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Interview

Sandro Cortese im Interview: Über Rückschläge, Kritik und Motivation

Im Interview blickt Sandro Cortese auf seine fünf Jahre bei Intact-GP zurück. Wie er trotz Enttäuschungen und Verletzungen seine Motivation nicht verloren hat.

Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP

Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP

Gold and Goose / Motorsport Images

Im Herbst 2012 war Sandro Cortes auf dem sportlichen Höhepunkt angelangt. Gerade eben hatte der Deutsche die damals neue Moto3-Weltmeisterschaft gewonnen. Die Zukunft lautete Moto2. Um Cortese herum wurde das deutsche Intact-GP-Team gegründet und aufgebaut. Mittelfristig wollte die Mannschaft um Siege und den WM-Titel kämpfen. Doch daraus wurde nichts. In fünf Jahren stand Cortese dreimal als Dritter auf dem Podest. Verletzungen und Enttäuschungen verhinderten Erfolge. Nur 2014 gelang in der WM-Endabrechnung der Sprung in die Top 10.

Schließlich wurde im Sommer die gemeinsame Entscheidung getroffen, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Cortese verlässt den Rennstall. Als Nachfolger wurde der Spanier Xavi Vierge engagiert. Cortese wird 2018 voraussichtlich für das neue Kiefer-Team an den Start gehen, wenn hinter den Kulissen die Weichen dementsprechend gestellt werden. Im Interview mit 'Motorsport.com' blickt Cortese auf die vergangenen fünf Jahre zurück. Wie er mit Rückschlägen und Kritik umgehen gelernt hat und trotz der Tiefen seine Motivation nicht verloren hat.

Frage: "Sandro, wie war das Gefühl vor dem letzten Rennen mit Intact-GP? Ihr habt viel Zeit miteinander verbracht und Höhen wie Tiefen zusammen erlebt?"
Sandro Cortese: "Natürlich geht eine gewisse Ära nach fünf Jahren mit diesem Team zu Ende. Wir haben sehr schöne Zeiten erlebt, auch schwierige Zeiten. Ich möchte diese Zeit nicht missen, aber es ist der Zeitpunkt für eine Veränderung."

 

Podium: 3. Sandro Cortese, Dynavolt IntactGP
Podium: 3. Sandro Cortese, Dynavolt IntactGP

Foto Gold and Goose / LAT Images

Frage: "Fünf Jahre sind eine lange Zeit, vor allem im Rennsport ist das eine gefühlte Ewigkeit. Hättet Ihr als Team gemeinsam den Schritt zur Veränderung vielleicht schon ein Jahr früher machen sollen?"

Cortese: "Rückblickend weiß man immer, egal ob man den Schritt macht oder nicht, was man hätte besser machen können. Das ist nicht nur im Rennsport so, sondern auch im Leben. Man muss die Erfahrungen machen, um zu wissen, was die Zukunft bringt. Am Schluss kommt es immer so, wie es kommen soll."

"Natürlich haben wir uns viel mehr vorgenommen als wir erreicht haben. Aber im Rennsport erreicht man zu 90 Prozent nicht das, was man erreichen möchte. Es sind sehr seltene Fälle, wie zum Beispiel in der MotoGP ein Lorenzo, Rossi und Marquez, die Dauerweltmeister und Dauersieger sind. Der Rest kämpft immer um Siege und versucht Podestplätze zu erreichen."

"Ich bin natürlich sehr dankbar dafür, was mir das Team und die Sponsoren in diesen fünf Jahren ermöglicht haben. Ich bleibe dem Team immer noch treu. Es ist jetzt nicht so, dass ich dieses Team komplett verlassen werde. Ich bin einer der vier Gesellschafter, bin Team-Teilhaber und werde sicher in Zukunft in einer anderen Funktion zurückkehren."

Viele Jahre von Verletzungen geprägt

Frage: "Wie Sie bereits erwähnt haben, habt Ihr die Ziele nicht erreicht. Es gab einige gute Rennen und Podestplätze, aber insgesamt haben sich alle mehr erwartet. Wenn man auf Anfang 2014 zurückblickt, dann war die Leistung stark: Erste Startreihe in Katar und dann passierte die Verletzung bei der Ferse. War das im Rückblick ein Knackpunkt, weil Sie an die Spitze angeklopft haben und dann gab es einen Rückschlag. Von außen gesehen war dann der positive Schwung weg."
Cortese: "Nicht nur das, ich habe mir nach der Saison, als ich wieder fit war, im Januar 2015 das Gleiche gebrochen. Das war wieder ein Rückschlag und ich habe wieder fast ein Jahr gebraucht, um mich wieder zurückzukämpfen. 2016 war dann das Kreuzband angerissen. Seit 2014 in Doha gab es Dauerverletzungen."

"Ich war nicht immer zu 100 Prozent auf dem körperlichen Leistungsniveau. Ich war immer verletzt, habe mich zurückgekämpft und die Saison war vorbei. Verletzt, zurückgekämpft, Saison vorbei, als ich wieder auf dem Toplevel war. Aber natürlich wäre vieles vielleicht anders gelaufen, aber auch das ist Motorsport. Es kommen manchmal unglückliche Dinge dazu und dann kommt man vielleicht mit der Lockerheit nicht ganz so schnell zurück."

