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Kolumne

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Es liegt ein ungutes Gefühl in der Luft nach dem Tod von Anthoine Hubert, und die Formel 1 sollte gerade sehr wachsam sein, dass es nicht zur nächsten Tragödie kommt

Michael Masi, Race Director walks the track

Foto: : Jerry Andre / Motorsport Images

Liebe Leser,

es wäre heute ein Leichtes, schon wieder - zum fünften Mal in dieser Saison (!) - Sebastian Vettel schlecht schlafen zu lassen. Das, was ihm gestern in Monza passiert ist, "passiert mir normalerweise nicht", hat er selbst gesagt. Darf auch nicht passieren. Nicht einem unerfahrenen Rookie, und schon gar nicht einem viermaligen Weltmeister, in seiner 13. Saison in der Formel 1.

Wäre ich Engländer, gäbe es dafür ein schönes Wort: "Brain-Fade". Das trifft es ganz gut.

Aber schon wieder auf Vettel hinzuhacken, so leicht will ich es mir heute nicht machen. Er ist ohnehin genug gestraft. Dass an einem seiner (sportlich gesehen) schwärzesten Tage in der Formel 1 ausgerechnet der eigene Teamkollege seinen bisher größten Erfolg feiert, das muss einem Ehrgeizling wie ihm wehtun. Und ist Symbol dafür, wie groß die Herausforderung ist, die vor Vettel liegt.

Aber mich beschäftigt dieser Tage etwas ganz anderes vielmehr, und das ist dieses ungute Gefühl, das gerade in der Luft liegt. In Spa ist ein junger Mann im Formel-2-Rennen gestorben, auch sonst passieren beunruhigende Dinge, und irgendwie scheinen trotzdem bei keinem die Alarmglocken zu läuten.

So gesehen könnte FIA-Rennleiter Michael Masi, der am Saisonbeginn die Verantwortung über die Sicherheit an den Formel-1-Wochenenden von Charlie Whiting geerbt hat, heute unser Kolumnen-Kandidat sein. Nicht, weil man ihm etwas Konkretes vorwerfen müsste; sondern weil gerade Gefahr im Verzug ist, und weil er die Lead dabei übernehmen wird müssen, Schlimmeres zu verhindern.

Angefangen hat alles mit dem tödlichen Crash von Anthoine Hubert in Spa. Juan Manuel Correa liegt immer noch im Koma. Ein "Freak-Unfall", eine außergewöhnliche Verkettung unglücklicher Umstände, eine Konstellation so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn.

 

Motorsport is dangerous!

Aber genauso, wie ab und zu dann doch mal einer im Lotto gewinnt, werden wir im Grand-Prix-Sport ab und zu an das erinnert, was mahnend auf jedem Ticket steht: "Motorsport is dangerous". Wir laufen fast ein bisschen Gefahr, das zu vergessen und zu verdrängen. Spa war ein schmerzlicher Reminder an die Realität.

Nach der Tragödie um Hubert in Spa hatte die internationale Motorsport-Community mehr Glück als Verstand.

Gleich am nächsten Tag, beim Formel-3-Rennen, grub sich Simo Laaksonen in Blanchimont, einer der schnellsten "Kurven" im internationalen Motorsport, auf beängstigende Art und Weise unter den Reifenstapeln ein. Nach einem Check im Medical Center konnte er zum Glück gleich wieder entlassen werden. Unverletzt.

Bei einem Tourenwagen-Rennen in Dänemark flogen bei einsetzendem Regen reihenweise Autos in der gleichen Kurve ab, elf am Stück. Es blieb bei Blechschaden.

Und beim Formel-3-Samstagsrennen in Monza hob Alexander Peroni in der Parabolica, der Schicksalskurve meines Landsmanns Jochen Rindt, auf einem unglücklich platzierten "Baguette-Kerb" wie eine Rakete ab.

Es war bei der Landung das Halo-System, das ihm möglicherweise das Leben gerettet hat. Peronis Wirbelfraktur beweist, wie hauchdünn die Formel 1 und ihr Unterbau nur eine Woche nach Spa an der nächsten Tragödie vorbeigeschrammt sind!

Ich muss zugeben, dass ich zu denen gehört habe, die die Einführung von Halo in der Formel 1 für einen Fehler gehalten und kritisiert haben. Aus ästhetischen Gründen. Weil es angeblich nicht der DNA der Königsklasse des Motorsports entspricht.

Was für ein Unsinn!

Sterben im Rennauto: Realistischer als uns lieb ist ...

Dass jemand im Rennauto sterben könnte, das nehmen wir oft als eher theoretische Gefahr wahr. Ein bisschen wie ein Weltkrieg: Man weiß, dass es passieren kann, aber das ist alles ganz weit weg. Schwarz-Weiß quasi. Zu unvorstellbar, als dass es Realität werden könnte. Und es liegt in der Natur des Menschen, gegen theoretische Gefahren nicht so vehement vorzugehen wie gegen ganz konkrete.

Obwohl das manchmal in keiner Verhältnismäßigkeit zueinander steht. Wie sonst ist es zu erklären, dass eine Mehrheit in der Gesellschaft aufschreit, wenn der Diesel ein bisschen teurer wird, aber es nur sehr wenige Menschen juckt, dass wir gerade unseren Planeten zugrunde richten?

Eben weil die Verantwortlichen so gute Arbeit geleistet und den Motorsport so sicher gemacht haben, sind die Fahrer leichtsinnig geworden. Die Grenzen zwischen der virtuellen Blase, in der nichts passieren kann, und der knallharten Realität, in der potenziell tödliche Kräfte wirken, verschwimmt durch die Modernisierung des Motorsports zunehmend.

Noch ist niemandem ein Vorwurf zu machen. Schon gar nicht Michael Masi. Er macht seine Sache ganz wunderbar und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl.

Ich sage nur: Man sollte gerade sehr wachsam sein im Motorsport. Es liegt etwas in der Luft. Und es wäre wünschenswert, dass nicht erst reagiert wird, wenn noch etwas passiert ist. Sondern vorher.

Dabei darf es dann auch keine Rolle spielen, wenn irgendwelche Schlaumeier in ihren Kolumnen schreiben, dass Halo nicht hübsch genug für die Formel 1 ist. Selbst Kolumnisten wie ich kommen spätestens dann zur Besinnung, wenn sie den Müttern junger Männer erklären müssen, dass ihre Söhne tot sind, weil irgendwas nicht unternommen wurde, was man unternehmen hätte können.

Lassen wir es nicht so weit kommen!

Christian Nimmervoll

P.S.: "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" fand jahrelang jeden Montag auf unseren Portalen Formel1.de und Motorsport-Total.com statt. 2019 ist sie umgezogen zu de.motorsport.com. Auf unseren Schwesterportalen erfahren Sie stattdessen, "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat". Und das kann nach Monza natürlich nur Charles Leclerc sein ...

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