Carl Edwards (geboren am 15. August 1979 in Columbia im US-Bundesstaat Missouri) startet im Juni 2002 erstmals im NASCAR-Umfeld. Im Alter von 21 Jahren debütiert er im Memphis Motorsports Park in der Truck-Serie. Der Nachwuchspilot fährt ...
... den roten Ford F-150 mit der Startnummer 63 aus dem in seinem eigenen Heimatstaat Missouri ansässigen Team MB Motorsports. Bei 7 Rennen bringt es Edwards für das Hinterbänklerteam von Mike Mittler prompt auf eine Top-10-Platzierung. Es ist eine von nur 2 Top-10-Platzierungen, die MB Motorsports bei mehr als 250 Starts vorweisen kann.
Zur Saison 2003 wird Edwards von Jack Roush unter Vertrag genommen – und zwar zunächst für das Truck-Team. Der weiße Ford F-150 trägt die Startnummer 99, die später zu einem von Edwards' Markenzeichen wird. Ein anderes Markenzeichen zeigt er erstmals im Juli 2003, als er ...
... auf dem Kentucky Speedway seinen 1. Truck-Sieg feiert. Das neue Markenzeichen ist der Backflip – der Rückwärtssalto, den er stets von seinem siegreichen NASCAR-Boliden springend vollführt. Die Truck-Saison 2003 beendet Edwards nach 3 Siegen auf Gesamtrang 8.
2004 legt Edwards eine weitere volle Truck-Saison hin. Er beginnt furios, indem er direkt beim Saisonauftakt in Daytona in die Victory Lane fährt. Diesen Sieg nimmt Teambesitzer Jack Roush zum Anlass, um Edwards als "die Zukunft von Roush Racing" zu bezeichnen. Seinen Worten lässt Roush auch Taten folgen, denn ...
... im August 2004 gibt Edwards im Alter von 25 Jahren sein Debüt in der NASCAR-Topliga, die zu diesem Zeitpunkt unter der Bezeichnung Nextel-Cup firmiert. Ort des Debüts ist der Michigan Speedway und Edwards sitzt als Nachfolger von Jeff Burton im Roush-Ford mit der Startnummer 99. Dieses Auto wird er in den folgenden 10 Jahren bewegen. Seinen Ersteinsatz auf dem Michigan Speedway (Foto) beendet Edwards auf Anhieb in den Top 10 – auf Platz 10.
Seine 1. volle Cup-Saison fährt Edwards im Jahr 2005. Der 1. Sieg gelingt ihm im März in Atlanta – und wie. Am Steuer seines Ford Taurus setzt er sich im Fotofinish um 0,028 Sekunden gegenüber Jimmie Johnson durch. Was folgt, ist ...
... die Premiere seines Backflips auf Cup-Niveau. Die Landung auf den Füßen nach Rückwärtssalto von der Fahrertür gelingt Edwards im Verlauf seiner Karriere jedes Mal.
Nach Atlanta im März fährt Edwards im Verlauf der Saison 2005 zu 3 weiteren Siegen, unter anderem im November in Fort Worth (Foto). Und er ist ...
... einer von 10 Chase-Teilnehmern 2005. Allein das Roush-Team stellt in jener Saison 5 Chase-Piloten. Neben Edwards sind es Matt Kenseth, Greg Biffle, Mark Martin und Kurt Busch. Edwards (rechts) beendet die Saison auf Gesamtrang 3 hinter Champion Tony Stewart (Gibbs-Chevrolet) und hinter Vizechampion und Roush-Teamkollege Biffle.
In der Saison 2006 ist für Edwards nichts zu holen. Ein Sieg gelingt ihm nicht. Bestes Ergebnis ist Platz 2, den er dreimal einfährt, unter anderem im Juni auf dem Michigan Speedway (Foto). Den Sprung in den Chase verpasst Edwards in der 1. Saison, in der Ford den Fusion einsetzt.
In der Saison 2007 - Roush Racing heißt dank eines neuen Investors fortan Roush/Fenway Racing - findet Edwards langsam zu alter Form zurück: 3 Siege, die Teilnahme am Chase und am Saisonende Platz 9 in der Gesamtwertung. Weil er wie hier in Dover wiederholt auf betonierten Ovalen gewinnt, erhält er neben dem von Großcousin Ken Schrader verpassten Spitznamen "Cousin Carl" den noch prägnanteren Spitznamen "Concrete Carl".
