Stell dir vor, du hast ein Motorrad entwickelt, und warst drei Jahre lang entweder Weltmeister oder WM-Zweiter, Letzteres ein Mal nur wegen eines halben Punktes. Und dann kommt einer daher, übernimmt die Maschine und fährt alles in Grund und Boden. Der Ton zwischen Jonathan Rea – jetzt Weltmeister – und Tom Sykes – der Kawasaki an die Weltspitze zurückgeführt hat – wird rauer. Bei den Tests zumindest hat Sykes dominiert. Aber Rea hat definitiv nichts verlernt.
Die Roten wollen zu alter Dominanz in der Superbike-WM zurück und den Grundstein dafür haben sie letztes Jahr gelegt. Dort feierte Chaz Davies in Aragón den ersten Sieg für die Panigale und überzeugte in der zweiten Saisonhälfte mit konstanten Podestplätzen. Am Ende wurde er WM-Zweiter. Teamkollege Davide Giugliano hatte mehr im Krankenbett gelegen als auf dem Motorrad gesessen, aber wenn er fit war, war er vorn dabei. Und Ducati-Werksfahrer zu sein verpflichtet: Mit 318 Laufsiegen, 809 Podesten, 3.810 Führungsrunden, 14 Fahrer- und 17 Hersteller-Titeln sind die Italiener der erfolgreichste Hersteller der Superbike-WM.
Mit Markus Reiterberger haben wir endlich wieder einen schnellen Deutschen in der Superbike-WM! Der einzige deutsche Laufsieger ist nach wie vor Max Neukirchner, der letzte Triumph des Sachsens liegt bis Misano 2008 zurück. Einzig anderer deutschsprachiger Laufsieger: Andreas „Andy“ Meklau, 1993, Österreichring. Nun kommt ein Bayer – auf einer BMW – und der ist definitiv nicht langsam: Markus „Reiti“ Reiterberger. In den letzten drei Jahren hat er die deutsche Superbike Meisterschaft (IDM) zwei Mal gewonnen, bei seinen Wildcards in der WM gepunktet. Er ist der jüngste Fahrer des Feldes 2016. Die Top 10 wären in diesem hart umkämpften Zirkus schon ein Erfolg – aber Reiti hat Ehrgeiz und will definitiv mehr.
Auch in der Supersport-WM gibt es aus deutschsprachiger Sicht einiges, worauf wir uns freuen können. „Ist das Wahr?“, diese Frage bekam beim Test Anfang der Woche eine neue Bedeutung, denn Kevin Wahr aus Nagold geht in seine dritte komplette Saison in dieser Klasse und fuhr am Dienstag zu Platz drei. Naja, und Randy Krummenacher, der im Team von Weltmeister Kenan Sofuoglu fährt, braucht auch kaum vorgestellt zu werden. Der Schweizer hat ein Grand-Prix-Podest und mehrere Jahre Nahkampferfahrung in der Moto2-Weltmeisterschaft hinter sich. Beim Test lieferte er die Bestzeit ab.
Markus Reiterberger – jüngster im Feld – Jordi Torres – amtierender Rookie of the Year – Josh Brookes – amtierender BSB-Champion und Isle of Man TT Rundenrekord-Pilot – und Karel Abraham – Grand Prix Sieger. Diese vier sitzen auf BMW S 1000 RR. Und dass der weiß-blaue Bayern-Renner, der im Werk in Berlin-Spandau gebaut wird, schnell ist, das ist in der Szene bekannt. Ob es aber zum Angriff auf die reinrassigen Werksmaschinen von Kawasaki und Ducati reichen wird, bleibt abzuwarten. Die Hoffnung... Und bei den Piloten?
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