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Interview

Exklusiv-Interview mit Jochen Kiefer Teil 1: Thema Nachwuchs

Auch nach dem tragischen Tod von Bruder Stefan kümmert sich Jochen Kiefer um den deutschen Nachwuchs: Warum ist es so schwierig, Sponsoren zu finden?

Stefan Kiefer, Teamchef Kiefer Racing

Stefan Kiefer, Teamchef Kiefer Racing

Gold and Goose / Motorsport Images

Das Kiefer-Team zählt für den deutschen Motorrad-Nachwuchs nach wie vor zu den großen Institutionen. Nach dem tragischen Tod von Bruder Stefan im Oktober 2017 kümmert sich Jochen Kiefer seit dieser Saison auch um die administrativen Abläufe des Teams. Neben dem Moto2-Projekt mit Dominique Aegerter schickt Kiefer in der Spanischen Meisterschaft und in der IDM fünf Nachwuchstalente an den Start. Wir haben uns mit Kiefer über den deutschen Nachwuchs, das Thema Sponsoring und das Interesse der Jugend unterhalten.

Frage: "Nach den tragischen Ereignissen im Vorjahr folgte der Sprung ins kalte Wasser. Wie hast Du diese Herausforderung gemeistert?"
Jochen Kiefer: "Ich bin in diese Situation reingerutscht. Ich saß früher immer am Motorrad und habe versucht, es zu optimieren. Jetzt muss ich plötzlich ein komplettes Team leiten. Das ist für mich ziemlich schwierig, muss ich gestehen."

Frage: "Im Moment stellen sich die deutschen Fans die Frage, welches junge Talent nach Philipp Öttl in die WM aufsteigt. Werden deutsche Nachwuchstalente rar?"
Kiefer: "Die Talente werden rar. Zudem wird es immer schwieriger, die Finanzen dafür zu generieren. Manche Fahrer haben Glück und werden finanziert. Dann können sie zwei oder drei Jahre fahren und ihr Talent beweisen. Wir hatten jahrelang das Problem, dass wir junge Talente in die WM holten und diese Fahrer gerade so ein Jahr finanzieren konnten. Luca Grünwald ist so ein Beispiel. Wenn sie in ihrer Debütsaison nicht den Durchbruch schaffen, dann sind sie wieder weg."

Frage: "Wie schwierig ist es, deutsche Sponsoren zu finden?"
Kiefer: "Es ist richtig schwierig und beinahe nicht machbar."

 

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Frage: "Woran scheitert es?"
Kiefer: "Wir hätten normalerweise Möglichkeiten ohne Ende. Mittelständige bis große Betriebe könnten uns unterstützen ohne Ende, doch Deutschland ist kein Motorradland. Ich stieß vor einer Weile auf eine Übersicht, in der die Beliebtheit von verschiedenen Sportarten aufgelistet war. In Spanien und Italien behauptet sich der Motorradsport auf den Plätzen zwei oder drei. In Deutschland war unser Sport auf Position 35 zu finden. Das sagt eigentlich alles. Es kommen sozusagen 34 andere Sportarten, die für die Unternehmen interessant sind, bevor sie auf den Gedanken kommen, in den Motorradrennsport zu investieren."

Frage: "Hat sich diese Situation in den vergangenen so entwickelt?"
Kiefer: "Es war vor vielen Jahren vermutlich anders. Das war die Zeit, in der wir selbst noch nicht involviert waren. Ich kenne es eigentlich nicht anders. Es war schon immer so, dass die deutschen Unternehmen eher in den Automobilsport anstatt in den Motorradsport investieren. Man muss schon jemanden finden, der selbst total begeistert ist. Ein normaler Manager ohne Bezug zum Motorradsport wird keine Unterstützung bewilligen. Wenn sich Unternehmen angesprochen fühlen, uns unterstützen zu wollen, dann können sie sich natürlich gern bei uns melden."

Frage: "Neben dem Moto2-WM-Projekt mit Dominique Aegerter kümmert sich Kiefer als eines der wenigen deutschen Teams um den Nachwuchs. Wo seid ihr in diesem Jahr aktiv?"
Kiefer: "Ich habe in diesem Jahr vier Fahrer in der Spanischen Meisterschaft und einen Fahrer in der IDM. Die NEC (Northern Europe Cup) wurde leider abgesagt. Wir hatten im Vorjahr sechs Fahrer in der NEC. In diesem Jahr schicken wir den Großteil dieser Fahrer in der Spanischen Meisterschaft an den Start."