 

Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP
Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP

Foto Gold and Goose / LAT Images

Frage: "Wie sind Sie mental an diese Situationen herangegangen, diese vielen Rückschläge?"
Cortese: "Ich habe natürlich aus Fehlern gelernt. Vielleicht wurde ich auch öfter als manch Anderer hart für Fehler bestraft. Ich bin oft nicht so glücklich durchgekommen, wo andere Fahrer aufstehen und weglaufen, gab es bei mir eine Verletzung. Natürlich sitzt man ab und zu daheim und geht in Gedanken durch, was wäre wenn? Man muss damit umgehen und verstehen, dass man es eh nicht ändern kann. Wenn ich sage, was wäre wenn, dann ändert das heute nichts mehr. Das interessiert auch niemanden, es ist Tatsache wie es ist."

"Deswegen muss man immer vorwärts blicken, auch wenn es noch so hart ist und man noch so tief fällt und man noch so niedergemacht wird, sei es von der Presse oder von anderen Leuten. Ich denke, dass Internet und Social Media nicht nur Vorteile bringen, vor allem für Leute, die mental nicht so fit sind und das alles lesen. Man bekommt es ja mit, egal ob man will oder nicht. Die Leute sind dort ja sehr gut im Urteilen. Das macht es nicht einfach, aber es gehört auch dazu. Klar, das ist heutzutage so. Aber auch diesbezüglich muss man lernen, wie man mit Kritik klarkommt."

"Wenn man abgestempelt wird, obwohl ich immer alles gegeben habe und versucht habe, das Beste herauszuholen. Ich bin mittlerweile soweit, dass ich genau weiß, wie ich mit solchen Sachen umzugehen habe. Ich nehme Kritik, berechtigte Kritik, sehr gerne auf, weil man so im Leben weiterkommt. Manchmal versucht man alles, aber es ist vielleicht der falsche Weg, und dann können dir erfahrene Leute sagen, probier es einmal so und gib da alles. Aber Kritik von Leuten, die sich mit dem Thema wenig auseinandersetzen und am Sonntag 40 Minuten fernschauen, damit weiß ich mittlerweile auch umzugehen. Ich bin diesbezüglich ziemlich entspannt."

Man muss zeigen, dass man im Paddock bleiben will

Frage: "Im Sommer und im Herbst gab es lange die unsichere Situation, wie es mit der Karriere weitergeht. Haben Sie schlaflose Nächte gehabt?"
Cortese: "Natürlich. Man arbeitet das ganze Leben für die Karriere, und wenn dann solche Punkte kommen. Aber auch da hatte ich in der Vergangenheit schon Punkte, wo ich zum Beispiel 2011 bis nach Weihnachten nicht wusste, ob es weitergeht. Dann kam das Projekt mit KTM und Red Bull zustande. Ich habe gelernt, dass solche Dinge oft nicht in den eigenen Händen liegen."

 

Tetsuta Nagashima, SAG Racing Team crashes in front of Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP
Tetsuta Nagashima, SAG Racing Team crashes in front of Sandro Cortese, Dynavolt Intact GP

Foto Gold and Goose / LAT Images

"Man kann in so einem Moment nur auf der Rennstrecke alles geben und den Leuten zeigen, dass man im Paddock bleiben will, dass man 100 Prozent gibt. Selbst wenn man nicht gewinnt und nicht auf dem Podium steht, muss man zeigen, dass man aus seiner Situation das Maximum herausgeholt hat. Das habe ich stets versucht. Die Entscheidung stand früh fest, dass ich das Team verlassen werde und ich habe versucht, so professionell wie möglich zu sein. Man muss bei jedem Rennen 100 Prozent geben."

Management-Rolle auch für die Zukunft reizvoll

Frage: "Sie sind Teilhaber bei Intact-GP und haben die Gespräche mit anderen Teams selbst geführt. Könnte diese Management-Rolle ein zweites Standbein für die Zukunft sein?"
Cortese: "Es ist sehr schwierig, einen sehr guten Manager zu finden, der aus sportlicher Sicht das Beste für einen will. Man bekommt über die Jahre mit, dass es viele Leute gibt, die nur auf das Finanzielle einen Wert legen und das Sportliche in die zweite Reihe stellen, und sie selbst einen Profit daraus ziehen wollen. Seine sportliche Karriere in solche Hände zu legen, ist sehr schwierig."

"Es gibt sehr wenige Manager, die das sehr gut können. Und diese Leute sind teilweise in der MotoGP und betreuen die Topfahrer. Sie haben sehr viel zu tun. Deswegen habe ich mich vor einiger Zeit dazu entschieden, das alles selber zu machen. Über die Jahre habe ich gelernt, wie man an die Sache herangeht, und ich bin auch gut durchgekommen."

Frage: "Und wenn wir ganz weit in die Zukunft blicken: Wäre das Management auch etwas für nach Ihrer Karriere als Fahrer? Sie haben viel Erfahrung, kennen viele Leute und könnten jungen Fahrern mit Ratschlägen weiterhelfen."
Cortese: "Ja, auf jeden Fall. Ich sehe mich nicht im Technikbereich, als Mechaniker oder Chefmechaniker. Diesbezüglich haben andere mehr Talent. Ich könnte jetzt nicht ein komplett zerlegtes Motorrad zusammenbauen. Die Technik ist heutzutage schon viel zu weit entwickelt. Auch ein Mechaniker muss das lernen, genauso wie ein Rennfahrer das Fahren. Aber in Sachen Management bekommt man das über die Jahre mit, und je älter man wird, desto mehr. Was ich als Rennfahrer gelernt habe, kann man nicht in einer Ausbildung lernen. Deshalb sehe ich mich schon im Bereich des Teammanagers oder als Förderer von jungen Fahrern. Da gibt es in Deutschland ohnehin genug Arbeit."

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