2007 ist auch das Jahr, in dem Edwards seinen einzigen Titel unter NASCAR-Regularien gewinnt. Es handelt sich dabei nicht um die Topliga, sondern um die 2. Liga, die zu diesem Zeitpunkt unter der Bezeichnung Busch-Serie firmiert. Edwards, der auch in dieser Liga für das Team von Jack Roush fährt, holt 4 Saisonsiege und wird überlegen Champion vor David Reutimann. Insgesamt wird es Edwards in der 2. NASCAR-Liga auf 38 Siege bringen, darunter bei seinem letzten Start auf dieser Bühne (Watkins Glen 2012).
In der NASCAR-Topliga Sprint-Cup legt Edwards seine zahlenmäßig erfolgreichste Saison anno 2008 hin. Mit 9 Siegen, unter anderem im August auf dem Michigan Speedway (Foto), sowie 19 Top-5-Ergebnissen, 27 Top-10-Ergebnissen und 1.282 Führungsrunden in 36 Rennen wird er Vizechampion hinter Jimmie Johnson.
Ein Rennen, das Edwards in der Saison 2008 nicht gewinnt, das aber dennoch in Erinnerung bleibt: das Camping World RV 400 auf dem Kansas Speedway. Im nur 2 Autostunden entfernten Columbia nicht nur aufgewachsen, sondern weiterhin wohnhaft, betrachtet Edwards das Rennen in Kansas City stets als sein Heimrennen. Gewinnen wird er es nie, aber nie ist er so dicht dran wie 2008, als er gegen Jimmie Johnson ein Alles-oder-Nichts-Manöver vollführt, indem er ...
... in Turn 3 der letzten Runde nicht vom Gas geht. Stattdessen bezieht Edwards die Außenmauer ganz bewusst in seine Linie ein. Nachdem er auf diese Weise kurzzeitig in Führung gegangen war, kreuzt er die Ziellinie mit 0,280 Sekunden Rückstand auf Johnson mit stark verbeultem Auto als 2.
Im April 2009 liefert Edwards in Talladega seinen wohl berühmtesten Crash ab. In der letzten Runde liegt er in Führung, als er wenige hundert Meter vor der Ziellinie einen Angriff von Brad Keselowski (Phoenix-Chevrolet) blockt. Die Berührung der beiden Fahrzeuge führt dazu, dass Edwards' Roush-Ford nach Kollision mit dem Stewart/Haas-Chevrolet von Ryan Newman abhebt und sich spektakulär am Fangzaun überschlägt. Während Keselowski seinen 1. Sieg einfährt, ...
... bleibt Edwards' Wrack wenige Meter vor der Ziellinie liegen. Eben diese überquert er anschließend unter dem Jubel der Zuschauermenge zu Fuß. Bittere Randnotiz: Beim Flug entlang des Fangzauns trugen einige Zuschauer Verletzungen davon. Ein Saisonsieg gelingt Edwards 2009 nicht.
Im Anschluss an das wilde Talladega-Finish geht es zwischen Edwards und Keselowski erst so richtig zur Sache. Wie hier während des Trainings der 2. NASCAR-Liga (Nationwide-Serie) in Bristol 2010 geraten die beiden mehrfach aneinander. Dabei bleibt es nicht immer bei verbalen Meinungsverschiedenheiten.
Im März 2010 in Atlanta nimmt Edwards auf übelste Sorte Revanche für ein Manöver, mit dem ihn Keselowski in der Anfangsphase des Rennens an die Mauer und damit zur Reparatur an die Box befördert hatte. In der Schlussphase kehrt Edwards ins Rennen zurück – nur, um den Penske-Dodge von Keselowski aufs Korn zu nehmen. Beim Kontakt der beiden Fahrzeuge kurz nach Start/Ziel ist es diesmal jenes von Keselowski, das abhebt und sich am Fangzaun überschlägt. Verletzungen bleiben gottlob aus.
Nur 4 Monate nach Atlanta die nächste Kollision zwischen Edwards und Keselowski. Schauplatz ist der Gateway Motorsports Park in St. Louis, wo die beiden das Nationwide-Rennen bestreiten. In der letzten Runde liegt Edwards mit seinem Roush-Ford mit der Startnummer 60 in Führung, wird aber von Keselowski und dessen Penske-Dodge per Bump-and-Run zur Seite geboxt. Edwards gelingt es, das Auto abzufangen. Mehr noch: Er gewinnt das Rennen sogar, nachdem er Keselowski auf den letzten Metern seinerseits ins Auto fährt.
