Wieso Max Verstappen mit kaputtem Frontflügel so schnell war
Trotz kaputtem Frontflügel hielt Max Verstappen Sebastian Vettel souverän hinter sich: Wie Red Bull das Kunststück gelang und wodurch es zum Crash mit Stroll kam
Foto: : Joe Portlock / Motorsport Images
Gerade ist in der Red-Bull-Box durch Sebastian Vettels verpatzen Boxenstopp beim Grand Prix in Barcelona Jubel ausgebrochen, doch dann rutscht den Mechanikern das Herz in die Hose: Der eben auf Rang drei nach vorne gespülte Max Verstappen fährt in der 43. Runde in der Virtual-Safety-Car-Phase dem überrundeten Williams-Piloten Lance Stroll ins Heck und demoliert den Frontflügel seines Red-Bull-Boliden. Die Endplatte hängt zunächst nach unten, fliegt bei Start-Ziel weg und trifft beinahe Verfolger Vettel.
Während viele davon ausgehen, dass der Niederländer wieder Opfer seiner Ungeduld wird und an die Box muss, um seinen Frontflügel zu wechseln, kann er überraschenderweise sein Tempo halten und Vettel locker Paroli bieten: Dem Ferrari-Star gelingt bis zur Zielflagge keine einzige Attacke!
Wie ist das möglich? Mit Hilfe der Red-Bull-Fabrik in Milton Keynes. Das Team schickt sofort Fotos des demolierten Teils nach Großbritannien. "Das wurde dann in der Fabrik analysiert, und es stellte sich als nicht so schlimm heraus", offenbart Teamchef Christian Horner gegenüber 'Sky Sports F1'. "Kurz dachten wir, dass wir die Nase wechseln müssen, aber nach zwei Sektoren wussten wir durch das Auto und die Daten, dass es gut aussieht."
With a little Help from ... Milton Keynes!
Wie Verstappen die Balance korrigierte
Mysterium Aerodynamik: Manchmal reparieren sich Autos selbst
Dass ein Flügel trotz der enormen Beschädigung beinahe so funktioniert wie in optimalem Zustand, bleibt auch nach dem Rennen ein Mysterium. Aber kein Einzelfall. "Es gibt dieses Phänomen, dass manchmal ein großes Teil wegbricht und es sehr geringe Auswirkungen hat", weiß Ex-Formel-1-Pilot Alex Wurz.
Der Österreicher hat sogar nach kuriosere Fälle erlebt, bei denen ein beschädigtes Auto besser lag als davor. "Manchmal hat man bei einem nervösen Auto das Glück, dass etwas mit dem Frontflügel passiert und die Balance danach besser ist", erzählt er gegenüber dem 'ORF'.
Und manchmal seien es absolute Kleinigkeiten, die aber eine unerwartet große Wirkung haben: "Da klebt irgendein kleines Gummiteil von einem Reifen im Flügel oder am Unterboden und man verliert so viel Abtrieb, dass man grausam langsam ist. Das ist verrückt, aber so ist das mit der Aerodynamik eben."
Verstappen vs. Stroll: Wie es zum Auffahrunfall kam
Bleibt die Frage, wie es überhaupt zum Auffahrunfall kommen konnte? War wieder einmal die Ungeduld Verstappens größter Gegner? "Ich wusste, dass es gleich wieder losgeht, aber er hat plötzlich gebremst", schildert der 20-jährige den Zwischenfall. "Ich konnte die Kollision wegen der kalten Reifen nicht mehr verhindern, bin über die Vorderreifen gerutscht."
Während der Red-Bull-Youngster also auf die Reifentemperatur verweist, sieht Wurz auch das Virtual-Safety-Car-Reglement als Ursache. "Das ist ein Problem, denn während das Tempo des Virtual-Safety-Cars in anderen Rennserien konstant ist, gibt es in der Formel 1 diese Sektoren. Da kann man beschleunigen und verzögern, wie man will."
Tatsächlich wird den Piloten auf dem Display am Lenkrad angezeigt, ob sie in den Minisektoren zu schnell sind oder das Tempo passt. Wenn man zu schnell ist, erscheint ein Minus - bleibt man zu lange im Minus, erhält man eine Strafe. "Verstappen wollte ihn sofort überrumpeln, wenn das Grünlicht kommt, aber Stroll hat wohl verzögert, weil das Display anzeigte, dass er zu schnell war", analysiert Williams-Berater Wurz. "Der eine wollte also schnell sein, der andere langsam, weil sie unterschiedliche Werte am Display haben."
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