cockpit", sagte Wolff. In Hockenheim verdichteten sich aber Gerüchte, dass Mercedes noch den Verstappen-Status abwartet - und zwar nicht erst nach Bottas' Fauxpas im Rennen.

Wirklich realistisch ist diese Option nach Hockenheim allerdings nicht mehr. 21 Punkte Vorsprung hat Verstappen aktuell auf den viertplatzierten Vettel. Der müsste also in Ungarn gewinnen, während Verstappen ein komplett schwarzes Wochenende erwischen müsste, damit dieser zumindest theoretisch zu Mercedes wechseln könnte.

So oder so wird man Bottas' Vertrag wohl wieder nur um ein Jahr verlängern. Das ergibt aus Mercedes-Sicht auch Sinn, denn 2021 könnte sich der Fahrermarkt noch einmal komplett durchmischen. Stand jetzt ergibt auch die Paarung Hamilton/Bottas für das Team weiter Sinn. Bottas ist ein starker Fahrer und gut genug, um die Konstrukteurs-WM zu gewinnen. Gleichzeitig hat man nicht den internen Ärger, den man zu Hamilton/Rosberg-Zeiten hatte.

Ein guter "B+ Player" eben.

Ihr
Ruben Zimmermann

 

P.S.: "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" fand jahrelang jeden Montag auf unseren Portalen Formel1.de und Motorsport-Total.com statt. 2019 ist sie umgezogen zu de.motorsport.com. Auf unseren Schwesterportalen erfahren Sie stattdessen, "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat".

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