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Technik-Analyse Porsche 911 RSR: Wie man Kurven linearer durchfährt

Der Porsche 911 RSR 2019 wird seine Rennpremiere bei den 4 Stunden von Silverstone erleben - Was Porsche beim neuen Modell verbessert hat

Mit den 4 Stunden von Silverstone steht nicht nur der Auftakt der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) 2019/20 unmittelbar bevor. Es wird auch die Premiere für den neuen Porsche 911 RSR, der sich signifikant vom alten Modell unterscheidet.

95 Prozent des Autos sind komplett neu, obschon sich die Philosophie des Fahrzeugs an der 2017 eingeführten Generation orientiert. Das heißt, es bleibt beim Mittelmotorkonzept - ein Wort, das man bei Porsche scheut wie der Teufel das Weihwasser; man spricht vom "Motor vor der Hinterachse". Doch dieses wurde noch einmal überarbeitet.

Für die Fans sticht natürlich die neue Auspuffführung ins Auge, dazu später mehr. An erster Stelle stand bei der Entwicklung allerdings die Kurvenfahrt durch langgezogene, mittelschnelle Kurven. Das betrifft beispielsweise Kurve 4 beim Prolog auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya oder in Silverstone die Luffield- oder Stowe-Kurve.

Durch den weiter vorne angebrachten Motor im Vergleich zu den Modellen zuvor kommt es beim älteren Modell zu "Gripspitzen" auf der Vorderachse beim Einlenken. Das heißt, es entsteht durch die dynamische Achslastverschiebung beim Bremsen an der Vorderachse ein so hoher Grip, dass dieser nicht genutzt werden kann.

Keinen Grip mehr verschwenden

Das manifestiert sich in einem ausbrechenden Heck am Kurveneingang. Das Heck kann also mit dem riesigen Grip auf der Vorderachse nicht mithalten. Der zusätzliche Grip auf der Vorderachse am Einlenkpunkt ist somit "verschwendeter" Grip.

Die Kehrseite zeigt sich beim älteren Modell dann beim Kurvenausgang. Aufgrund einer vergleichsweise grob regelnden Traktionskontrolle neigt der RSR der Generationen 2017 und 2018 hier zum Untersteuern. Insgesamt hat der Grip laut Porsche-Fahrern nur zu 40 Prozent während der Kurvenfahrt ganz genau gepasst.

Aus diesem Grunde hat sich Porsche das klare Ziel gesetzt, die Gripentfaltung bei Kurvenfahrt linearer zu gestalten. Das heißt: Weniger bissig beim Einlenken, dafür mehr "Turn" unter Last. Der Porsche zieht sich nun für den Fahrer wesentlich angenehmer ums Eck.

Das bringt auch Vorteile beim Reifenverschleiß mit, weil die neu entwickelten Michelin-Gummis nun besser genutzt werden: Solange ein Reifen bei der Kurvenfahrt nur die normalen Kräfte ohne Über- oder Untersteuern oder durchdrehende Reifen überträgt, entsteht "positiver Stress" für die Gummis. Ein ausbrechendes Heck oder Untersteuern bedeuten hingegen "negativen Stress" und bringen erhöhten Verschleiß mit sich.

Wie Porsche die Verbesserungen erzielt hat, gibt man natürlich nicht im Detail preis.Bekannt ist allerdings, dass bei der Entwicklung vor allem die Aerodynamik im Vordergrund stand. Ähnliches hatte Audi beim R8 LMS 2019 getan, wo man ein ähnliches Problem behoben hat.

Der wegfallende Auspuff am Heck hat natürlich diverse Freiheiten bei der Gestaltung der Oberseite des Diffusors ermöglicht, die es vorher nicht gab. An der Vorderachse verzichtet der neue RSR auf Flick, sondern verlässt sich mehr auf den Frontdiffusor am Ende des Splitters. Ein Trend, der schon beim 911 GT3 R eingeleitet wurde, der statt zwei nur noch einen Flap vorne hat. Der RSR kommt ganz ohne aus.

Drei Gründe für Auspuffverlegung

Das bringt weniger Anfälligkeit in Zweikämpfen mit sich. Überhaupt hat Porsche darauf geachtet, den neuen RSR unempfindlicher gegen die manchmal raue Gangart in der GTE-Klasse zu machen - vor allem in der IMSA SportsCar Championship, wo sie auf den Namen "GTLM" hört.