"Wir treten mit den Orgis-Brüdern (Kevin und Leon Orgis) und Tim Georgi sowie dem Belgier Sasha de Vits an. Es ist quasi unmöglich, für dieses Projekt Geld aufzutreiben. Für die WM kann man Sponsoren mobilisieren, etwas zu investieren, doch die Unternehmen sind nicht bereit, zusätzlich noch in die Spanische Meisterschaft zu investieren. Doch wenn die Fahrer nicht in die Spanische Meisterschaft kommen und sich dort durchsetzen, werden sie nie in die WM kommen."

Tim Georgi

Tim Georgi

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Frage: "Vermutlich schreckt die fehlende Medienpräsenz Unternehmen ab, in die Spanische Meisterschaft zu investieren?"
Kiefer: "Man kann die Rennen live auf YouTube anschauen. Aber das ist natürlich für die Insider. Die Unternehmen müssen es anders angehen. Die Rennen kommen zwar nicht im Fernsehen, aber die Sponsoren können daraus Events für ihre Kunden machen. So könnten sie zum Beispiel ein Wochenende anbieten, bei dem sie auserwählte Kunden zur Spanischen Meisterschaft schicken. So hat es damals Viessmann gemacht. Ich bekomme heute noch Dankschreiben von Kunden, wie toll es damals war, bei uns dabei gewesen zu sein."

Frage: "Kann man sagen, dass das Interesse der Jugendlichen für das Thema Motorrad generell nachgelassen hat?"
Kiefer: "Die deutsche Politik hat keine gute Einstellung gegenüber dem Thema Motorrad. Der Führerschein mit 17 hat viel kaputt gemacht. Jugendliche sagen sich mit 15 vielleicht noch, dass sie ein Mofa fahren möchten, doch mit 16 denken sich viele, dass sie das eine Jahr überbrücken und mit 17 Auto fahren. Der 17-Jährige darf aber nicht parallel den Motorradführerschein machen. Also macht er mit 17 den Autoführerschein und bekommt mit 18 den richtigen Führerschein. Den Motorradführerschein verschieben die meisten in die Zukunft. Es fehlt das Geld."

"Als wir Jugendliche waren, fuhren wir mit 15 Mofa, mit 16 kam der Führerschein für die 80er oder 125er und mit 18 hat man den Auto- und Motorradführerschein gemacht. Dadurch war man automatisch näher an der Materie dran. Es ist ein schwieriges Thema. Die Jugend hat jetzt auch viel mehr Ablenkungen. Damals war es ganz toll, Motorrad zu fahren. Jetzt ist es vermutlich wichtiger, das aktuellste Handy zu haben und im Bereich Social Media aktiv zu sein. Die Jugend hat eine größere Bereitschaft, mit ihren Eltern mitzufahren oder auf öffentliche Verkehrsmittel zurückzugreifen. Es ist nicht mehr so wie früher, als noch darauf hingefiebert wurde, bis man den Motorradführerschein hat."

Frage: "Zudem wird das Thema Motorrad in den Mainstream-Medien nur dann aufgegriffen, wenn etwas Schlimmes passiert ist."
Kiefer: "Das wird vermutlich weltweit so sein. Aber in Deutschland hört man in der Regel wenig vom Motorradrennsport und wenn es doch einmal Thema ist, dann weil etwas Schlimmes passiert ist. Dann stürzen sich die Medien darauf. Klar, das Motorrad ist gefährlich, aber es kommt auch immer auf die Darstellung in den Medien an."

Frage: "Wie ist die Arbeit der Verbände zu bewerten?"
Kiefer: "Der ADAC hat teilweise gute Ideen gehabt, war aber nicht langfristig engagiert genug. Die NEC war keine schlechte Klasse. Dort wurde 2016/2017 Nachwuchsarbeit betrieben. Wir hätten gern dort weitergemacht, aber die Klasse wurde Anfang 2018 wieder eingestampft. Es gab einen Mangel an Fahrern. Das hatte vielleicht auch mit der PR-Arbeit zu tun. Vielleicht hätte man die Serie pushen können."

Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Interviews mit Jochen Kiefer, in dem wir die verschiedenen Nachwuchsklassen analysieren und einen Ausblick auf die Saison 2019 wagen.

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