Im Laufe der Zeit entspannt sich das Verhältnis zwischen Edwards und Keselowski und beide können sich darauf konzentrieren, Erfolge einzufahren. Edwards beendet die Saison 2010 mit 2 Siegen in Phoenix und Homestead und schließt auf Gesamtrang 4 ab. Der Titel geht übrigens zum 5. Mal in Folge an Jimmie Johnson, mit dem Edwards in Homestead gemeinsam auf der Start/Ziel-Gerade feiert.
Nochmal ein Zielfoto, aber ein ganz anderes als in Homestead 2010. Es handelt sich um ein weiteres wildes Nationwide-Finish, in das Edwards involviert ist. Im August 2011 geht es auf dem Iowa Speedway zwischen Edwards (Startnummer 60) und Roush-Teamkollege Ricky Stenhouse (Startnummer 6) um den Sieg. Ausgangs der letzten Kurve fliegt dem führenden Stenhouse der Motor um die Ohren. Auf dem Öl rutscht Edwards in die Mauer und trifft Stenhouse, der im Zuge dieses wilden Crashs doch noch mit einem Vorsprung von 0,066 Sekunden gewinnt.
In der NASCAR-Topliga Sprint-Cup holt Edwards 2011 nur einen Saisonsieg: in Las Vegas. Genauer gesagt ist es sein einziger bei einem Meisterschaftsrennen, denn abgesehen davon gewinnt er nämlich auch ...
... das All-Star-Race 2011 in Charlotte. Der Sieger-Donut misslingt Edwards jedoch gründlich, da er beim Abbiegen ins Infield einen Kanaldeckel erwischt. So nimmt die Frontpartie des Roush-Ford erheblichen Schaden. Doch das hält Edwards nicht davon ab, abermals seinen mittlerweile standesgemäßen Backflip auf souveräne Art zu vollführen. Obwohl ihm der All-Star-Sieg in Sachen Meisterschaft nichts bringt, ...
... ist Edwards im Sprint-Cup 2011 einer von 2 Titelkandidaten. Gegner ist Tony Stewart und die beiden liefern sich bis zum Finalrennen in Homestead ein Kopf-an-Kopf-Duell. Nachdem sich Stewart zunächst auf der Pressekonferenz vor dem Rennen durchsetzt, indem er verkündet, für den Titel sogar seine eigene Mutter über den Haufen zu fahren, setzt er sich auch im Rennen durch. Die Entscheidung ...
... fällt jedoch denkbar knapp aus. Stewart siegt vor Edwards, was unterm Strich einen Punktunterschied von genau 0 bedeutet. Im Tie-Break geht der Titel an Stewart – und zwar dank seiner 5 Saisonsiege gegenüber dem einen von Edwards.
Wie schon nach Gesamtplatz 3 in seiner Rookie-Saison 2005 und dem Vizetitel in der Saison 2008, so fällt Edwards auch nach dem Vizetitel 2011 in ein Formloch. Denn genau wie 2006 und 2009, so gelingt ihm auch 2012 kein Saisonsieg. Bestes Ergebnis sind die 5. Plätze in Las Vegas und in Dover (Foto). Am Saisonende springt für Edwards nicht mehr als Gesamtplatz 15 heraus, nachdem er den Einzug in den Chase wie schon 2006 verpasst hat. Champion wird übrigens Brad Keselowski (Penske-Dodge).
2013 gelingen Edwards immerhin 2 Siege: in Phoenix (Foto) und in Richmond. Doch die Krise bei Roush/Fenway Racing beginnt sich abzuzeichnen. So feiert Edwards ...
... im Juni 2014 in Sonoma zwar seinen 1. Sieg bei einem Rundkurs-Rennen. Doch es ist gleichzeitig sein letzter Sieg für das Team von Jack Roush, für das er seit Beginn seiner Cup-Karriere 10 Jahre zuvor ins Lenkrad gegriffen hat. Bis zum Zeitpunkt, als Edwards seinen Rücktritt verkündet, hat kein anderer Roush-Pilot ein Rennen in der höchsten NASCAR-Liga gewonnen.
In den Jahren 2013 und 2014 schafft es Edwards zwar mit Mühe in den Chase, mehr als die Gesamtränge 13 und 9 sind aber nicht zu holen. "Cousin Carl" verlässt das sinkende Schiff Roush/Fenway Racing, indem er im August 2014 verkündet, sich für die Saison 2015 dem Team Joe Gibbs Racing anzuschließen. Hier ist er inmitten seiner neuen Kollegen Denny Hamlin, Matt Kenseth, Daniel Suarez (Xfinity) und Kyle Busch zu sehen.