Das ist mit ein Grund dafür, dass der Auspuff an die Seite gerutscht ist - und damit für einen komplett neuen Sound sorgt. Ohnehin war der "Kreischsound" eher eine Notlösung, nachdem sich die ursprünglich geteilte, Anfang 2017 verwendete Auspufflösung als feueranfällig erwiesen hatte, weil sich aufgesammelter Pick-up am Auspuff entzündete.

Zentral hinten herausragende Auspuffrohre haben jedoch einen Nachteil: Sie können im Zweikampf schnell beschädigt werden. Tatsächlich ist es im Motorsport ein probates Mittel, im Zweikampf einmal mit dem Ziel "anzuklopfen", den Auspuff des vorausfahrenden Fahrzeugs zu stauchen, wenn dieser nach hinten raus ragt. Im Kampf auf der Strecke ist jedes Mittel Recht.

Dennis Olsen

Die alte Auspuffführung sorgte für spektakulären Sound, bot aber Angriffsfläche

Foto: LAT

So kann man beim Gegner im für den Jäger günstigsten Fall die Motorleistung reduzieren. Auch das gilt vor allem für die engen IMSA-Rennen, wo Gelbphasen das Feld immer wieder zusammenschieben. Ein seitlicher Auspuff ist weit weniger anfällig.

Fassen wir zusammen: Der Auspuff wurde aus aerodynamischen und renntaktischen Gründen an die Seite gelegt. Ein dritter Grund ist schließlich die Drehmomententfaltung des Motors. Der auf 4,2 Liter vergrößerte Sechszylinder-Boxermotor ohne Turboaufladung entfaltet mit der seitlichen Auspuffführung sein Drehmoment optimal.

Warum ein neues Fahrzeug entwickelt wurde

Damit schließt sich der Kreis zur Kurvenfahrt, wo der RSR nun mit weniger Untersteuern unter Last auskommt. Möglich macht dies eine weiterentwickelte Traktionskontrolle, die wesentlich weicher regelt.

Die alte Elektronik kommt im direkten Vergleich nicht gut weg. Sie regelte zu spät, zu hart und zu lang. Mit der neuen TC spürt der Fahrer die Eingriffe angeblich gar nicht mehr. Das Fahrzeug zieht in einem sauberen Strich aus der Kurve heraus. Sowohl beim Einlenken als auch Herausbeschleunigen ist der Porsche bei der Kurvenfahrt nun linearer.

Letztlich stellt sich natürlich die Frage: Warum das alles? Porsche hat mit dem älteren Modell alle drei GTE-Meisterschaften (Fahrer, Hersteller und GTE Am) der WEC 2018/19 gewonnen, 2018 bei den 24 Stunden von Le Mans triumphiert (2019 in der GTE Am erneut) und liegt in der IMSA SportsCar Championship 2019, wo man noch bis zum Saisonfinale mit dem alten Auto fährt, auf Titelkurs.

Die Antwort darauf ist einfach: Die Entscheidung, einen Nachfolger aufzulegen, fiel bereits Anfang 2017. Porsche bereitete intern bereits den LMP1-Abschied vor und es wurden zahlreiche Ingenieure frei. Das zeigt sich insbesondere beim Lenkrad, das starke Ähnlichkeiten mit dem des 919 Hybrid aufweist.

Gianmaria Bruni, Michael Christensen, Kevin Estre

Der neue RSR kommt 2019 nur in der GTE Pro der WEC zum Einsatz

Foto: Porsche AG

Auch an den klassischen Schrauben des modernen GT-Sports, also der Ergonomie und Bequemlichkeit des Fahrers, wurde gearbeitet. Anders als beim GT3-Fahrzeug, das sich in erster Linie an Amateure richtet, stand hier aber voll und ganz der Profi im Vordergrund.

Auch müssen in der GTE-Klasse - obschon auch diese Fahrzeuge im kleineren Maßstab an Kunden verkauft werden - weniger Kompromisse bei der Haltbarkeit von Komponenten eingegangen werden als bei der GT3.

Die ältere Generation des Porsche 911 RSR wird noch in der IMSA SportsCar Championship bis zum Saisonende unterwegs sein. In der WEC wird sie noch die gesamte Saison 2019/20 in der GTE Am sehen (und hören) sein.

Mit Bildmaterial von Porsche/smg.

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