Edwards' neues Arbeitsgerät ab 2015: der Toyota Camry von Joe Gibbs Racing mit der Startnummer 19, hier zu sehen im Orange von Hauptsponsor Arris. Seinen 1. Sieg in Gibbs-Diensten holt Edwards allerdings nicht mit diesem Paint-Scheme, sondern ...
... in den Farben von Subway – und zwar im Zuge eines Spritpokers Ende Mai 2015 beim Coca-Cola 600 in Charlotte. Nachdem er damit das längste Rennen im NASCAR-Kalender erstmals für sich entschieden hat, setzt Edwards gut 3 Monate später noch einen drauf.
Anfang September 2015 triumphiert Edwards erstmals beim Southern 500 in Darlington. Seine Gibbs-Crew beweist im Moment des Sieges Kreativität, indem sie an der Boxenmauer des altehrwürdigen Darlington Raceway mittels Aufkleber den Schriftzug "Darlington" kurzerhand in "Carlington" abändert. Seine 1. Saison für Joe Gibbs Racing beendet Edwards auf Gesamtrang 5.
Im Februar 2016 tritt Edwards zum 2. Mal für Joe Gibbs Racing beim Daytona 500 an. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: es ist sein letzter Start beim "Great American Race". Mit Platz 5 verpasst er einen Sieg beim größten und wichtigsten NASCAR-Rennen allerdings auch im 12. und letzten Anlauf.
Apropos knapp verpasst: Im März 2016 unterliegt Edwards in Phoenix in diesem Fotofinish gegen Kevin Harvick. Der Unterschied auf der Ziellinie beträgt 0,010 Sekunden. Es ist trotzdem nur Platz 7 in der Liste der engsten NASCAR-Finishs seit Einführung der elektronischen Zeitnahme (1993).
Im April 2016 gelingen Edwards 2 frühe Saisonsiege. Einer davon in Richmond (Foto), wo er sich in der letzten Kurve der letzten Runde per Bump-and-Run gegen Gibbs-Teamkollege Kyle Busch durchsetzt. Das Vierwagen-Team von Joe Gibbs ist im Frühjahr und Sommer derart gut aufgelegt, dass ...
... es alle 4 Piloten mühelos in den Chase schaffen. Edwards ist hier als 2. von links neben Kyle Busch, Denny Hamlin und Matt Kenseth zu sehen. Während Hamlin und Kenseth den Sprung in die Championship-Round und damit in den Vierkampf um den Titel verpassen, erreichen Edwards und Busch diese letzte Chase-Stufe.
Edwards schafft den Einzug ins Finale nach Homestead, indem er Anfang November auf dem Texas Motor Speedway in Fort Worth triumphiert. Weil das Rennen aufgrund von Regenschauern vorzeitig abgebrochen wird, verzichtet Edwards zum einzigen Mal in seiner Karriere auf seinen standesgemäßen Backflip. Pikant: Es wird sein letzter NASCAR-Sieg bleiben.
Beim Saisonfinale in Homestead kämpft Edwards lange Zeit aussichtsreich um den Titel. Hier ist er mit seinem orangefarbenen Gibbs-Toyota bei einem Restart im Kampf gegen Kevin Harvick sowie gegen Titelrivale und Teamkollege Kyle Busch zu sehen. Als das Rennen in die entscheidende Phase geht, hat Edwards beste Titelchancen, liegt er doch vor Kyle Busch, Joey Logano und Jimmie Johnson.
Edwards' Abschied gestaltet sich zwar nicht ruhmreich, aber dennoch alles andere als leise. Als Logano bei einem späten Restart zum Angriff ansetzt, blockt Edwards. Es kommt zur Kollision, woraufhin der orangefarbene Gibbs-Toyota mit der Startnummer 19 zunächst innen und kurz darauf nach Kollision mit Martin Truex Jr. und Kasey Kahne außen in die Mauer einschlägt. Edwards zeigt sportliche Größe, indem er sofort zur Penske-Crew von Logano geht, um sich zu entschuldigen. Er nimmt den Crash auf seine Kappe und tritt mit dieser Geste – wie nun feststeht – von der NASCAR-Bühne ab.
Die NASCAR-Karriere von Carl Edwards umfasst unterm Strich 28 Cup-Siege, 38 Xfinity-Siege und 6 Truck-Siege. In den Jahren 2005, 2008, 2011 und 2016 war er dicht am ganz großen Triumph in Form des Cup-Titels dran. Doch auch ohne dieses ultimative Erfolgserlebnis wird Edwards als einer der besten Fahrer seiner Generation in die Geschichte eingehen – als einer der symphatischsten ohnehin.
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